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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mathias T. •

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Konstantin von Notz, auf welcher Grundlage lagern gegenwärtig immer noch Atomwaffen innerhalb der Grenzen unseres Landes? Mit freundlichen Grüßen M.T.

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Sehr geehrter Herr T.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und Ihr damit verbundenes Interesse an meiner Arbeit. Über beides freue ich mich sehr. Gerne versuche ich im Folgenden Ihre Fragen zu beantworten.

Ein Grundpfeiler jeder Außenpolitik im Dienste des Friedens und der Sicherheit muss die Abrüstung sein. In Deutschland und Europa waren wir über Jahrzehnte durch Verträge zu Abrüstung und Rüstungskontrolle abgesichert. Doch diese Sicherheit schwindet zunehmend. Weder Russland noch die USA fühlen sich an bestehende Vertragsregime gebunden. Weltweit stehen die Zeichen auf Aufrüstung. Immer mehr Staaten streben nach militärischen Atomprogrammen. Die Nuklearwaffenstaaten wie die USA, Russland, oder auch China modernisieren für immense Summen ihre Atomwaffen und entwickeln neuartige Raketen und Trägersysteme. Bestehende rüstungskontrollpolitische Verträge laufen teilweise aus, ohne verlängert zu werden oder werden sogar aufgekündigt. Hieraus folgte die konkrete Gefahr einer Aufrüstungsspirale im nuklearen Bereich, aus der sich ein verheerendes Zerstörungspotenzial ergibt.

Besonders besorgniserregend für Europa ist, dass mit dem 2019 ausgelaufenen INF-Vertrag und dem Ausstieg der USA aus dem Open-Skies-Abkommen im Jahr 2020 wichtige Elemente der Rüstungskontrollarchitektur weggebrochen sind. Umso wichtiger ist, dass es 2017 den Vereinten Nationen endlich gelang, einen Atomwaffenverbotsvertrag auszuarbeiten und anzunehmen. Diese internationale Vereinbarung zum Verbot von Atomwaffen  ist vergangenes Jahr in Kraft getreten. Der große Druck von Seiten der Zivilgesellschaft, aber auch von einer Mehrheit der Staaten dieser Welt hat diesen großen Erfolg bewirkt. Der Vertrag schließt eine Lücke, die der Nichtverbreitungsvertrag offen gelassen hat.

Die letzte Bundesregierung hat das Zustandekommen dieses Vertrags fatalerweise weder unterstützt noch gutgeheißen. Im Koalitionsvertrag haben wir nun das wichtige Ziel formuliert, als Beobachter bei der Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags die Intention des Vertrages künftig konstruktiv zu begleiten. Nur wer selbst bereit ist, auf den vermeintlichen Schutz durch Atomwaffen zu verzichten, kann das auch von anderen verlangen.

Wir Grüne im Bundestag setzen uns für Frieden, Abrüstung, kooperative Sicherheit und eine Kultur der militärischen Zurückhaltung ein. Daher haben wir stets den Abzug der US-Atomwaffen von deutschem Boden gefordert. Wir halten fest an dieser Forderung, die im Übrigen bereits im Jahr 2010 eine breite interfraktionelle Mehrheit auf sich vereinen konnte (BT-Drs. 17/1159). Hier unser Antrag aus der letzten Wahlperiode „Nukleare Teilhabe beenden – Atomwaffen aus Deutschland abziehen“ : https://www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2020_06/701512-701512. Die Bundeswehr soll weder Personal noch Trägersysteme bereitstellen, um im Ernstfall amerikanische Atomwaffen in ein Ziel zu fliegen. Das Laufzeitende des Tornado-Kampffliegers wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um auf die nukleare Teilhabe zu verzichten. Stattdessen hielt die schwarz-rote Bundesregierung mit der Neuanschaffung nuklearwaffenfähiger Flugzeuge am Konzept der atomaren Abschreckung auf unbestimmte Zeit fest. Wir Grüne haben dies in der Vergangenheit immer wieder stark kritisiert und  uns in zahlreichen Initiativen und Anträgen für ein grundsätzliches Umdenken eingesetzt. Hier unser Antrag „Glaubhafter Einsatz für nukleare Abrüstung ‒ Nationale Handlungsspielräume nutzen“: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2018/kw09-de-inf-vertrag-544584.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns auch weiterhin mit Hochdruck für eine internationale Ächtung von Nuklearwaffen einsetzen, um dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt näherzukommen. Rüstungskontrolle ist kein Selbstzweck. Gegenseitige Begrenzungen helfen, Rüstungsinvestitionen einzudämmen. Atomwaffen sind und bleiben Massenvernichtungswaffen. Sie töten unterschiedslos und machen das Leben – weit über den Ort der Explosion hinaus – auf unbestimmte Zeit unmöglich. Eine Wiederbelebung der internationalen abrüstungspolitischen Anstrengungen ist in Anbetracht der sich verschlechternden internationalen Sicherheitslage heute notwendiger denn je. Daher ist für die neue Bundesregierung die atomare Abrüstung ein zentrales Kernthema dieser Legislaturperiode. Auch im Koalitionsvertrag haben wir das Ziel einer atomwaffenfreien Welt (Global Zero) und damit einhergehend ein Deutschland frei von Atomwaffen formuliert.

Mit besten Grüßen nach Dresden!
Konstantin v. Notz

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