Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien

Der Bundestag stimmte mehrheitlich für den Antrag der Regierungsfraktionen, EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien aufzunehmen. Der Antrag formuliert einige Bedingungen, die für erfolgreiche Gespräche seitens Albanien zu erfüllen sind. Seit 2014 ist das Land Beitrittskandidat der Europäischen Union.

Neben den Mitgliedern der Fraktionen CDU/CSU und SPD stimmten auch die Abgeordneten der Grünen für den Antrag. FDP, Linke und AfD stimmten mehrheitlich gegen den Antrag.

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Dafür gestimmt
395
Dagegen gestimmt
188
Enthalten
16
Nicht beteiligt
110
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.
NameFraktion Absteigend sortieren WahlkreisStimmverhalten
Portrait von Martin Erwin RennerMartin Erwin RennerAfD104 - Mettmann I Dagegen gestimmt
Portrait von Martin HessMartin HessAfD265 - Ludwigsburg Dagegen gestimmt
Portrait von René SpringerRené SpringerAfD61 - Potsdam - Potsdam-Mittelmark II - Teltow-Fläming II Dagegen gestimmt
Portrait von Martin HohmannMartin HohmannAfD174 - Fulda Dagegen gestimmt
Mariana Harder-KühnelMariana Harder-KühnelAfD175 - Main-Kinzig - Wetterau II - Schotten Nicht beteiligt
Portrait von Enrico KomningEnrico KomningAfD16 - Mecklenburgische Seenplatte I - Vorpommern-Greifswald II Dagegen gestimmt
Portrait von Birgit Malsack-WinkemannBirgit Malsack-WinkemannAfD Dagegen gestimmt
Portrait von Jan Ralf NolteJan Ralf NolteAfD167 - Waldeck Dagegen gestimmt
Portrait von Siegbert DroeseSiegbert DroeseAfD153 - Leipzig II Dagegen gestimmt
Portrait von Tobias Matthias PeterkaTobias Matthias PeterkaAfD237 - Bayreuth Dagegen gestimmt
Portrait von Paul PodolayPaul PodolayAfD242 - Erlangen Dagegen gestimmt
Portrait von Dietmar FriedhoffDietmar FriedhoffAfD43 - Hannover-Land I Dagegen gestimmt
Martin HebnerAfD224 - Starnberg - Landsberg am Lech Dagegen gestimmt
Portrait von Rainer KraftRainer KraftAfD253 - Augsburg-Land Dagegen gestimmt
Portrait von Jens KestnerJens KestnerAfD52 - Goslar - Northeim - Osterode Dagegen gestimmt
Portrait von Nicole HöchstNicole HöchstAfD201 - Kreuznach Nicht beteiligt
Portrait von Ulrike Schielke-ZiesingUlrike Schielke-ZiesingAfD17 - Mecklenburgische Seenplatte II - Landkreis Rostock III Dagegen gestimmt
Portrait von Jörn KönigJörn KönigAfD41 - Stadt Hannover I Dagegen gestimmt
Portrait von Christoph NeumannChristoph NeumannAfD152 - Leipzig I Nicht beteiligt
Portrait von Joana CotarJoana CotarAfD Dagegen gestimmt
Portrait von Bernd BaumannBernd BaumannAfD19 - Hamburg-Altona Dagegen gestimmt
Portrait von Heiko WildbergHeiko WildbergAfD211 - Südpfalz Dagegen gestimmt
Portrait von Corinna MiazgaCorinna MiazgaAfD Dagegen gestimmt
Jürgen Pohl AfDJürgen PohlAfD189 - Eichsfeld – Nordhausen – Kyffhäuserkreis Nicht beteiligt
Portrait von Jürgen BraunJürgen BraunAfD264 - Waiblingen Dagegen gestimmt

In einer namentlichen Abstimmung hat der Bundestag dem Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zu EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien zugestimmt. Damit folgen die Parlamentarier:innen der Empfehlung der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin, welche im Mai 2019 einen Bericht zu den Fortschritten Albaniens vorgelegt und vor diesem Hintergrund zu einer Aufnahme der Beitrittsverhandlungen geraten hatten. Das Land ist seit dem Jahre 20014 Beitrittskandidat der Europäischen Union.

Der Deutsche Bundestag würdigt die Reformanstrengungen des Landes und begrüßt die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit Albanien. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Westbalkanstaat vor den ersten Beitrittskonferenzen bestimmte Bedingungen erfüllt. Unter anderem müsse die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichtshofes durch Ausstattung mit einer angemessenen Anzahl überprüfter Richter und Staatsanwälte sichergestellt sein, heißt es in dem Antrag. Außerdem müsse zuvor eine Wahlrechtsreform beschlossen werden, die in vollem Einklang mit den Empfehlungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stehe und eine transparente Parteien- und Wahlkampffinanzierung sicherstelle.

Die Plenardebatte zu den EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien wurde gemeinsam geführt. So sprachen die Abgeordneten in ihren Reden zu meist zusammenfassend von beiden Ländern.

Josip Juratovic (SPD) sagte, es sei unglaubwürdig, dem Westbalkan eine EU-Perspektive versprochen zu haben und diese nach 16 Jahren nicht zu erfüllen. Die EU sieht der Abgeordnete als die einzige Alternative zur Sicherung des Friedens und somit sei ein Ja zum EU-Beitrittsprozess ein Beitrag zur Krisenprävention. 

Die AfD-Fraktion möchte die  Kopenhagener Kriterien erfüllt wissen, bevor es zu Beitrittsverhandlungen kommt. Der AfD-Abgeordnete  Siegbert Droese ist zudem der Meinung, die EU habe mit dem „Brexit“ und den Geflüchteten alle Hände voll zu tun. 

Von der CDU/CSU beschwichtigt Florian Hahn, dass Eröffnungen von Beitrittsverhandlungen noch keinen Beitritt bedeuten würden. Vielmehr sieht er mit den Beitrittsverhandlungen den Prozess angestoßen, der dem Land am besten helfen könne, an europäische Standards heranzukommen.

Der FDP-Abgeordnete Thomas Hacker spricht sich gegen den Antrag der Regierungsfraktionen aus, da seine Fraktion zuerst die Bedingungen für einen Beitritt erfüllt sehen möchte, bevor das Einvernehmen hergestellt würde. 

Die Linke-Fraktion steht dem Antrag der Regierungsfraktionen kritisch gegenüber.  Andrej Hunko befürchtet das Albanien und Nordmazedonien dem Druck des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der EU nicht gewachsen sei und warnt vor möglichen Auswirkungen wie Lohndumping, vorrangig gute Bedingungen für ausländische Konzerne und im Zuge dessen auch das Abwandern junger Menschen aus den Ländern.

Manuel Sarrazin (Bündnis 90/Die Grünen) sieht die von der Europäischen Union gestellten Bedingungen für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen erfüllt und möchte nun auch die EU dazu auffordern, ihr Versprechen einzuhalten. Der Bundestag solle keine zusätzlichen Forderungen stellen, sondern sich den Vorstellungen der EU anschließen.

 

Mit 395 Ja-Stimmen wurde der Antrag der Regierungsfraktionen zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen angenommen. 188 Abgeordnete stimmten gegen den Antrag bei 16 Enthaltungen. Neben den Mitgliedern der Fraktionen CDU/CSU und SPD stimmten auch die Abgeordneten der Grünen für den Antrag. Linke, AfD und FDP stimmten mehrheitlich gegen den Antrag. Von der FDP stimmte nur Alexander Kulitz für den Antrag. Die Fraktion hatte am gleichen Tag mit "Ja" für die Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien abgestimmt.

 

Bis das Land letztendlich Mitglied der Europäischen Union wird, bleibt es jedoch noch ein langer Weg. Am 15. Oktober soll beim EU-Ministerrat in Luxemburg die förmliche Entscheidung über die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen fallen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kann durch die Zustimmung des Bundestages beim Europäischen Rat Mitte Oktober nun grünes Licht zu einem EU-Beitritt des Balkanstaates geben. Besonders Dänemark, Frankreich und die Niederlande stehen einem EU-Beitritt Albaniens bisher kritisch gegenüber.

 

Weitere Abstimmungen im Rahmen der Bundestagsdebatte:

Zur Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Albanien lag auch ein Antrag der FDP-Fraktion vor, den alle übrigen Fraktionen ablehnten. In dem Antrag fordert die FDP, Beitrittsgespräche mit Albanien erst dann wieder in Betracht zu ziehen, wenn das Land effektive Fortschritte in den von der Europäischen Kommission als Schlüsselprioritäten bezeichneten Bereichen vorweisen könne.

Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisiert den Antrag der Koalitionsfraktionen zu EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien. Die Kritik der Grünen bezieht sich darauf, dass die im Koalitionsantrag formulierten Bedingungen weit über die auf EU-Ebene beschlossenen Bedingungen hinausgingen. Die Fraktion legte einen Änderungsantrag zur Abstimmung vor, welcher ebenfalls abgelehnt wurde.