Können Sie weiterhin den israelischen Kriegspolitik gegen Gaza unterstützen? Werden Sie sich eindeutig gegen den israelischen Kriegspolitik Stellung beziehen?
Sehr geehrte Frau Uhlig - iIch bin ein jüdischer Mitbürger , der in Bonn lebt. Ich kann kaum Worte finden, um meine Bestürzung, meinen Zorn und meine Abscheu über das israelische Töten und die Zerstörung von Leben und Welt in Gaza auszudrücken. Die israelische Regierung hat jedes grundlegende Element des jüdischen Denkens und der jüdischen Kultur, das auf Mitgefühl, Anerkennung der Menschlichkeit und Respekt vor dem anderen beruht, verraten. Es nützt nichts, nur gelegentlich eine Erklärung abzugeben. Es bedarf eines radikalen Stopps, um die Zerstörung des Gazastreifens zu beenden und die jüdischen Werte im Nahen Osten und darüber hinaus wiederherzustellen.
Ihr
Brian M.

Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, die Beschreibung Ihrer Perspektive und was Sie bewegt. Sie sprechen Entwicklungen an, die uns alle derzeit intensiv beschäftigen und bewegen.
Bitte erlauben Sie mir, etwas ausführlicher auf Ihre Nachricht zu antworten, da die aktuelle Situation aus meiner Sicht eine längere und differenziertere Antwort erfordert:
Die Ereignisse in Israel und im Gaza-Streifen seit dem 07. Oktober 2023 haben auf beiden Seiten des Konflikts traumatische Dimensionen ausgelöst.
Einerseits stehen wir Grüne angesichts des menschenverachtenden Angriffs der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober solidarisch an der Seite Israels und der Menschen, die dort leben. Das Land hat ein Recht auf Selbstverteidigung im Rahmen, den das Völkerrecht für solche Ausnahmesituationen vorsieht. Deshalb ist jedoch Kritik an der Kriegsführung auch möglich und nötig, was übrigens auch in Israel selbst vehement debattiert wird. Gleichzeitig ist für uns Deutsche das Existenzrecht Israels als Staat durch nichts zu relativieren.
Zugleich steht die Grüne Bundestagsfraktion fest zu Menschenrechten, zum humanitären Völkerrecht und den darin festgeschriebenen humanitären Prinzipien. Danach sind die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur, v.a. Krankenhäuser oder Schulen, unter allen Umständen zu schützen. Viel zu viele unschuldige Menschen sind beim Gegenschlag Israels im Gaza-Streifen gestorben oder schwer verwundet worden. Gleichsam verstoßen der Angriff auf unschuldige Zivilisten in Israel sowie der Missbrauch von Zivilisten als Schutzschilde im Gaza-Streifen durch die Hamas und die Nutzung ziviler oder medizinischer Einrichtungen als militärische Infrastruktur ebenfalls gegen alle Regeln des humanitären Völkerrechts.
Die humanitäre Lage der in Gaza leidenden und festsitzenden Zivilbevölkerung ist durch die Kriegsführung Israels unter der Regierung Netanjahus immer katastrophaler und unerträglicher geworden. Für uns steht außer Frage, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, damit die Menschen vor Ort schnellstmöglich sicheren Zugang zu dringend notwendiger humanitärer Hilfe – Lebensmittel, Wasser, medizinische Versorgung – erhalten. Seit Beginn des Konflikts setzen wir uns für humanitäre Waffenruhen ein, in der Hoffnung, dass sie letztendlich auf einen verhandelten Waffenstillstand und langfristig in eine politische Lösung münden.
Mit freundlichen Grüßen
Katrin Uhlig