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Olav Gutting
CDU
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Frage von Rebecca A. •

Unterstützen Sie ein AFD Verbot?

Sehr geehrter Herr Gutting,

ich mache mir große Sorgen um unsere Demokratie, sollte die AFD auch weiterhin so gute Wahlergebnisse erzielen. Insbesondere als jemand der in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt habe ich schlichtweg Angst vor dem Hass und der Hetze dieser Partei. Unterstützen Sie ein Verbot der AFD?

Viele Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau A.

vielen Dank für Ihre Frage, die ich erst heute beantworten kann.

Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie sich vor dieser rechten Partei fürchten. Auch mir geht es ähnlich, deshalb bekämpfe ich diese Partei - gerade jetzt im Wahlkampf - mit allen Mitteln. Ein Verbotsantrag erscheint mir jedoch zu jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, weil nicht erfolgversprechend. Lassen Sie mich meine Position zum Verbotsantrag der AfD skizzieren:

Mit überragender Mehrheit hat unsere Fraktion sich dazu entschieden, dem Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD nicht beizutreten. Die Fraktion hält den Versuch eines Verbots der AfD zum jetzigen Zeitpunkt für juristisch nicht erfolgversprechend und politisch kontraproduktiv. Folgende entscheidende Fakten prägen dies Entscheidung:

1.            Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen für ein Parteiverbot sind mit Blick auf die AfD – zumindest derzeit – aller Voraussicht nach nicht erfüllt. Zwar führt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall auf Rechtsextremismus. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat diese Einschätzung bestätigt. Eine Einstufung als „Verdachtsfall“ ist aber nicht gleichzusetzen mit den – erheblich höheren – Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an das Verbot einer politischen Partei stellt. Wir gehen vielmehr davon aus, dass bei der AfD die Voraussetzungen eines Parteiverbots (noch) nicht erfüllt sind und die Verfassungsschutzämter nicht über hinreichendes Beweismaterial für ein Verbotsverfahren verfügen.

2.            Das Verfahren zum Verbot einer politischen Partei dauert – selbst im Erfolgsfall – mehrere Jahre. Bei der NPD hat es vier Jahre gedauert. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall eines erfolgreichen Verbotsantrags könnte sich die AfD noch an der nächsten Bundestagswahl beteiligen und sich dabei als vermeintliche „Märtyrer“ inszenieren.

3.            Dem Gruppenantrag für ein sofortiges Verbotsverfahren der AfD fehlt derzeit die erforderliche Tatsachengrundlage in Form einer umfassenden Materialsammlung. Eine solche könnte nur durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz erstellt werden - erst auf einer solchen Grundlage kann eine fundierte Entscheidung getroffen werden. Überdies verlangt das Bundesverfassungsgericht, vor Einleitung eines Verbotsverfahrens „strikte Staatsfreiheit“ gegenüber der betroffenen Partei herzustellen. Das bedeutet: Die Begründung eines Verbotsantrages darf nicht auf Beweismaterialien gestützt werden, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist. Eine entsprechende Garantie vermag allerdings nur die Bundesregierung respektive die Landesregierungen zu geben. Sie allein vermögen deshalb einen überzeugenden Beweisantrag zu erarbeiten.

4.            Zudem müssen wir auch die möglichen Folgen eines Scheiterns des Verbotsantrags bedenken: Die AfD erhielte faktisch ein verfassungsgerichtliches „Gütesiegel“, eine verfassungsgemäße Partei zu sein – dieses Risiko einzugehen, halten wir für nicht vertretbar.

5.            Schließlich gilt: Wir halten es für einen Trugschluss zu glauben, die Zustimmung zur AfD ließe sich „wegverbieten“. Die politischen Kräfte der demokratischen Mitte müssen die AfD stattdessen politisch und inhaltlich stellen. Wir wollen keine Symptombehandlung, sondern Ursachenbekämpfung: Die drängenden politischen Probleme Deutschlands müssen gelöst werden, um dem in der Bevölkerung weit verbreiteten Frust gerecht zu werden. Altbundespräsident Joachim Gauck bringt es auf den Punkt: Ein Verbotsverfahren würde „noch mehr Wut und noch mehr Radikalität erzeugen – und das wäre politisch schädlich“.

Zusammenfassend darf ich nochmals betonen, dass wir alles daransetzen werden, die Institutionen, die für die Materialsammlung für ein mögliches Parteiverbot der AfD zuständig sind, in die Lage zu versetzen, dieser Aufgabe nachzugehen. Wenn genügend stichhaltige Beweise vorliegen, ist es die Pflicht der demokratischen Parteien und natürlich auch der Regierung ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen.

Bis dahin unterstütze lehne ich die Beteiligung an einem Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD ab. Nochmal: Nach intensiver Abwägung der rechtlichen und politischen Argumente sehe ich keine ausreichende Grundlage für ein erfolgreiches Verbotsverfahren. Die politische und inhaltliche Auseinandersetzung ist der geeignete Weg, um die AfD zu stellen. Die Lösung liegt in der Bewältigung politischer und gesellschaftlicher Probleme, nicht im Versuch eines Verbots.

Mit freundlichen Grüßen

Olav Gutting

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