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Utz Mörbe
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Frage von Sanja J. •

Frage an Utz Mörbe von Sanja J. bezüglich Gesundheit

Hallo Herr Mörbe,

mich würde interessieren, was sich Ihrer Meinung nach in der Pflege ändern müsste?

Liebe Grüße

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau J.,

leider wird aus Ihrer Frage nicht deutlich welchen Aspekt Sie mit „in der Pflege“ meinen.

Da die Situation der Pflegenden in den Krankenhäusern viel beklatscht und diskutiert wurde, will ich hier speziell auf die Situation der Pflege im Krankenhaus eingehen. Sollten Sie etwas anderes gemeint haben, bitte ich um Konkretisierung Ihrer Frage.

Als ver.di-Mitglied im Fachbereich Gesundheit und aus persönlichen Gesprächen mit Pflegenden im Krankenhaus kenne ich die prekäre Situation dort. Die Schichten sind unterbesetzt und freiwerdende Stellen können kaum mit Fachkräften nachbesetzt werden. Regelmäßige Überstunden, Einspringen an freien Tage, Verzicht auf die Pausen sind an der Tagesordnung und trotzdem reicht die Personalbesetzung oft nicht aus, alles an Pflege zu erbringen, was notwendig ist. Niemand will dafür die Verantwortung übernehmen. Erst wurden innerhalb von 10 Jahren 50 000 Pflegestellen in den Krankenhäusern gestrichen und jetzt besteht seit vielen Jahren auf Grund der Arbeitsbedingungen eine geradezu Flucht aus dem Beruf, oft genug schon während der Ausbildung oder kurz danach. Die körperlich und psychisch anspruchsvolle Arbeit in verschiedenen Schichten, in der Nacht am Wochenende, an Feiertagen und vor allem jetzt auch mit den hohen Ansteckungsgefahren ist zu schlecht bezahlt. Die Pflege ist auch unter Druck, weil das Abrechnungssystem über die Fallpauschalen Anreize setzt mit möglichst wenig Pflegepersonal die Patienten zu versorgen. Anreize, die unter hohem Kostendruck zum Zwang werden. Die ungenügenden Investitionskostenzuschüsse des Landes beiInvestitionen, Neu- und Umbauten haben den Druck erhöht, Baustellen mit Pflegestellen zu finanzieren.

Um an der prekären Situation in der Pflege etwas zu ändern muss an all diesen Punkten angesetzt werden. Ein richtiger Schritt war die Pflege am Bettaus den Fallpauschalen herauszunehmen. Bestrebungen wieder rückfällig zu werden und daraus Pflegepauschalen zu machen lehnt DIE LINKE ab. Entscheidend ist, dass schnell ein Personalbemessungssystem eingerichtet wird, dass den Bedarf darstellt und dann auch finanziert werden muss. Pflegende müssen sich darauf verlassen können, dass es nicht durch zu viel Patienten, die sie versorgen müssen zu Überforderungen und Gefährdungen kommt. Die Arbeit muss erbracht werden können unter Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze. Überstunden wirklich nur im unvorhersehbaren Notfall, ein Ausfallmanagement statt einspringen in der Freizeit, Pausen machen können ohne schlechtes Gewissen. Diese Verlässlichkeit und ein verlässlicher Dienstplan würde Pflegende im Beruf halten und wäre geeignet Ehemalige wieder für den Beruf zurückzugewinnen. Und dazu gehört auch eine bessere Bezahlung, die in Tarifverhandlungen durchgesetzt werden müssen. Streiks im Krankenhaus sind eine heikle und verantwortungsvolle Sache. Dass das funktioniert haben meine ver.di-Kolleg*innen in der Vergangenheit bewiesen. Die Solidarität der Partei DIE LINKE ist ihnen dabei sicher. Das diese MaßnahmenErfolg versprechen, wird auch bestätigt durch eine Untersuchung derArbeitnehmerkammer Bremen:

https://arbeitnehmerkammer.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Politik/Rente_Gesundheit_Pflege/Bericht_zur_Studie_Ich_pflege_wieder_wenn_Kurzfassung.pdf

https://arbeitnehmerkammer.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Politik/Rente_Gesundheit_Pflege/Bericht_zur_Studie_Ich_pflege_wieder_wenn_Langfassung.pdf

Wie könnte DIE LINKE im Landtag von Baden-Württemberg dabei helfen: DerLandtag entscheidet über die Höhe der Investitionskostenzuschüsse für die Krankenhäuser und die Landespolitik über dieKrankenhausplanung im Land.

Nach dem Ende der Neunziger-Jahre die Vermögenssteuer ersatzlos gestrichen wurde, fehlten den Ländern ca 4. Milliarden Euro Steuereinnahmen jährlich. Und nachdem den Krankenhäusern erlaubt wurde Gewinne zumachen und die bestehende Pflegepersonalregelung, also dieBerechnung, wie viel Pflegepersonal eingesetzt werden muss, abgeschafft wurde, kompensierten die Länder, auch Baden-Württemberg, die Steuerausfälle teilweise mit der schließlich fast Halbierung der Investitionszuschüsse. Die Krankenhausträger mussten den fehlenden Teil der Investitionskosten selbst übernehmen, was maßgeblich zum Stellenabbau führte. DIE LINKE fordert, dass die Investitionskosten wieder voll vom Land übernommen werden müssen.Das Land muss sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt wird.

Ergreift man keine Maßnahmen um Pflegende im Beruf zu halten oder sie wieder zurückzugewinnen ist auch eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung durch das Land gefährdet. Zwar findet im Moment kaum eine Planung statt, es geht vor allem um Abbau von Betten und Zentralisierungen.Überlässt man es aber dem Markt, also dem Stand wie viele Pflegefachkräfte noch zur Verfügung stehen, dann orientieren sich die Versorgungsangebote an diesem Stand und nicht am Bedarf. DIELINKE fordert daher Maßnahmen, die absichern, dass genügend Pflegekräfte zur Verfügung stehen um überhaupt eine Krankenhausplanung durchführen zu können und dann aber auch diesePlanung auf einen erhobenen Bedarf auszurichten.

Im Bundesrat muss sich das Land stark machen für ein rasches gesetzliches Personalbemessungssystem und deren Finanzierung, das ebenfalls am Bedarf ausgerichtet sein muss.

Sollte es nicht gelingen die Anzahl der im Krankenhaus eingesetzten Pflegefachkräfte zu erhöhen, sind langfristig auch die Arbeitsplätze anderer Berufsgruppen dort gefährdet, wenn die Versorgung auf Grund des Pflegemangels abgesenkt werden muss.