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Nicolaus Fest
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Frage von Judith K. •

Frage an Nicolaus Fest von Judith K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Man hört immer wieder von der AfD, in Deutschland finde eine Umvolkung statt. Sehen Sie auch diese Bedrohung? Was heißt denn genau Umvolkung?
Sehen Sie, mein (rein deutscher + arischer) Stammbaum reicht bis ins 16. Jh. zurück. Mir ist aber nie klar geworden, was mich als Deutsche auszeichnet, was bedeutet das Deutschsein überhaupt? Was zeichnet das Deutschsein genau aus? Was erhebt das Deutschsein über andere Völker?
Historisch betrachtet, ist das heutige "deutsche" Volk das Ergebnis von Völkerwanderung, Zuwanderung und Durchmischung.
Habe ich denn ein Recht auf mein (deutsches) Land? Und wozu? Nur weil ich und meine Vorfahren zufällig auf diesem Territorium geboren sind, soll nur ich ein Anrecht darauf haben, hier zu leben und andere, die hier nicht geboren sind, nicht? Das verstehe ich nicht.

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrte Frau K.

das ist nicht eine, es sind viele Fragen. Deshalb ist die Antwort auch etwas länger. EU und deutsche Regierung unterstützen den Global Compact on Migration sowie das UN Resettlement Program. Beide Initiativen sehen vor, große Kontingente von Zuwanderern aus anderen Kulturräumen nach Europa und Deutschland zu bringen. Das läuft notwendigerweise darauf hinaus, dass die hier über Familienbande, gemeinsame Geschichte, gemeinsame Kultur und gemeinsame Traditionen verwurzelte Bevölkerung in die Minderheit gerät. Diesen Vorgang kann man durchaus als "Umvolkung" bezeichnen. Wenn Ihnen die deutsche Kultur so gar nichts für Ihr Leben bedeutet, wenn Sie nie Goethe, Kafka, Kleist oder die Manns gelesen, sich nie von den Gedichten Benns, Brechts, Lenaus, Heines oder Eichendorffs berühren ließen und auch nie von den Liedern Hugo Wolfs, Schuberts oder Schumanns; wenn Ihnen die Musik von Beethoven, Mozart oder Bach so gleichgültig ist wie die Malerei von Dürer, Beckmann oder Nay; wenn Ihnen die Kathedralen der Backsteingotik nichts sagen, nichts die Frauenkirchen in Dresden und München, nichts die Kirche in Wies oder das Würzburger Schloss; wenn Sie keinen Sinn haben für die Melancholie der norddeutschen Landschaft oder für die heitere Lieblichkeit des Allgäus - dann verstehe ich, dass Sie nicht wissen, was Sie als Deutsche auszeichnet. Aber dann könnte ich Sie auch nur aufrichtig bedauern.Uns Deutsche erhebt nichts über andere Völker. Aber man kann sein Land und seine Heimat lieben, ohne auf andere niederzublicken. Wenn Sie Ihr Kind lieben, heißt das auch nicht, dass Sie alle anderen Kinder schrecklich finden. Ja, Sie haben ein Recht auf Ihr deutsches Land, wenn Sie sich als Deutsche begreifen, zu Deutschlands Traditionen und Sitten, zu seiner Geschichte, Sprache und Kultur stehen. Das müssen Sie nicht, aber Sie können. So wie es Ihre Eltern, Groß- und Urgroßeltern auch taten. Und Sie haben auch ein Recht, Menschen aus anderen Kulturen und Religionen den Zutritt zu verwehren. Multikulturelle, besonders aber multireligiöse Staaten sind bisher in der Geschichte sehr oft gescheitert: Jugoslawien, der Libanon, der Sudan, die indisch-pakistanische Kolonie nach der Unabhängigkeit. Überall gab es Tausende Tote. Auch heute herrscht in vielen multikulturellen afrikanischen und arabischen Staaten Bürgerkrieg. Multikulturalismus ist ein hohes Risiko.Dieses Risiko sollte man sich nicht freiwillig ins Land holen, zumal die Deutschen selbst über Jahrhunderte in einem religiös zerrissenen, von Religionskriegen und -konflikten verwüsteten Land gelebt haben. Will man diese Religionskriege wiederholen? Schon jetzt zeigen religiöse Parallelgesellschaften nicht nur in Deutschland, dass Multikulturalismus zur Spaltung des Landes und zu schweren Konflikten führt. Damit sollte man nicht spielen. 

Mit freundlichem Gruß 
Nicolaus Fest 

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