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Frage von Fred G. •

Frage an Stefan Liebich von Fred G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Drastische Maßnahmen wie ein harter Lockdown sind in der Pandmie sicherlich für einen begrenzten Zeitraum notwendig. Irgendwann sind aber alle Mittel ausgeschöpft, die man der Bevölkerung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zumuten kann und man muss möglicherweise den Begriff der Solidarität (nämlich mit allen sozialen Gruppen) umdenken, weil die sozialen, wirtschaftlichen und letztendlich auch gesundheitlichen Folgen zu groß werden und den Nutzen eines Lockdowns überwiegen könnten. Man muss dann vielleicht mit einer höheren Virusverbreitung leben und sich auf verträglichere Maßnahmen wie flächendeckende Schnelltests, Masken usw. beschränken.
Deshalb meine Fragen:
1. Denken Sie über ein solches Szenario nach, in dem man irgendwann nicht mehr vorwiegend auf epidemiologische Werte schaut und trotzdem stufenweise lockert? Oder sind Inzidenzzahlen und die Situation der Krankenhäuser immer das Maß aller Dinge, auch wenn der Lockdown vielleicht 6, 7, 8 Monate dauert und an anderer Stelle teils schwer abzuschätzende Schäden anrichtet?
2. Was tun Sie und Ihre Fraktion, um diese Schäden einzurechnen und mit dem Nutzen eines harten Lockdowns abzuwägen?
3. Setzen Sie sich dafür ein, dass im Bundestag mehr über diese schwierigen Dilemmata diskutiert und auch entschieden wird oder nehmen Sie die aktuelle Dominanz von Kanzleramt und Landesregierungen gegenüber den Parlamenten in Kauf?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Goldmann,

die Menschen in ganz Deutschland sind nach einem Jahr mit dem Virus Covid 19 vielfach an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen, nicht zuletzt durch die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Es ist auch der Inkonsequenz bei vielen Entscheidungen zu verdanken, dass sich dieser Lockdown so hinzieht. Die sogenannte Light-Variante im Herbst vergangenen Jahres war ein Fehler, ein bisschen Homeoffice hier, aus dem Boden gestampfte Hygienekonzepte dort – so kann man eigentlich keiner Pandemie begegnen. Warnen möchte ich allerdings vor Gedankenspielen nach dem Motto, es sterben ja fast nur über 80jährige, da kann doch das Leben einfach so weitergehen und für die Seniorinnen und Senioren entwickeln wir eigene Regeln. Abgesehen davon dass dies auch eine zutiefst unsolidarische Haltung darstellt, bin ich fest davon überzeugt, dass eine übereilte tiefgreifende Öffnung auch angesichts hochinfektiöser Mutanten des Virus schwere Schäden in allen Bevölkerungsgruppen zur Folge haben würde, zumal auch nicht ausgemacht ist, dass bisherige Impfstoffe ihre volle Wirkung gegen jegliche Virenvarianten entwickeln können. Trotz des zuletzt genannten Risikos bleibt das Impfen aber der einzige Weg, der Pandemie langfristig wirksam zu begegnen. Niemand sollte sich da in falscher Sicherheit wiegen.
Vor dem Hintergrund der andauernden Extremsituation ist es zugleich notwendig, die Bevölkerung stärker in die Entscheidungsprozesse einzubinden und Schutzmaßnahmen auch öffentlich zu diskutieren. Der richtige Ort hierfür ist nach Ansicht unserer Fraktion der Bundestag als einziges direkt von der Bevölkerung gewähltes Verfassungsorgan des Bundes. Je länger die Pandemie anhält, desto weniger Legitimation gibt es für Sonderrechte der Regierung. Der parlamentarische Geschäftsführer unserer Fraktion, Jan Korte, hatte dazu ein Positionspapier mit fünf Forderungen veröffentlicht (https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=52018&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&cHash=5e5fc6bb98ab6279134f5b05960a6465).

Mit freundlichen Grüßen und bleiben sie gesund
Stefan Liebich