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Frage von Reiner S. •

Frage an Ulrike Rodust von Reiner S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Rodust,

ich bin seit fast 36 Jahren bei einem großen Verkehrsdienstleister in SH im Schichtbetrieb tätig und kann mir bei dieser körperlichen Belastung im Wechselschichtbetrieb nicht vorstellen bis zum Alter von 67 Jahren zu arbeiten.
Gibt es eine EU-Richtlinie oder einen ähnlichen Entwurf, welche Arbeitnehmer mit 35 Jahren ohne Abzüge in Ruhestand gehen läßt?
Meines Wissens können Italiener und Franzosen im Verkehrssektor diese Möglichkeit in Anspruch nehmen.
Welche Möglichkeiten sehen Sie zur Umsetzung solch einer Richtlinie? Wie stehen Sie persönlich dazu?

Mit freundlichem Gruß
Reiner Siemers

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Siemers,

herzlichen Dank für ihre Frage über Abgeordnetenwatch.
Ruhestandsregelungen obliegen jedem Mitgliedsstaat, hierzu gibt es keine EU-Verordnungen. Sie müssten sich bzgl. ihres Anliegens an "Berlin" wenden, Bundesarbeitsminister Olaf Scholz ist zuständig.

Die EU regelt im Arbeitsrecht grob gesagt die Rahmenbedingungen, das "wie" regeln die Mitgliedstaaten eigenverantwortlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die EU Staaten in Zukunft diese Souveränität aufgeben werden, dass es hierzu eine EU-Richtlinie geben wird.

Eine EU-Regelung die noch in der Pipeline ist zum Thema Renten, ist die "Richtlinie über die Mindestanforderungen für eine stärkere Mobilität von Arbeitnehmern durch Verbesserung des Erwerbs und Wahrung von Zusatzrentenansprüchen".

Ursprünglich lief die Richtlinie unter dem Stichwort "Portabilität" (Übertragbarkeit). Aber die Mitgliedstaaten wollten nicht, dass es generell möglich ist, Betriebsansprüche (= Zusatzrentenansprüche oder betriebliche Altersvorsorge) über die Grenzen hinweg von einem Betrieb in einen anderen mitzunehmen. So wurde die Portabilität gestrichen.

Stattdessen soll die EU nun nur Mindeststandards festlegen, und zwar unter anderem ab wann man Ansprüche geltend machen kann und wie lange man einzahlen muss, bis diese unverfallbar sind. Hier soll es europaweit gleiche Spielregeln geben.

Im Europäischen Parlament wurde schon im Juni 2007 in 1.Lesung abgestimmt. Der Ministerrat kann sich seitdem nicht einigen, was vor allem an Deutschland und den Niederlanden liegt. Auch die französische und tschechische Ratspräsidentschaft haben das Dossier nicht angerührt. Das heißt das Thema liegt zur Zeit "auf Eis". Als Sozialdemokraten wären wir mit dem portugiesischem Kompromiss einverstanden, d.h. 23 Jahre und 2 Jahre Unverfallbarkeitsfrist.

Von den Arbeitnehmern/innen wird immer mehr Mobilität und Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt verlangt. Aber immer mehr Beschäftigte, vor allem junge Leute, erhalten oft nur noch befristete Arbeitsverträge. Da ist es völlig unzeitgemäß, eine Regelung zu haben, wonach das Mindestalter um Betriebsrentenansprüche erwerben zu können, ab 01. Januar 2009 immer noch 25 Jahre betragen soll.

Auch wenn wir das Mindestalter damit von 30 auf 25 Jahre senken, ist die Altersschwelle im EU-Vergleich immer noch zu hoch. Und auch die Tatsache, dass die Unverfallbarkeitsfrist vor 3 Jahren von 10 auf 5 Jahre gesenkt wurde, reicht nicht aus.
Ich finde, man sollte nach wie vor fordern, dass das Mindestalter auf 23 Jahre zu senken ist und die Unverfallbarkeitsfrist von Ansprüchen auf 2 Jahre zu verkürzen ist.

Der Kompromiss für Mindeststandards bei Betriebsrenten ist im Ministerrat an Deutschland gescheitert. "Berlin" war nicht bereit, einem Mindestalter von 23 Jahren und einer Unverfallbarkeitsfrist von 2 Jahren zuzustimmen. Alle anderen Mitgliedstaaten hätten sich hierauf einigen können, die Niederlande wollten sogar noch weiter gehen.

Die EU regelt Mindeststandards im "Arbeitsrecht" vor allem wenn es um die gegenseitige Annerkennung und Ähnliches geht. Die konkrete Ausgestaltung von Ruhestandsregeln bestimmt nach wie vor jeden Staat hoheitlich und/oder wie in ihrem Fall der Betrieb durch interne Betriebsvereinbarungen zum Beispiel zu altersbedingter Teilzeit.

Herzliche Grüße,
Ihre Ulrike Rodust