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Carmen Wegge
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Frage von Ralf B. •

Warum nutzt die Polizei keinen Speichelvortest um berauschte Fahrten zu ermitteln?

Sehr geehrte Frau Wegge,

in meinem Bekanntenkreis ist folgender Fall eingetreten:

Ein gelegentlicher Konsument, ca. 2 mal die Woche Konsum mit jeweils mindestens 24-48 Std Wartezeit kam in eine Polizeikontrolle.

Die Polizei konstruierte einen Verdachtsfall nach Zugabe eines gelegentlichen Konsum .

Daraufhin bestand die Polizei auf einen Drogenvortest.

Den einzigen Test welchen die Polizei anbot waren ein Urintest, der aber nichts über einen aktuellen Konsum aussagt, da dieser Test auf THC-Cooh (Abbauprodukte) testet.

Schließlich wurde dem zugestimmt und der Test war positiv auf THC. Es folgte eine Blutprobe und ein Verbot das KFZ zu führen.

Die darauf hin entnommene Blutprobe war aber weit unter dem Grenzwert mit 0,7ng THC.

Warum werden nicht flächendeckend Speicheltest eingesetzt die den aktuellen Konsum ermitteln können?

Warum nutzt die Polizei nicht die verfügbaren Tests wie viele andere Länder auch die den aktuellen Konsum ermitteln, z.b. Dräger 3000, etc.?

mfg Ralf B.

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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Tests auf Cannabiskonsum am Steuer sind umstritten und auch nach Ansicht vieler Expertinnen gibt es keine abschließende Lösung oder ein eindeutiges Richtig oder Falsch. Die Nachweisbarkeit von THC bei täglichem Konsum führt dazu, dass nicht unterschieden werden kann, ob eine Person unter THC-Einfluss fährt oder während der Fahrt vollkommen unberauscht ist, aber eben täglich konsumiert. Tests und Grenzwerte müssen dieser Problematik Rechnung tragen, aber auch sicherstellen, dass berauschte Fahrer*innen aus dem Verkehr gezogen werden.

Um die beste Lösung zu ermitteln, haben wir in der Ampelkoalition vereinbart, dass eine unabhängige Expert*innenkommission – eingesetzt vom Verkehrsministerium – den Wert einer Konzentration von THC im Blut vorschlagen soll, bei dessen Erreichen nach dem Stand der Wissenschaft das sichere Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet ist.

Die Expert*innen haben dabei grundlegend drei Punkte empfohlen: Es soll keinen Mischkonsum von Cannabis und Alkohol geben, der gesetzliche Wirkungsgrenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum soll gelten und es seien Speicheltests mit hoher Empfindlichkeit als Vorscreening notwendig.

Speicheltests sind tatsächlich nur bei kurzfristigem Konsum positiv und daher die beste Lösung. Allerdings werden sie in der Praxis auch oft als fehleranfällig (sowohl falsch positiv als auch falsch negativ) beschrieben. Aktuell laufen Testverfahren und immer mehr Dienststellen nutzen Speicheltests im Alltag. Sollten sich dennoch Fälle mehren, in denen dennoch mit falschen Testmethoden Personen belangt werden, müssen wir politisch Einfluss nehmen, sodass Speicheltest flächendeckend eingesetzt werden.

Ich bin überdies auch der Überzeugung, die auch viele Expert*innen teilen, dass der Grenzwert zu konservativ festgelegt wurde und dass ein höherer Wert auch positiven Einfluss auf die Unterscheidbarkeit von aktuellem Konsum und regelmäßigem Konsum hätte.

In Bezug auf die weiterhin bestehende Problematik haben wir die Fahrerlaubnisverordnung übrigens auch so geändert, dass nicht direkt beim erstmaligen Überschreiten des Grenzwerts sofort eine MPU angeordnet wird. Dies wird nur bei wiederholtem Aufgreifen, beispielsweise bei einer Routinekontrolle, der Fall sein. Natürlich verhält sich dies anders, wenn die Person im Straßenverkehr stark auffällig ist und auch eine konkrete Gefahr besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Wegge

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