Porträt Sascha Müller
Sascha Müller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Tobias V. •

Ist die Schuldenbremse aus der Zeit gefallen?

Hallo Herr Müller,

das IW Köln schreibt diese Woche: "Lindners Sparkurs ist verfehlt" (https://www.iwkoeln.de/presse/interviews/michael-huether-lindners-sparkurs-ist-verfehlt.html). Auch Teile der Wirtschaftsweisen und das DIW kritisieren immer wieder den Sparkurs der Bundesregierung. Michael Hüther beschreibt die die Finanzpolitik als "ökonomisches Denken der Neunzigerjahre". Dass die FDP und leider auch weite Teile der SPD so denken, ist bekannt, aber warum machen die Grünen hier mit? Ich hatte bei der vergangenen Bundestagswahl das Gefühl, dass Ihnen und Ihrer Partei klar ist, dass Klimaschutz, die Unterstützung ökonomisch Benachteiligter und eine gute öffentliche Infrastruktur etwas kostet, man diesen Schritt aber trotzdem gehen möchte, weil diese Ziele so essentiell wichtig ist. Habe ich mich getäuscht? Falls nein: Wo bleibt die Empörung über Sparmaßnahmen bei Kindergrundsicherung, Fahrradwegen, etc.? Die FDP bekommt die Öffentlichkeitsarbeit besser hin!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Tobias V.,

die grünen Minister*innen haben den Haushaltsentwurf erst nach langem Ringen mitgetragen. Erstmals seit vielen Jahren konnte ein Bundesfinanzminister keine Eckwerte zum Haushalt im Frühjahr vorlegen, eben weil die Prioritäten falsch gesetzt wurden - dagegen haben sich Grüne gesperrt.

Erst mit Nachbesserungen war eine Zustimmung im Kabinett nun Anfang Juli möglich - und sie ist auch nötig. Und Sie haben sicherlich die heftige Kontroverse um die Finanzierung der sog. Kindergrundsicherung mitbekommen.

Zum Hintergrund: Anders als bei den übrigen Gesetzen ist der Bundestag beim Haushalt gemäß der Bundeshaushaltsordnung nicht initiativberechtigt. D.h.: Kommt kein Entwurf von der Bundesregierung, kann auch das Parlament nicht beraten - und auch keine Veränderungen im Verfahren vornehmen. Ohne neuen Haushalt greift ein Notfallmechanismus, indem der alte Haushalt monatlich zu je einem 12tel fortgeschrieben wird. Das wäre keine Alternative - schon gar nicht, um aktiv zu gestalten.

Auch von Seiten der Bundestagsfraktion gab und gibt es kritische Einordnungen vom haushaltspolitischen Sprecher und die klare Ankündigung im parlamenarischen Verfahren zahlreiche Änderungen erreichen zu wollen. Jetzt liegt noch einiges an Arbeit vor uns. Der Haushalt wird sich an vielen Stellen noch verändern müssen. Unsere Ziele für die Haushaltsberatungen sind dabei klar: Wir stärken die Demokratie und soziale Gerechtigkeit, bekämpfen die Klimakrise, sichern Investitionen, sorgen für mehr Biodiversität und setzen ein klares Zeichen für internationale Solidarität. Wir wollen auch unabhängig vom Haushalt weiter den Abbau klimaschädlicher Subventionen angehen und beispielsweise die Dienstwagenbesteuerung reformieren. Ebenso setzen wir uns weiter für eine gerechtere Steuerpolitik ein. Gerade mit Blick auf die finanzpolitischen Herausforderungen im Finanzplan wird das wichtig sein. Wir wollen die Investitionen in Deutschland weiter erhöhen und dafür die Finanzierung sicherstellen. Dafür braucht es eine gerechte und ökologische Verbesserung der Einnahmebasis, zumindest solange kreditfinanzierte Investitionen ausgeschlossen sind.

Zu Ihrer Frage nach der Schuldenbremse: Wir setzen uns für eine Reform der Schuldenbremse ein, damit Investitionen in Infrastruktur, etwa für Klimaschutz und Digitalisierung, nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Denn diese Investitionen sind erst die Voraussetzung für künftigen Wohlstand und damit auch Steuereinnahmen. Leider ist dazu eine Grundgesetzänderung nötig und CDU und CSU sind bisher nicht bereit, diesen Weg mitzugehen. Im Gegenteil: Sie klagen in Karlsruhe gegen den Klima- und Transformationsfonds, mit dem zumindest ein Teil der notwendigen Investitionen getätigt werden kann.

Und ja, in der öffentlichen Wahrnehmung stechen einzelne mit manch drastischen Worten heraus und scheinen die Debatten zu dominieren. Wichtiger ist mir jedoch, was am Ende tatsächlich entschieden wird. Dennoch muss ich Ihnen zugestehen, dass auch hier Luft nach oben ist, die Ergebnisse dann auch anschaulich zu transportieren.

Mit freundlichen Grüßen

Sascha Müller

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