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Klaus Holetschek
CSU
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Frage von Jochen T. •

Was sagen sie zu der Gefahr von Verkehrsunfällen durch Alkoholbedingte Schäden welche noch nach dem Promillewert vorhanden sind, sollte nicht besser ein Ethylgluconuoridwert im Verkehr benutzt werden?

Nun Alkohol baut sich linear ab.
Er ist ein Zellgift, schädigt also jede Körperzellform.
Der messbare Promillewert zeigt aber nur die akute Berauschung an, nicht jedoch die längerwährende Beeinträchtigung durch die physische Vergiftung und deren Afterglow. So ist der Metabolit Acetaldehyd um ein vielfaches toxischer. Dehydration und Kopfschmerzen, Mineralien und Elektrolytentzug sowie Schleimhautschäden sind üblich, hinzu kommen Denaturierung von Eiweißen.
Die Nachwirkungen(Kater) stellen eine reele Gefahr für den Verkehr dar, da der Körper sich erst reparieren muss, diese Fahrrelevanten Beeinträchtigungen sind aber mit der üblichen Blasetestung nicht festzustellen, jedoch mit dem Ethylgluconuorid Urintest und zwar bis zu 48Std..
Warum wird also nicht der ETG verwendet, so geht es doch um Verhinderung von Schäden f.Allgemeinheit? Wird hier fahrlässig gehandelt?
https://www.doccheckshop.de/labor/tests/urintests/12884/moelab-etg-schnelltest
https://medlexi.de/Kater_(Alkoholintoxikation)

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CSU

Sehr geehrter Herr T.,

in Ihrer E-Mail vom 14. März 2023 haben Sie sich bezüglich des Nutzen und der Umsetzbarkeit einer Ethylglucuronid (EtG) Bestimmung im Urin zur Beurteilung der Fahrtüchtigkeit im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung in Ergänzung zum Atemalkoholtest bzw. Promillewert an mich gewandt. Gerne nehme ich zu Ihrer Anfrage in Abstimmung mit dem Staatsministerium der Justiz sowie dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration wie folgt Stellung:

EtG ist ein direktes Stoffwechselprodukt des Trinkalkohols, welches in der Leber im Zuge des Alkoholabbaus entsteht. Es wird bereits beim Konsum gebildet und deutlich langsamer ausgeschieden als der Alkohol selbst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass EtG abhängig von der konsumierten Alkoholmenge bis zu 80 Stunden nach Ende des Konsums noch im Urin nachgewiesen werden kann. Unter Berücksichtigung der laborchemischen Eigenschaften, Möglichkeiten und Aussagekraft eines EtG-Nachweises im Urin, eignet sich dieser zwar zur Beurteilung, Bestätigung und Widerlegung bestimmter Alkoholkonsummuster, nicht aber zur Beurteilung der Frage der aktuellen Fahrtüchtigkeit im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung. In der Praxis werden EtG Bestimmungen im Urin vielmehr zur Überwachung von Patienten in der stationären Alkoholentgiftung sowie im Rahmen der Fahreignungsdiagnostik (MPU) zur Abstinenzüberwachung standardmäßig eingesetzt.

Aus strafrechtlicher Perspektive ist das Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss nach Maßgabe der §§ 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a, 316 Strafgesetzbuch (Gefährdung des Straßenverkehrs, Trunkenheit im Verkehr) strafbar. Beide Regelungen knüpfen die Strafbarkeit daran, dass der Fahrzeugführer infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine solche Fahrunsicherheit ist gegeben, wenn der Täter das Fahrzeug wegen der Alkoholwirkung im Verkehr nicht mehr hinreichend zu beherrschen vermag. Wichtigstes Beweisanzeichen für das Vorliegen alkoholbedingter Fahrunsicherheit ist die Alkoholkonzentration im Blut. Bei dem Erreichen bestimmter Blutalkoholkonzentrationen („Promillegrenzen“) geht die Rechtsprechung von „absoluter“ Fahrunsicherheit aus, d. h. die Fahrunsicherheit steht unwiderleglich fest. Da die von Ihnen vorgeschlagene EtG-Bestimmung im Urin keinen hinreichend sicheren Rückschluss auf eine bestimmte Blutalkoholkonzentration zulässt, kann sie nach derzeit geltendem Recht nicht für den Nachweis „absoluter“ Fahrunsicherheit verwendet werden.

Zudem handelt nach § 24a Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz ordnungswidrig, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt. Eine Änderung dieser Grenzen oder gar eine Abkehr von diesen Grenzen liegt in der Zuständigkeit des Bundes als Gesetzgeber. Aus polizeilicher Sicht ist es entscheidend, dass bereits bei der Kontrolle vor Ort eine zuverlässige Überprüfungsmöglichkeit einer möglichen Alkoholisierung der angetroffenen Fahrerin bzw. des angetroffenen Fahrers besteht, um über das weitere Vorgehen und Folgemaßnahmen entscheiden zu können. Dies gelingt der Bayerischen Polizei bislang sehr zuverlässig und problemlos mit ihren Test- bzw. Vortestgeräten, die zur Festlegung der weiteren Maßnahmen die Atemalkoholkonzentration beim Fahrer feststellen können. Anders würde es sich bei der von Ihnen vorgeschlagene EtG Bestimmung im Urin verhalten. Neben dem praktischen Problem der Probengewinnung, bedarf es zudem eines Arztes oder einer ärztlich autorisierten Person, um einen solchen Test durchzuführen bzw. zu interpretieren. Aus polizeilicher Sicht ist die Einführung eines solchen Testverfahrens für die Überwachung des Straßenverkehrs daher nicht geeignet.

Die Frage der Fahrtüchtigkeit über einen EtG Nachweis im Urin mit einer bis zu 80 stündigen Alkoholabstinenz zu verknüpften, ist mit den derzeit gültigen Gesetzen nicht vereinbar, aus polizeilicher Sicht im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung nicht praktisch umsetzbar, aus medizinischer Perspektive nicht begründbar und erscheint mithin in der Zusammenschau der dargelegten Argumente nicht zielführend.  

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Holetschek 

Mitglied des bayerischen Landtages 

 

Staatsminister 

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