Porträt Sascha Müller
Sascha Müller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin R. •

Ist eine tragfähige Reform der Altersvorsorge in Deutschland noch möglich?

Sehr geehrter Herr Müller,
seit dem Regierungsantritt der Ampel sind verschiedene Versuche der FDP, die Aktienkultur in Deutschland zu stärken und Kleinanleger beim Vermögensaufbau für das Alter zu unterstützen, speziell auch von Ihrer Partei "erfolgreich" verhindert worden. Dies mag aus Sicht einer linken Partei wie den Grünen nur folgerichtig sein. Die Probleme der DRV und die Steuerzuschüsse in die Rentenkasse werden jedoch von Jahr zu Jahr größer, weshalb ich mir speziell von Ihrer Partei eine lösungsorientiertere Politik wünschen würde. Die Legislaturperiode ist schnell vorüber und die Zeit für eine tragfähige Reform der Altersvorsorge drängt. Für den normalen Bürger weit mehr als für Bundestagsabgeordnete.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

ich darf und muss Sie korrigieren. Danke für diese Gelegenheit.

Meine Partei und ich wollen dringend die Altersvorsorge in Deutschland durch eine breitere Kapitaldeckung stärken. Unser Fokus liegt dabei allerdings auf der sog. dritten Säule, also dem rein privat finanzierten Teil. Hier wollen wir ein staatlich organisiertes, mindestens aber staatlich zertifiziertes Standard-Produkt etablieren, in das alle Bürger*innen investieren können bzw. sollen (Bürgerfonds). Vorbild wäre bspw. der Staatsfonds Norwegens, in dem die Gewinne aus den fossilen Energien breit investiert werden. Vorteil eines solchen Standardprodukts sind sehr niedrige Vertriebs- und Verwaltungskosten - anders als oft bei der Riester-Rente, wo zu oft die Kosten die Erträge auffressen.

Offen ist meine Partei in der Frage, ob dieses Ansparen verpflichtend, als freiwilliges Opt-Out oder Opt-In ausgestaltet sein sollte.

Persönlich tendiere ich zu einem Opt-Out-Modell. D.h. jede*r rentenversicherungspflichtig Beschäftigte zahlt in diesen Fonds-Sparplan automatisch ein, in etwa in der Höhe, die heute auch für Riester empfohlen wird - und nur bei ausdrücklichem Wunsch erfolgt das nicht.

Dieses Standardprodukt könnte auch für die zweite Säule (betriebliche Absicherung) geöffnet werden. Gerade für Kleine und mittlere Unternehmen wäre das eine gute und günstige Option für ihre Beschäftigten eine Betriebsrente anzubieten.

Leider konnten wir uns mit diesen Ansatz nicht in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen und haben dem Kompromiss zugestimmt, in der ersten Säule (Gesetzliche Rente) einen kleinen kapitalgedeckten Baustein einzubauen. Wir sehen aber in der Tat diese Pläne des FDP-geführten Finanzministeriums kritisch. Der im Verhältnis kleine Anteil in Form von Aktienbeteiligungen im Rahmen der ersten Säule sollte zudem auch noch über (zusätzliche) Staatsschulden finanziert werden. Die sich daraus ergebenden Erträge dürften - nach unseren Erkenntnissen - in absoluten Werten in der gesamten gesetzlichen Rentenversicherung kaum spürbar ausfallen und die zu erwartenden Beitragshöhen kaum dämpfen bzw. die auszahlbaren Renten kaum spürbar steigern. Wenn diese über zurückzuzahlende Kredite finanziert werden soll, muss die Rendite die aktuell hohen Kreditzinsen erst einmal wettmachen und nur die übersteigende Rendite steht dann der GRV zur Verfügung.

Die erste Säule der GRV wollen wir durch die Einbeziehung aller Bürger*innen stärken. In einem ersten Schritt würden Abgeordnete und sonst nicht bzw. kaum abgesicherte Selbständige einbezogen. In späteren Stufen aber auch Beamte und alle selbständig und freiberuflich Tätigen. Wir wollen auch bei der Rente eine Bürgerversicherung.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter: https://www.gruene.de/themen/rente

Mit freundlichen Grüßen
Sascha Müller

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