Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe

Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, um die Sanktionen bei Hartz IV und Leistungskürzungen bei Sozialhilfeempfang abzuschaffen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dazu eine Beschlussempfehlung abgegeben und rät, den Antrag abzulehnen. Linke und Grüne stimmten für den Antrag. SPD, CDU/CSU, FDP und AfD stimmten mit "nein".

Weiterlesen
Dafür gestimmt
126
Dagegen gestimmt
534
Enthalten
1
Nicht beteiligt
48
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.
NameFraktionWahlkreis Absteigend sortieren Stimmverhalten
Jens SpahnJens SpahnCDU/CSU124 - Steinfurt I - Borken I Dagegen gestimmt
Portrait von Ingrid Arndt-BrauerIngrid Arndt-BrauerSPD124 - Steinfurt I - Borken I Dagegen gestimmt
Portrait von Michael GerdesMichael GerdesSPD125 - Bottrop - Recklinghausen III Dagegen gestimmt
Portrait von Karlheinz BusenKarlheinz BusenFDP126 - Borken II Dagegen gestimmt
Portrait von Ursula SchulteUrsula SchulteSPD126 - Borken II Dagegen gestimmt
Portrait von Johannes RöringJohannes RöringCDU/CSU126 - Borken II Nicht beteiligt
Portrait von Friedrich OstendorffFriedrich OstendorffDIE GRÜNEN127 - Coesfeld - Steinfurt II Dafür gestimmt
Portrait von Marc HenrichmannMarc HenrichmannCDU/CSU127 - Coesfeld - Steinfurt II Dagegen gestimmt
Dr. Michael Espendiller, MdBMichael EspendillerAfD128 - Steinfurt III Dagegen gestimmt
Portrait von Kathrin VoglerKathrin VoglerDIE LINKE128 - Steinfurt III Dafür gestimmt
Portrait von Anja KarliczekAnja KarliczekCDU/CSU128 - Steinfurt III Dagegen gestimmt
Portrait von Hubertus ZdebelHubertus ZdebelDIE LINKE129 - Münster Dafür gestimmt
Portrait von Sybille BenningSybille BenningCDU/CSU129 - Münster Dagegen gestimmt
Maria Klein-SchmeinkMaria Klein-SchmeinkDIE GRÜNEN129 - Münster Dafür gestimmt
Portrait von Bernhard DaldrupBernhard DaldrupSPD130 - Warendorf Dagegen gestimmt
Portrait von Reinhold SendkerReinhold SendkerCDU/CSU130 - Warendorf Dagegen gestimmt
Copyright: Tobias KochRalph BrinkhausCDU/CSU131 - Gütersloh I Dagegen gestimmt
Portrait von Udo HemmelgarnUdo HemmelgarnAfD131 - Gütersloh I Dagegen gestimmt
Elvan Korkmaz-EmreElvan Korkmaz-EmreSPD131 - Gütersloh I Dagegen gestimmt
Portrait von Britta HaßelmannBritta HaßelmannDIE GRÜNEN132 - Bielefeld - Gütersloh II Dafür gestimmt
Portrait von Wiebke EsdarWiebke EsdarSPD132 - Bielefeld - Gütersloh II Dagegen gestimmt
Portrait von Friedrich StraetmannsFriedrich StraetmannsDIE LINKE132 - Bielefeld - Gütersloh II Dafür gestimmt
Portrait von Stefan SchwartzeStefan SchwartzeSPD133 - Herford - Minden-Lübbecke II Dagegen gestimmt
Portrait von Achim PostAchim PostSPD134 - Minden-Lübbecke I Dagegen gestimmt
Portrait von Frank SchäfflerFrank SchäfflerFDP134 - Minden-Lübbecke I Nicht beteiligt

Der Antrag der Linksfraktion forderte die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, der die Sanktionen bei Hartz IV (SGB II) und Leistungseinschränkungen bei Sozialhilfe (SGB XII) streichen soll. Klagen, die gegen diese Sanktionen eingereicht werden, sollen bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes aufgeschoben werden.
Begründet wurde die Aufforderung damit, dass bei Kürzungen durch Sanktionen das Existenzminimum unterschritten werde, was nicht mit Einhaltung Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes - "Die Würde des Menschen ist unantastbar. [...]" - zusammengehen würde.
Bei Streichung der Leistungszahlungen würde nicht nur die sanktionierte erwachsene Person betroffen sein, sondern eventuell auch deren Kinder. Aufgrunddessen habe sich die Kinderschutzkommission des Bundestages in der letzten Legislaturperiode ebenfalls für eine Streichung dieser Sanktionen eingesetzt.
Weiter begründete die Linksfraktion ihren Antrag damit, dass Menschen zu schlecht bezahlter, befristeter Erwerbsarbeit gedrängt würden, die sowohl dem Arbeitsmarkt als auch den allgemeinen Arbeitsbedingungen schaden würden. Demnach werde noch immer das Vorurteil des "arbeitsunwilligen Hilfebedürftigen" verbreitet, obwohl die meisten Menschen mit tatsächlichen Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben. Durch die Sanktionen würden die Lebensverhältnisse weiterhin verschlechtert und betroffene Personen unter Umständen sogar bis in die Wohnungslosigkeit getrieben und zu weiterem Fehlverhalten bewegt.
Auch das Bundesverfassungsgericht prüfe gerade die Rechtmäßigkeit der Sanktionen und Leistungskürzungen, jedoch sollte die Menschenwürde nicht nur von den Gerichten, sondern auch vom Parlament geschützt werden.

Die Beschlussempfehlung des Ausschuss für Arbeit und Soziales rät den Antrag abzulehnen. Das Parlament hat mit den Stimmen von Linken und Grünen für den Antrag der Linken gestimmt, folgte der Beschlussempfehlung also nicht. CDU/CSU, SPD, FDP, Afd und die beiden Fraktionslosen stimmten mit "nein", womit der Antrag abgelehnt wurde. Leni Breymaier (SPD) enthielt sich ihrer Stimme.

Anmerkung der Redaktion: Aus der offiziellen Aufzeichnung des Parlaments geht hervor, dass im Zusammenhang mit dem Fraktions-Antrag eine klare Mehrheit mit "Ja" gestimmt hat. Formal ist dies korrekt: Denn die Abgeordneten haben in der Plenarsitzung nicht über den Originalantrag der Fraktion abgestimmt, sondern über eine Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses. Deswegen bedeutet eine Ja-Stimme auf der Bundestagswebsite, dass die Beschlussempfehlung angenommen wurde und nicht der Antrag selbst. Da so aber fälschlicherweise der Eindruck entstehen könnte, CDU/CSU, SPD, FDP und AfD hätten für den Linken-Antrag gestimmt und die anstragstellende Fraktion dagegen, haben wir uns für eine klarere Darstellung entschieden und den Originalentwurf der Fraktion zur Grundlage genommen. Das bedeutet: Eine "Ja"-Stimme auf dieser Seite ist ein "Ja" zum Fraktions-Antrag.

Zudem wurde auch der Antrag der Grünenfraktion zum Thema namentlich abgestimmt. In diesem forderten auch die Grünen, dass das Existenzminimum durch Sanktionen nicht unterschritten werden dürfe. Außerdem sollen die Hartz IV Regelungen so geändert werden, dass (zusätzliche) Erwerbsarbeit die Menschen wieder besserstelle. Die Personalstärke soll erhöht und das Fallmanagement in den Jobcentern optimiert werden. Über 25-Jährige, die über zwei Jahre arbeitslos sind und keine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt haben, sollen individuell besser gefördert werden können. Der Antrag wurde ebenfalls abgelehnt.

Von der SPD-Fraktion äußerte sich Dagmar Schmidt in der Plenardebatte. Sie betonte, dass die SPD nicht sei nicht für eine komplette Abschaffung der Sanktionen, jedoch für deren Abwandlungen. So sollen zum Beispiel Kürzungen bei den Kosten der Unterkunft wegfallen und über und unter 25-Jährige gleichbehandelt werden. Das eigentliche Ziel der SPD sei aber ein ganz anderes: die Arbeitslosigkeit an sich  bekämpfen und zwar mit verschiedenen Weiterbildungs- und Unterstützungsmaßnahmen.
Jörg Schneider (AfD) rechtfertigte die Sanktionen der Jobcenter. Diese wären mit großem bürokratischem Aufwand verbunden und von daher mit äußerstem Bedacht gefällt. Weiter bemerkte er, dass man von Arbeitnehmern auch Erfüllung der Pflichten fordere. Damit bezog er sich darauf, dass die meisten Sanktionen wegen Versäumnisse ausgesprochen würden. Er kritisierte zudem das Projekt "sozialer Arbeitsmarkt" von der Bundesregierung, das nur scheitern könne und verwies dabei auf ein ähnliches Projekt in Österreich, welches nach einem halben Jahr abgesetzt wurde.
Die positiven Effekte von Hartz IV lobte Kai Whittaker (CDU). Seitdem wären weniger Menschen kurzfristig beschäftigt, die Löhne (auch im Niedriglohnsektor) wären gestiegen und es wären weniger Menschen in befristeten Arbeitsverhältnissen angestellt.
Pascal Kober der FDP-Fraktion bemerkte, dass Linke und Grüne in ihren Anträgen die Grundpfeiler des Sozialstaates in Frage stellen.