Portrait von Carmen Wegge
Carmen Wegge
SPD
78 %
43 / 55 Fragen beantwortet
Zum Profil
Frage von Antje T. •

Social Media ab 16?

Sehr geehrte Frau Wegge, ich habe eine Frage: würden Sie für ein Social Media Verbot bis 16 Jahren stimmen. Am 10.11.2025 gibt es dazu eine Anhörung im Bundestag von smarter Start ab 14. Mir ist diese Initiative besonders wichtig, da sie sich für den Schutz der Kinder und Jugendlichen in unserem Land einsetzt. Ich komme aus dem Landkreis Landsberg und hatte per Mail schon einmal zu Ihnen Kontakt.ich setze mich aus einem bestimmten Grund für ein Social Media Verbot bis 16 Jahre ein: mein Sohn wurde im November 22 von einem Jugendlichen zusammengeschlagen, dass alles gefilmt und über WhatsApp und Instagram in allen Schuhen im Landkreises verteilt. Daraufhin hat er sich im Januar 23 das Leben genommen, mit nur 14 Jahren. Ich arbeite als Erzieherin in einer großen Kita mit Hort. Auch da ich sehe ich täglich die Auswirkungen von zu viel und falsche Medien gebrauchen. Bitte setzen Sie sich für ein Verbot ein, Antje T.

Portrait von Carmen Wegge
Antwort von SPD

Sehr geehrte Frau T.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich erinnere mich an unseren letzten Austausch zu Jahresanfang. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, dass ich Ihr Engagement und Ihre Kraft bewundere.

Zur Frage, wie man Kinder und Jugendliche vor den Gefahren sozialer Netzwerke bewahrt, bin ich skeptisch, ob eine Altersgrenze die richtige Lösung wäre. Ich bin aber überzeugt, dass wir Maßnahmen ergreifen müssen.

Das Problem, dass Kinder und Jugendliche über Social Media mit Inhalten in Kontakt kommen, die Hass, Hetze und Fakenews verbreiten, ihre Entwicklung negativ beeinflussen und scheinbar unbeobachtete Räume für Mobbing und psychische Gewalt bieten, ist unübersehbar. Ich glaube jedoch nicht, dass eine Altersgrenze oder Restriktionen Abhilfe schaffen können. In meiner Jugend waren es andere Medien und andere Inhalte, aber man hat als Jugendliche*r immer Mittel und Wege gefunden, um an das zu kommen, was man eigentlich nicht erreichen sollte. Und selbst wenn wir eine Grenze bei 14 Jahren einführen würden, würde das Problem nur auf spätere Jahre verschoben. Dann sind die Kinder zwar älter, aber einen besseren Umgang mit sozialen Medien haben sie dadurch auch nicht gelernt. Und wenn ich mir ansehe, was erwachsene Personen im Netz verbreiten, glaube ich nicht, dass sich Medienkompetenz automatisch mit dem Alter entwickelt.

Wir müssen meiner Ansicht nach Kinder und Jugendliche deshalb aktiv befähigen, bewusst mit sozialen Medien umzugehen, und brauchen dazu pädagogische Mittel, die nicht verteufeln, sondern einen verantwortungsvollen Umgang vermitteln. Nur durch digitale Bildung lernen Kinder und Jugendliche einen gesunden Umgang mit Medien. Soziale Netzwerke sind da, und wir werden sie nicht eindämmen können. Vielmehr sollten wir die Generationen, die als erste mit ihnen aufwachsen, darin unterstützen, bestmöglich mit ihnen umzugehen. Natürlich gilt das nicht für Dreijährige – auch Eltern müssen besser wissen, was Kindern schadet und ab wann sie Medien konsumieren sollten.

Wir haben im Bund übrigens bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht. Mit dem Startchancen-Programm wurde ein Förderprogramm gestartet, das multiprofessionelle Teams in Schulen finanziert. So soll es an allen Schulen langfristig Ansprechpartner*innen gegen Gewalt im Netz, Mobbing und psychischen Stress geben. Für bessere digitale Bildung gibt es mit dem Digitalpakt Schule zwischen Bund und Ländern eine Maßnahme, die unter anderem das Ziel hat, die digitalen Kompetenzen von Schüler*innen und Lehrkräften zu verbessern.

Zum anderen müssen wir den digitalen Raum auch anders gestalten und Richtlinien gegen Hass im Netz besser durchsetzen. Betroffene von Hass im Netz müssen geschützt werden, und Täter*innen müssen konsequent nachvollzogen und zur Rechenschaft gezogen werden. In der letzten Legislatur haben wir ein digitales Gewaltschutzgesetz diskutiert, das bessere Hebel gegen Hass, Mobbing und Gewalt im Netz schaffen sollte. Ich war an den Beratungen beteiligt, und wir waren – bis die Koalition zerbrach – eigentlich auf einem guten Weg. Mit dem Gesetzentwurf wollten wir erreichen, dass Gerichte schneller reagieren können, Betroffene niedrigschwelliger Löschungen erreichen und Hilfen erhalten können und Messenger-Dienste sowie Telekommunikationsunternehmen stärker in die Pflicht genommen werden. Unsere Ziele waren, dass Accounts, von denen Hass ausgeht, zwingend gesperrt werden und die Klarnamen der Täter*innen für die Opfer und die Justiz leichter zugänglich sind. Weil im Bundestag durch das Diskontinuitätsprinzip keine Vorhaben mit in die neue Legislatur genommen werden, können wir nicht einfach über den alten Gesetzesentwurf weiterberaten. In dieser Legislatur wird es jedoch einen neuen Anlauf geben – im Koalitionsvertrag haben wir uns auch mit der Union auf ein digitales Gewaltschutzgesetz verständigt. Ich stehe dazu als rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in engem Austausch mit unserer Justizministerin.

Mir ist bewusst, dass sich manches mit meiner Antwort aus Februar doppelt, aber ich bin überzeugt, dass wir mit Medienkompetenzbildung und Maßnahmen gegen Hass im Netz etwas erreichen können. Ich hoffe, ich konnte Ihnen darlegen, weshalb ich eine Altersgrenze aktuell nicht für die richtige Lösung halte, bin aber auch mit Expert*innen im Austausch und jederzeit bereit, offen über diese Maßnahme zu diskutieren.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Wegge

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Carmen Wegge
Carmen Wegge
SPD

Weitere Fragen an Carmen Wegge