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Nina Scheer
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Frage von Henning S. •

Frage an Nina Scheer von Henning S. bezüglich Entwicklungspolitik

Sehr geehrte Frau Scheer,

Die humanitäre Notlage auf der griechischen Insel Lesbos im Flüchtlingslager Moria, hat sich heute am 9.9.2020 in die seit Monaten prognostizierte Katastrophe und wohl oder übel am heutigen Tage zu einem Tiefpunkt der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik entwickelt.

Als Abgeordnete meines Wahlkreises frage ich mich: 1. weshalb haben Sie am 4.3.2020 gegen die Aufnahme besonders schutzbedürftigter Geflüchteter aus den griechischen Lagern gestimmt und 2. was bedenkt Ihre Partei, die SPD, in Folge dessen in die Wege zu leiten, dass diesen Menschen geholfen wird.

LG

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmuck,

vielen Dank für Ihre Frage und bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort; die Vielzahl an Zuschriften - die allermeisten erhalte ich über die direkten Kontaktdaten - lässt eine zeitnahe Beantwortung leider nicht immer zu.

In der Tat sind die Umstände für die Geflüchteten auf Lesbos seit langem unhaltbar. Die Aufnahme von mehreren Tausend Menschen in Deutschland ist möglich und angesichts der Situation vor Ort unsere humanitäre Pflicht - gerade angesichts der Bereitschaft vieler Städte und Kommunen in Deutschland Geflüchtete aufzunehmen und angesichts der Tatsache, dass ein humaner Umgang mit Menschen auf europäischem Boden eine europäische und damit auch - mit - unsere Verantwortung ist.#

Durch den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist festgelegt, dass es keine "wechselnden Mehrheiten" gibt, womit alle Abgeordneten der Regierungsfraktionen mit den Koalitionsbeschlusslagen stimmen. Die Funktionsweisen von Koalitionen verlangen dies - andernfalls könnten keine Kompromisse zwischen Koalitionspartnern verfolgt werden, da dann die Mehrheiten immer in Frage stünden. In Bezug auf Anträge der Opposition bedeutet dies, dass sie von Abgeordneten der Regierungskoalition nicht unterstützt werden können, selbst wenn es inhaltliche Übereinstimmungen gibt. Gleichwohl bleiben Abgeordnete letztlich immer ihrem Gewissen unterworfen. So habe ich etwa auch gegen die Regelung der Regierungskoalition zur Abschaffung des Familiennachzuges gestimmt. Anschließend kam es dann zur Kontingent-Regelung.

Die SPD konnte immerhin gegenüber dem Koalitionspartner CDU/CSU durchsetzen, dass nach aktuellem Stand bereits 1526 Personen aufgenommen wurden. Darunter auch besonders schutzbedürftige Personen, wie unbegleitete Minderjährige, behandlungsbedürftige Kinder und deren Familien.

Die SPD setzt sich zudem innerhalb der Bundesregierung fortlaufend für die Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen auf Lesbos ein, sei es durch weitere Aufnahmen in Deutschland oder durch die Entsendung von Hilfen nach Lesbos.

Parallel dazu muss weiterhin an einer Neuausrichtung der europäischen Migrationspolitik und der Implementierung eines Europäischen Asylsystems gearbeitet werden - selbst wenn dies aktuell als ein weiter Weg erscheint.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Nina Scheer

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