Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, um die Sanktionen bei Hartz IV und Leistungskürzungen bei Sozialhilfeempfang abzuschaffen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dazu eine Beschlussempfehlung abgegeben und rät, den Antrag abzulehnen. Linke und Grüne stimmten für den Antrag. SPD, CDU/CSU, FDP und AfD stimmten mit "nein".

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Dafür gestimmt
126
Dagegen gestimmt
534
Enthalten
1
Nicht beteiligt
48
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.
Name Absteigend sortieren FraktionWahlkreisStimmverhalten
Portrait von Andreas BleckAndreas BleckAfD197 - Neuwied Dagegen gestimmt
Portrait von Peter BleserPeter BleserCDU/CSU200 - Mosel/Rhein-Hunsrück Dagegen gestimmt
Portrait von Heidrun Bluhm-FörsterHeidrun Bluhm-FörsterDIE LINKE17 - Mecklenburgische Seenplatte II - Landkreis Rostock III Dafür gestimmt
Portrait von Peter BoehringerPeter BoehringerAfD232 - Amberg Dagegen gestimmt
BildNorbert BrackmannCDU/CSU10 - Herzogtum Lauenburg - Stormarn-Süd Nicht beteiligt
Portrait von Michael BrandMichael BrandCDU/CSU174 - Fulda Dagegen gestimmt
Portrait von Jens BrandenburgJens BrandenburgFDP277 - Rhein-Neckar Dagegen gestimmt
Portrait von Mario BrandenburgMario BrandenburgFDP211 - Südpfalz Dagegen gestimmt
Dr. Reinhard BrandlReinhard BrandlCDU/CSU216 - Ingolstadt Dagegen gestimmt
Portrait von Stephan BrandnerStephan BrandnerAfD193 - Erfurt - Weimar - Weimarer Land II Dagegen gestimmt
Portrait von Michel BrandtMichel BrandtDIE LINKE271 - Karlsruhe-Stadt Dafür gestimmt
Portrait von Franziska BrantnerFranziska BrantnerDIE GRÜNEN274 - Heidelberg Dafür gestimmt
Portrait von Ralf BrauksiepeRalf BrauksiepeCDU/CSU139 - Ennepe-Ruhr-Kreis II Dagegen gestimmt
Portrait von Helge BraunHelge BraunCDU/CSU173 - Gießen Dagegen gestimmt
Portrait von Jürgen BraunJürgen BraunAfD264 - Waiblingen Dagegen gestimmt
Portrait von Silvia BreherSilvia BreherCDU/CSU32 - Cloppenburg - Vechta Dagegen gestimmt
Portrait von Sebastian BrehmSebastian BrehmCDU/CSU244 - Nürnberg-Nord Dagegen gestimmt
Portrait von Heike BrehmerHeike BrehmerCDU/CSU68 - Harz Dagegen gestimmt
Leni Breymaier MdB, Fotograf: Fionn GroßeLeni BreymaierSPD270 - Aalen - Heidenheim Enthalten
Copyright: Tobias KochRalph BrinkhausCDU/CSU131 - Gütersloh I Dagegen gestimmt
Dr. Carsten BrodesserCarsten BrodesserCDU/CSU99 - Oberbergischer Kreis Dagegen gestimmt
Portrait von Agnieszka BruggerAgnieszka BruggerDIE GRÜNEN294 - Ravensburg Nicht beteiligt
Portrait von Karl-Heinz BrunnerKarl-Heinz BrunnerSPD255 - Neu-Ulm Dagegen gestimmt
Portrait von Christine BuchholzChristine BuchholzDIE LINKE185 - Offenbach Dafür gestimmt
Portrait von Katrin BuddeKatrin BuddeSPD74 - Mansfeld Dagegen gestimmt

Der Antrag der Linksfraktion forderte die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, der die Sanktionen bei Hartz IV (SGB II) und Leistungseinschränkungen bei Sozialhilfe (SGB XII) streichen soll. Klagen, die gegen diese Sanktionen eingereicht werden, sollen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes aufgeschoben werden.
Begründet wurde die Aufforderung damit, dass bei Kürzungen durch Sanktionen das Existenzminimum unterschritten werde, was nicht mit Einhaltung Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes - "Die Würde des Menschen ist unantastbar. [...]" - zusammengehen würde.
Bei Streichung der Leistungszahlungen würde nicht nur die sanktionierte erwachsene Person betroffen sein, sondern eventuell auch deren Kinder. Aufgrunddessen habe sich die Kinderschutzkommission des Bundestages in der letzten Legislaturperiode ebenfalls für eine Streichung dieser Sanktionen eingesetzt.
Weiter begründete die Linksfraktion ihren Antrag damit, dass Menschen zu schlecht bezahlter, befristeter Erwerbsarbeit gedrängt würden, die sowohl dem Arbeitsmarkt als auch den allgemeinen Arbeitsbedingungen schaden würden. Demnach werde noch immer das Vorurteil des "arbeitsunwilligen Hilfebedürftigen" verbreitet, obwohl die meisten Menschen mit tatsächlichen Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben. Durch die Sanktionen würden die Lebensverhältnisse weiterhin verschlechtert und betroffene Personen unter Umständen sogar bis in die Wohnungslosigkeit getrieben und zu weiterem Fehlverhalten bewegt.
Auch das Bundesverfassungsgericht prüfe gerade die Rechtmäßigkeit der Sanktionen und Leistungskürzungen, jedoch sollte die Menschenwürde nicht nur von den Gerichten, sondern auch vom Parlament geschützt werden.

Die Beschlussempfehlung des Ausschuss für Arbeit und Soziales rät den Antrag abzulehnen. Das Parlament hat mit den Stimmen von Linken und Grünen für den Antrag der Linken gestimmt, folgte der Beschlussempfehlung also nicht. CDU/CSU, SPD, FDP, Afd und die beiden Fraktionslosen stimmten mit "nein", womit der Antrag abgelehnt wurde. Leni Breymaier (SPD) enthielt sich ihrer Stimme.

Anmerkung der Redaktion: Aus der offiziellen Aufzeichnung des Parlaments geht hervor, dass im Zusammenhang mit dem Fraktions-Antrag eine klare Mehrheit mit "Ja" gestimmt hat. Formal ist dies korrekt: Denn die Abgeordneten haben in der Plenarsitzung nicht über den Originalantrag der Fraktion abgestimmt, sondern über eine Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses. Deswegen bedeutet eine Ja-Stimme auf der Bundestagswebsite, dass die Beschlussempfehlung angenommen wurde und nicht der Antrag selbst. Da so aber fälschlicherweise der Eindruck entstehen könnte, CDU/CSU, SPD, FDP und AfD hätten für den Linken-Antrag gestimmt und die anstragstellende Fraktion dagegen, haben wir uns für eine klarere Darstellung entschieden und den Originalentwurf der Fraktion zur Grundlage genommen. Das bedeutet: Eine "Ja"-Stimme auf dieser Seite ist ein "Ja" zum Fraktions-Antrag.

Zudem wurde auch der Antrag der Grünenfraktion zum Thema namentlich abgestimmt. In diesem forderten auch die Grünen, dass das Existenzminimum durch Sanktionen nicht unterschritten werden dürfe. Außerdem sollen die Hartz IV Regelungen so geändert werden, dass (zusätzliche) Erwerbsarbeit die Menschen wieder besserstelle. Die Personalstärke soll erhöht und das Fallmanagement in den Jobcentern optimiert werden. Über 25-Jährige, die über zwei Jahre arbeitslos sind und keine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt haben, sollen individuell besser gefördert werden können. Der Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.

Von der SPD-Fraktion äußerte sich Dagmar Schmidt in der Plenardebatte. Sie betonte, dass die SPD nicht sei nicht für eine komplette Abschaffung der Sanktionen, jedoch für deren Abwandlungen. So sollen zum Beispiel Kürzungen bei den Kosten der Unterkunft wegfallen und über und unter 25-Jährige gleichbehandelt werden. Das eigentliche Ziel der SPD sei aber ein ganz anderes: die Arbeitslosigkeit an sich  bekämpfen und zwar mit verschiedenen Weiterbildungs- und Unterstützungsmaßnahmen.
Jörg Schneider (AfD) rechtfertigte die Sanktionen der Jobcenter. Diese wären mit großem bürokratischem Aufwand verbunden und von daher mit äußerstem Bedacht gefällt. Weiter bemerkte er, dass man von Arbeitnehmern auch Erfüllung der Pflichten fordere. Damit bezog er sich darauf, dass die meisten Sanktionen wegen Versäumnisse ausgesprochen würden. Er kritisierte zudem das Projekt "sozialer Arbeitsmarkt" von der Bundesregierung, das nur scheitern könne und verwies dabei auf ein ähnliches Projekt in Österreich, welches nach einem halben Jahr abgesetzt wurde.
Die positiven Effekte von Hartz IV lobte Kai Whittaker (CDU). Seitdem wären weniger Menschen kurzfristig beschäftigt, die Löhne (auch im Niedriglohnsektor) wären gestiegen und es wären weniger Menschen in befristeten Arbeitsverhältnissen angestellt.
Pascal Kober der FDP-Fraktion bemerkte, dass Linke und Grüne in ihren Anträgen die Grundpfeiler des Sozialstaates in Frage stellen.