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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Anke Maria L. •

Warum wird die Wagner-Gruppe nicht als Terror-Organisation eingestuft?

So weit ich weiß, behauptet Moskau, daß die Wagner-Gruppe nichts mit dem russischen Staat zu tun hat. Grund ist unter anderem, daß die Wagner-Gruppe so außerhalb der Legalität operieren kann.

Gibt es denn konkrete Gründe dafür, daß diese Verbrecher (noch) nicht als Terrorgruppe gelten? Oder hat man es einfach noch nicht gemacht? Ein Vorteil wäre ja, daß man Mitglieder schon für die Mitgliedschaft festnehmen und bestrafen könnte, sobald sie einen Fuß in ein Land setzen, und man nicht erst warten muß, bis man dem Einzelnen ein Verbrechen nachweisen kann.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau L.,

vielen Dank für Ihre Frage und ihr damit verbundenes Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.

Wir Grüne im Bundestag stehen dafür ein, alle Bedrohungen der offenen Gesellschaft im Blick zu haben und ihnen mit voller rechtstaatlicher Konsequenz zu begegnen. Gerade terroristischen Gefahren müssen wir effektiv und umfassend auf allen staatlichen Ebenen entgegentreten. Als Grüne stehen wir für eine Politik ein, die Freiheit, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit für alle Menschen in Deutschland im Blick hat. Wir setzen uns für eine vorausschauende, evidenz- und grundrechtsorientierte Gefahrenabwehr ein.

Die Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht keine Liste mit terroristischen Organisationen, die als Grundlage dafür dient, Maßnahmen gegen die dort geführten Einzelpersonen oder Gruppen zu verhängen. Vielmehr orientiert sich Deutschland an der sogenannten „EU-Terrorliste“, einer Liste des EU-Ministerrates, die Personen, Vereinigungen und Organisationen beinhaltet, die an Terrorhandlungen beteiligt gewesen sein sollen und daher restriktiven Maßnahmen auf EU-Ebene unterliegen.

Dass eine Organisation von deutschen oder EU-Behörden  – insbesondere in den Berichten der Verfassungsschutzbehörden – nicht öffentlich als terroristische Vereinigung genannt wird, bedeutet nicht, dass deutsche Behörden keine Maßnahmen gegen diese Organisationen oder Personen, die in Verbindung zu der Organisation stehen, verhängen können. Zur Gefahrenabwehr können geeignete Maßnahmen gegen Personen gerichtet werden, ohne dass es hierfür einer Nennung auf einer Terrorliste bedarf oder dies vom Nachweis der Begehung eines Verbrechens abhängen würde. Dies umfasst auch Einreiseverbote.

Auch eine strafrechtliche Verurteilung wegen Gründung oder Beteiligung (an) einer terroristischen Vereinigung kann erfolgen. Sofern es sich um eine Vereinigung außerhalb der EU handelt, muss jedoch ein hinreichender Bezug nach Deutschland, wie er im Strafgesetzbuch konkretisiert wird, bestehen, damit der Straftatbestand erfüllt ist. Im Zusammenhang mit der Aktivität der Gruppe Wagner scheint es bisher an einem hinreichend konkreten Verdacht eines solchen Inlandsbezugs zu fehlen.

Beste Grüße nach Berlin!
Konstantin v. Notz

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