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Carsten Schatz
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Frage von Peter P. •

Frage an Carsten Schatz von Peter P. bezüglich Recht

Eine wachsende Zahl von Sinti und Roma aus Rumänien und Bulgarien macht in Berlin derzeit durch aufdringliches Betteln auf sich aufmerksam. Eine Gruppe campierte zuletzt im Görlitzer Park, nachdem sie aus ihren früheren Wohnungen herausgeworfen worden waren – u.a. wegen Urinierens im Innenhof und aggressiven Verhaltens gegenüber anderen Mietern und Anwohnern (laut Protokoll der Mieterversammlung). Derzeit ist man bemüht, die Situation der Sinti und Roma zu verbessern, ihnen eine andere Bleibe zu verschaffen. Dies würde meines Erachtens die Situation nur kurzfristig entschärfen. Robbin Juhnke, der innenpolitische Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, warnte diesbezüglich, Berlin könnte sich zu einem festen Anlaufpunkt für "Zigeuner" aus Südosteuropa entwickeln. „Wir sollten daher alle rechtlichen Möglichkeiten ausloten, ihnen den Aufenthalt bei uns so unangenehm wie möglich zu gestalten“, forderte Juhnke. Dazu gehören nach Juhnke regelmäßige Kontrollen und das konsequente Erteilen von Platzverweisen. Kai Gersch, der integrationspolitische Sprecher der Berliner FDP-Fraktion, bezeichnete es als „beschämend“, dass man das Problem nicht in den Griff bekomme. Eine Abschiebung erweist sich durch das EU-Recht als problematisch. Mit welchen Maßnahmen würden Sie dieses Problem angehen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Prill,

vielen Dank für Ihre Frage:

Abgeordnetenwatch.de ermöglicht es allen Interessierten, sich mit ihren Fragen die Kandidatinnen und Kandidaten zu wenden. Ich begrüße diese Möglichkeit der direkten Beteiligung sehr. Bei Ihrer Frage scheint es sich mehr um ein Statement zu handeln. Dennoch möchte ich Ihnen antworten.

Roma aus Bulgarien, Rumänien, Ungarn und vielen anderen Ländern genießen - wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger aus den Mitgliedsstaaten der EU -das Recht auf Freizügigkeit. Das ist ein wesentliches Element der europäischen Integration. Sie haben ein Recht hierherzukommen. Und die meisten von ihnen sind gekommen, um zu bleiben und sich neue Perspektiven für sich und ihre Kinder aufzubauen. Viele der Roma, die jetzt in Berlin leben, sind vor schwierigen Bedingungen in ihren Herkunftsländern geflohen. Gerade in Bulgarien, Rumänien, Tschechien, der Slowakei werden Roma nicht nur sozial ausgegrenzt, sondern auch rassistisch motiviert verfolgt.

In Ungarn ist die Diskriminierung von Roma sogar Programm der Regierungspartei. Die von Ihnen angeführten Maßnahmen halte ich für menschenverachtend; sie sind geeignet, die rassistische Stigmatisierung von Roma fortzuschreiben. Wir brauchen eine Lösung für die sozialen Probleme in Europa, wir müssen das Wohlstandsgefälle in der EU überwinden und gute Lebensbedingungen für alle erreichen - hier wie dort. Bis dahin ist es ein langer Weg, aber wir müssen ihn gehen und dabei versuchen, alle mitzunehmen und niemanden zurückzulassen. Deshalb haben wir in Berlin Anlaufpunkte für Roma geschaffen, an denen sie Beratung und Unterstützung finden bei rechtlichen Fragen, bei der Wohnungs-, Arbeitssuche und vor allem bei der Suche nach Kita- und Schulplätzen für ihre Kinder. Die allermeisten möchten, dass ihre Kinder eine gute Bildung bekommen, damit sie sich eine eigenständige und erfolgreiche Zukunft aufbauen können.

DIE LINKE Berlin steht für die konsequente Bekämpfung von Rassismus auf allen Ebenen. Wir haben deshalb unter anderem einen Landesaktionsplan gegen Rassismus auf den Weg gebracht, der in der kommenden Wahlperiode umgesetzt werden soll. Eine der Gruppen, die historisch am längsten und häufigsten von Rassismus und Verfolgung betroffen sind, sind auch in Deutschland Roma und Sinti.. Deutsche Roma und Sinti wurden in Deutschland Jahrhunderte lang verfolgt, bis hin zur systematischen Ermordung durch ihre Landsleute in der Nazizeit. Roma, die aus ost- und südosteuropäischen Ländern nach Berlin gekommen sind, haben Unterdrückung, Krieg, Vergewaltigungen, Verfolgung und vielfache Perspektivlosigkeit erlebt. Sie suchen eine Chance, ihr Leben selbst zu organisieren und zu bestreiten. Angesichts des vielen Leids, das dieser Gruppe angetan wurde, verurteile ich jede (!) weitere Stigmatisierung und Repression umso mehr.

Freundliche Grüße

Carsten Schatz

Auch wenn Sie meine Antwort nicht überzeugt hat, bitte ich Sie: Gehen Sie wählen! Wählen Sie demokratisch! Erschweren wir durch hohe Beteiligung Nazis und Rechtspopulisten den Einzug in die Parlamente!

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