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Carsten Schatz
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Frage von Boris C. •

Frage an Carsten Schatz von Boris C. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Schatz,

Ihre Fraktion hat den Mietpreisdeckel in Berlin mitverabschiedet. Wieso glauben sie das Mithilfe dieses Mitpreisdeckels, mehr Wohnraum entstehen wird, denn ich persönlich glaube eher, dass man doch eher gute Anreize für Investoren schaffen sollte, was mit einem Mietpreisdeckel-, bremse und Co. kaum gegeben ist.

Ihre Partei möchte zwar noch mehr Sozialwohnungen bauen, aber ist dass den nicht eine Belastung für den Staatshaushalt, dessen Schulden die kommende Generation bezahlen muss, und entsteht nicht durch die sogenannten Fehlbelegung, trotz Fehlbelegungsabgabe soziale Unggleicheit, wenn ein Gerringverdiener auf Wohnungssuche mit Wohnberechtigungsschein keinen Platz in einer Sozialwohnung bekommt, während ein mittlerweile ein Normalverdiener in einer (für ihn) kostengünstigen Sozialwohnung leben kann.

Zudem müssen die Bauherren laut focus.de über 3300 Baunormen plus Auflagen der Landesbauordnungen und der Kommunen beachten, wieso setzt sich ihre Partei nicht für Bürokratie Abbau ein?

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Sehr geehrter Herr Cherny,

für Ihre Frage vom 22.08.19 zur Wohnungspolitik in Berlin danke ich Ihnen.

Die sogenannte Mietpreisbremse kommt seit 2015 in ganz Berlin zur Anwendung. Die Mietpreisbremse hat seitdem nicht zu einem Abflauen der Neubautätigkeit geführt. Die Fertigstellung von Neubauwohnungen in Berlin ist in den letzten Jahren stetig angestiegen. Beides hat auch nichts miteinander zu tun. Die Mietpreisbremse gilt nur für die Wiedervermietung im Bestand. Sie gilt nicht für Neubauten, denn ausgenommen von der Mietenbegrenzung zu Mietbeginn sind Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden.

Ebenso verhält es sich mit dem Mietendeckel. Er wird nicht für Neubauten gelten. So sehen es die Eckpunkte des Senats zum geplanten Gesetz vor. Die Geltungsdauer des Mietendeckels wird auf fünf Jahre begrenzt sein. Für diesen Zeitraum ist bei dem Bezug eines Neubaus nicht mit signifikant vielen Auszügen zu rechnen. Aber selbst bei Wiederbezug einer Neubauwohnung wird sich der Vermieter bei der Miethöhe an der Marktüblichkeit orientieren können. Nach den fünf Jahren, für die der Mietendeckel gilt, werden sich die Miethöhen im Neubau, der während des Mietendeckels errichtet worden ist, an der ortsüblichen Vergleichsmiete laut Mietspiegel orientieren. Von daher gibt es auch hier keinen Zusammenhang von Neubau und Mietenregulierung im Bestand.

Die Neubaufertigstellungszahlen sind mit rund 16.000 Wohnungen pro Jahr in Berlin so hoch gestiegen, dass die in den nächsten zehn Jahren erforderliche Zahl von 20.000 Fertigstellungen pro Jahr bereits fast erreicht ist. Da allerdings nicht nur Wohnungen gebaut werden, sondern auch Schulen, Gewerberäume, Kitas, Straßen und Brücken, ist der Markt leergefegt und es fällt Bauherrn schwer Firmen und Fachkräfte zu finden. Und doch hat Berlin einen höheren Bedarfs-Deckungsgrad als etwa München, Köln oder Stuttgart. Die Lücke zwischen benötigten Wohnungen und Fertigstellungen ist von Jahr zu Jahr kleiner geworden. Und wir werden unsere Anstrengungen weiter verstärken.
Es ist ein Zerrbild, wenn behauptet wird, es würde in Berlin nicht gebaut werden. Aufrechterhalten wird diese Behauptung entgegen aller Fakten, um rot-rot-grün in Berlin politisch zu diskreditieren.

In den kommenden Jahren wird sich der Anteil geförderter mietpreis- und belegungsgebundener Wohnungen auf ein Viertel aller fertiggestellten Wohnungen erhöhen. Diese werden zielgerichtet an Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen vergeben, gestaffelt nach 100% Bundeseinkommensgrenzen (niedriges Einkommen, Hartz-IV-kompatibel) zu 6,50 € Miete nettokalt pro Quadratmeter monatlich, 140% (zwischen niedrigem und mittlerem Einkommen) zu 6,70 € und 180% (mittleres Einkommen, etwa Krankenschwestern, Polizisten) zu 8,20 €. So sehen es die neuen Förderprogramme vor. Die geförderten Wohnungen werden also ziel- und bedarfsgenau vergeben. Ohne Förderung wären diese Miethöhen nicht möglich. Denn die Bodenpreise sind exorbitant gestiegen, die Baupreise am Markt ebenso. Daher ist eine staatliche Wohnbauförderung sozialpolitisch geboten.

Der Markt wird keine Wohnungen in diesem Preissegment anbieten. Er schafft vor allem hochpreisige Eigentumswohnungen. Der Neubau wird inbörsennotierten Wohnungsunternehmen stiefmütterlichbehandelt. Denn diese Unternehmen profitieren vom knappen Wohnraum in Ballungszentren. In Berlin hat dieDeutsche Wohnen ein einziges Neubauvorhaben. Es entstehen in diesem Konzern mit über 100.000 Wohnungen in Berlin gerade einmal 380 neue Wohnungen.

Einige der von Ihnen angesprochenen Baunormen verteuern zwar das Bauen, sie sind aber gesellschaftspolitisch geboten. So hat das Land Berlin in der Bauordnung einen nunmehr höheren Anteil barrierefreier Neubauwohnungen vorgegeben. Darauf können wir in einer älter werdenden Gesellschaft nicht verzichten, denn die Nachfrage nach solchen Wohnungen, gerade für Rollstuhlfahrende, überschreitet bei weitem das Angebot im Bestand. Der Umbau im Bestand ist häufig zu teuer oder technisch nicht möglich, so dass der Neubau einen Beitrag leisten kann und muss. Die energetischen Baunormen wiederum sind klimapolitisch geboten. Andere Baunormen wie etwa Brandschutz dürfen nicht zur Diskussion gestellt werden.

Ich hoffe, hiermit Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

carsten schatz

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