Welche Maßnahmen werden ergriffen, die rechtsextrem eingestufte Partei AFD tatsächlich im Handeln einzuschränken? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Prof. Dr. Brosius-Gersdorf medial zu schützen?

Sehr geehrter Herr d. J.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Anfrage, die ich gerne in beiden Teilen beantworten möchte:
Wie Sie richtigerweise schreiben, hat die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch den Verfassungsschutz die Debatte über ein mögliches Verbotsverfahren deutlich verschärft. Ich teile die Einschätzung, dass diese Partei unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung massiv angreift und das gesellschaftliche Klima vergiftet. Die erschreckende Zunahme rechtsextrem motivierter Straftaten ist ein weiteres Alarmzeichen, das wir nicht ignorieren dürfen.
Ein Antrag auf Überprüfung der AfD durch das Bundesverfassungsgericht war zwar kein Bestandteil der Koalitionsverhandlungen, doch das Thema hat nichts an Dringlichkeit verloren – im Gegenteil. Für einen solchen Schritt braucht es eine klare politische Mehrheit im Bundestag. Die SPD-Bundestagsfraktion hat mehrfach deutlich gemacht, dass es an uns nicht scheitern wird. Entscheidend ist jedoch, dass auch CDU und CSU geschlossen mitgehen. Ohne die Union lässt sich ein Verbotsverfahren nicht auf den Weg bringen. Es ist entscheidend, dass sich auch in der CDU/CSU die Stimmen mehren, die für ein solches Vorgehen offen sind.
Unsere neue SPD-Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat bereits angekündigt, das aktuelle Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zeitnah und sorgfältig auszuwerten. Sie hat zudem klargestellt, dass die Prüfung eines Verbotsverfahrens unabhängig von den Umfragewerten einer Partei erfolgen muss. Ich begrüße diese Haltung ausdrücklich und halte es für ein wichtiges Signal, dass hier entschlossen gehandelt werden soll. Ich werde mich in meiner Fraktion weiterhin dafür einsetzen, dass wir diesen Weg aktiv verfolgen – und dazu auch das Gespräch mit der Union suchen.
Vielen Dank, dass Sie auch Frau Brosius-Gersdorf ansprechen.
Ich bedaure persönlich sehr, dass Frau Frauke Brosius-Gersdorf ihre Bereitschaft zur Kandidatur zurückgezogen hat. Die öffentliche Debatte zur ihrer Nominierung hat – teils gezielt – mit massiven Verzerrungen und persönlichen Angriffen gearbeitet. Das ist in einer offenen Demokratie zwar weitgehend erlaubt, aber aus unserer Sicht politisch und menschlich inakzeptabel.
Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir uns in dieser Situation bewusst schützend vor unsere Kandidatin gestellt, wie diese im Statement zu ihrem Rückzug auch hervorgehoben hat. Dies haben wir nicht im Sinne eines formellen „medialen Schutzes“, den es in einer Demokratie mit freier Presse gar nicht geben darf, getan, sondern durch Klarstellung, Einordnung und Rückendeckung. Wir haben wiederholt deutlich gemacht: Frau Prof. Dr. Brosius-Gersdorf ist eine hochqualifizierte Juristin mit einschlägiger Erfahrung im Verfassungsrecht. Die ihr öffentlich unterstellten Extrempositionen – insbesondere zur Frage von Schwangerschaftsabbrüchen – entbehren einer tatsächlichen Grundlage und wurden inzwischen auch journalistisch widerlegt.
Gleichzeitig ist es uns wichtig, nicht Öl ins Feuer der Empörung zu gießen, sondern sachlich zu argumentieren. Wer Richterinnen oder Richter nach politischem Empfinden bewertet, verlässt den Boden einer unabhängigen Justiz. Gerade deshalb ist es unsere Aufgabe als Abgeordnete, die Integrität des Auswahlprozesses zu verteidigen – und unbegründete Kampagnen als solche zu benennen.
Herzliche Grüße
Wiebke Esdar