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Michael Frieser
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Frage von Jürgen K. •

Frage an Michael Frieser von Jürgen K. bezüglich Politisches Leben, Parteien

Sehr geehrter Herr Frieser,

derzeit wird verstärkt über Verschwörungstheorien diskutiert.
In einigen wird unterstellt, dass nicht diejenigen, die Geld in Rüstung und legale Drogen investieren Böses im Schilde führen, sondern Menschen die ihr Geld für wohltätige Zwecke spenden (siehe z.B https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/bill-gates-und-die-maer-von-der-weltherrschaft-li.83544 ).

Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch politische Entscheidungen, die sich vielen Menschen weniger durch Vernunft aber um so mehr durch Lobbyismus erklären lassen, z.B.:

- Das Gesetz zur Bankenrettung, dass von einer der Bankenbranche nahestehenden Anwaltskanzlei mit formuliert wurde ( https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/informationsfreiheit/warum-der-gesetzentwurf-zur-bankenrettung-die-steuerzahler-160000-euro ).
- Bislang wurde die Einführung eines Werbeverbots verhindert. Und wenn es doch kommt, dann mit langen Übergangsfristen und Ausnahmen ( https://www.welt.de/wirtschaft/article208239969/Werbeverbot-fuer-Zigaretten-Drogenbeauftragte-kritisiert-brutale-Lobbyarbeit.html?fbclid=IwAR3vjqCdrCO0vfO4fl7L27yfZngaU_fndw-nAWRXM12xf6z66_H1xNUQkig ).

Mangels transparenter Kontrolle (siehe https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/parteispenden/wie-der-bundestag-unterlagen-zu-parteispenden-unter-verschluss-halten-wollte ) führt dies zu Vermutungen, aus denen weitere Verschwörungstheorien erwachsen könnten.

So könnte man vermuten,
- dass nahezu alle Endscheidungen von Lobbyinteressen bestimmt wurden.
- dass der Wille der Wähler (der nicht einmal systematisch erfragt wird) nur minimalen Einfluss hat.

Dazu habe ich folgenden Fragen an Sie:
- Wo würden Sie die Grenze zwischen verständlichen Sorgen und absurden Verschwörungstheorien ziehen?
- In wieweit besteht die Gefahr, dass durch die Verschwörungstheorien auch berechtigte/verständliche Sorgen der Bürger ignoriert werden?
- In wieweit sehen Sie die Politik in der Verantwortung, Misstrauen (durch mangelnde Transparenz) in die Arbeit der Parlamente zu entkräften?

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Kosel

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Sehr geehrter Herr Kosel,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne will ich Ihre drei Fragen beantworten. Grundsätzlich nehme ich alle Sorgen, mit denen Bürger auf mich zu kommen, ernst und setze mich mit diesen in meiner politischen Arbeit auseinander. Die Kommunikation mit Bürgern per E-Mail, Telefon, im persönlichen Gespräch oder auch öffentlichen Plattformen wie abgeordnetenwatch.de ist ein Kernanliegen meiner Arbeit, ohne das ich mein Mandat selbstverständlich nicht erfüllen könnte – übrigens nicht zuletzt, um Stimmungen in der Bevölkerung wahrzunehmen bzw. den von Ihnen zitierten „Willen der Wähler“ aufzugreifen.

Das Problematische an Verschwörungstheorien ist, dass jeder reguläre Vorgang, jeder kleine Zufall monokausal und unter Ausblendung aller Gegenargumente zurückgeführt wird auf einen geheimen Plan von einigen wenigen Strippenziehern, die sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Fakten und Quellen werden äußerst selektiv angeführt, Zufälle existieren in der Welt von Verschwörungstheoretikern nicht. Komplexe Zusammenhänge werden in ein scheinbar allumfassendes, stark vereinfachendes Erklärungsmuster gepresst; wer widerspricht ist Teil der Verschwörung oder willenlose Marionette der wahren Machthaber im Hintergrund. Sicher gehört zur Verschwörungstheorie auch die Aufwertung der eigenen Person, schließlich verfügt man doch über exklusives Wisse und ist damit denen überlegen, die sich in der unbefriedigenden Situation befinden, Angst, Unsicherheit oder Ratlosigkeit zu empfinden. Über offensichtliche Widersprüche ist man vor diesem Hintergrund offenbar gerne bereit, hinwegzusehen. Die Corona-Pandemie ist eine so komplexe und für uns alle schwer greifbare Krisensituation, dass sie der Verbreitung von unterkomplexen Erklärungsmustern offenbar kräftig Vorschub leistet.

Übrigens ist der Teil derjenigen, die sich an mich wenden und in derlei „Theorien“ verrannt haben, verschwindend gering im Vergleich zu Bürgern, die mit ernsthaften und selbstverständlich völlig berechtigten Anliegen oder Sorgen auf mich zukommen. Insofern kann ich Ihnen versichern, dass keinerlei Gefahr besteht, dass ich die Anliegen der Bürger ignoriere. Grundsätzlich gehe ich auf jede Anfrage ein, die mich auf den unterschiedlichen Kanälen erreicht.

Ich kann nachvollziehen, dass Lobbyismus – insbesondere, wenn dieser nicht transparent gemacht wird – in einigen Fällen wahrgenommen wird als unlautere, undemokratische Einflussnahme. Weil dadurch Misstrauen und Politikverdrossenheit entsteht, müssen ich und meine Kollegen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften wie auch aus eigener Überzeugung heraus, ein höchstmögliches Maß an Transparenz an den Tag legen. Trotzdem will ich anmerken, dass die politische Interessensvertretung per se nichts Verwerfliches ist, sondern legitimer Teil des demokratischen Prozesses, was beispielsweise in Form der Verbändeanhörung im Laufe des parlamentarischen Verfahrens Ausdruck findet.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Frieser

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