Klaus Lederer
Klaus Lederer
DIE LINKE
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Frage von Jörg S. •

Was wollen Sie eigentlich gegen die zunehmende Armut bei Hartz 4 Empfängern und Rentnern mit Transferleistungen tun?

Sehr geehrter Herr Lederer,
mir kommt es so vor, als ob Ihnen die armen Menschen vollkommen egal sind. Naja, kann ich ja auch irgendwie verstehen, denn Ihr Portemonaie ist ja voll genug, warum sollten Ihnen dann noch die Armen im Land etwas angehen und damit meine ich nicht unbedingt Familien, sondern auch Menschen die alleine Ihr Leben meistern müssen, ohne am sozialen Leben teilnehmen zu können. Mit dem Hartz 4 bzw. mit einer kleinen Rente plus Transferleistung kann man das ja leider nicht. Dann brauchen Sie sich auch nicht wundern, wenn Ihnen diese Stimmen bei der Wahl fehlen.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg

Klaus Lederer
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihr Frage, die ich sehr gerne beantworte. Es tut mir leid, dass bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, meine Partei und ich würden uns nicht für Menschen mit geringem oder keinem Einkommen einsetzen. Denn tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Die Kritik an dem Hartz IV-System ist in die Gründungs-DNA der LINKEN eingeschrieben. Unverändert setzen wir uns dafür ein, dass Hartz-IV endlich zugunsten einer sanktionsfreien Mindestsicherung abgeschafft wird.

Die Hartz-IV-Gesetze waren und sind zutiefst ungerecht. Sie zementieren die soziale Schieflage, sie führen zu Ausgrenzung und Armut. Die Regelsätze bei Hartz IV, in der Sozialhilfe und erst recht im Asylbewerberleistungsgesetz sind absolut ungenügend für ein menschenwürdiges Leben. Nicht zuletzt die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass sie viel zu knapp bemessen sind, um sich gesund zu ernähren und ausreichend schützen zu können. Prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse gehören leider immer noch zur Lebensrealität vieler Menschen in unserer Stadt. Wir wollen diese soziale Ungleichheit auch künftig bekämpfen. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, das Hartz-IV-System durch eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung zu ersetzen. Um sicher vor Armut zu schützen, muss sie derzeit 1.200 Euro betragen. Als Zwischenschritt bis zur Einführung einer sanktionsfreien Mindestsicherung wollen wir die sofortige Erhöhung der derzeitigen Grundsicherungsleistungen auf 658 Euro plus Übernahme der Wohn- und Stromkosten in tatsächlicher Höhe. Zudem fordern wir für die Dauer der COVID-19-Pandemie einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro für alle Bezieher:innen von Hartz IV und Grundsicherung. Mit einer Kindergrundsicherung wollen wir erreichen, dass jedes Kind vor Armut geschützt ist. All dies haben wir auch immer wieder mit Bundesratsinitiativen des Landes Berlin deutlich gemacht. Aber: Die Gesetze müssen auf Bundesebene geändert werden. In Berlin nutzen wir alle landesrechtlichen Spielräume, um die Folgen von Hartz IV zu mildern und soziale Missstände zu bekämpfen sowie den landespolitischen Einfluss auf die Jobcenter in Berlin zu erhöhen.

Dazu gehört die Ausführungsvorschrift Wohnen (AV Wohnen). Sie regelt u. a., in welcher Höhe die Miete von Sozialleistung beziehenden Menschen übernommen wird. In den letzten Jahren ist es uns gelungen, die Mietrichtwerte deutlich anzuheben. Immer mehr Menschen bekommen ihre vollständige Miete vom Jobcenter bzw. Sozialamt erstattet. Die Anzahl der Kostensenkungen hat deutlich abgenommen, die der Zwangsumzüge auch. Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Viele Berliner:innen dürfen ihre Wohnung weiterhin ihr Zuhause nennen. Ihr Kiez bleibt ihr Kiez. Und wenn sie Probleme mit Vermieter:innen haben, übernimmt das Jobcenter bzw. das Sozialamt den Mitgliedsbeitrag für die Mieterorganisation. Auch einkommenschwache Mieter:innen erhalten auf diese Weise Unterstützung und Beratung.

In der kommenden Legislatur wollen wir die AV Wohnen weiterentwickeln und insbesondere dafür Sorge tragen, dass mehr wohnungslose Menschen eine Wohnung anmieten können. Es ist absurd, dass Geld für die Unterbringung von wohnungslosen Menschen in teils prekären Unterkünften auszugeben, aber die Zustimmung zur Anmietung einer Wohnung wegen angeblich zu hoher Miete zu verweigern. Diese Unterbringung ist teuer, sie behindert Teilhabe und ist für die betroffenen Menschen eine Zumutung. Deswegen wollen wir einen Mietzuschlag einführen. Wenn die Unterbringungskosten in einer Unterkunft für wohnungslose oder geflüchtete Menschen höher sind, als die Kosten für die Anmietung einer Wohnung, soll das Jobcenter bzw. das Sozialamt dem Abschluss eines Mietvertrages zustimmen. Die diesbezüglichen Einschränkungen in der jetzigen AV Wohnen wollen wir aufheben.

Ich hoffe, dass für Sie nachvollziehbar geworden ist, dass wir das Hartz-IV System ungebrochen scharf kritisieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Klaus Lederer

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