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Thomas Hitschler
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Frage von Giuseppe D. •

Frage an Thomas Hitschler von Giuseppe D. bezüglich Recht

Der vorliegende Entwurf für die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes erfüllt mich mit großer Sorge. Es ist mir unerklärlich, wie von demokratischen Abgeordneten derart gravierende und weitreichende Ermächtigungen eines Bundesministeriums auch nur überhaupt in Betracht gezogen werden können. Haben Sie persönlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzesvorstoßes und wenn Ja, werden Sie, gemäß ihres Amtseides und ihrem Gewissen folgend, dagegen stimmen?

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Sehr geehrter Herr. D. L.,
vielen Dank für Ihre Frage. Über den Inhalt des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wird derzeit viel Unsinn verbreitet, was dazu führt, dass die Menschen in unserem Land unsere Demokratie in Gefahr sehen.
Dabei wird sich in der Regel auf den Inhalt des neuen §28a IfSG bezogen. Darin wird eine Reihe von „Besonderen Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2“ aufgeführt. Dabei handelt es sich aber nur um eine Präzisierung der bisher bestehenden Rechtslage. Die hier aufgeführten Maßnahmen waren schon vorher möglich. Durch die konkrete Liste grenzen wir den Umfang möglicher Maßnahmen dagegen sogar ein. Diese Maßnahmen sind zeitlich befristet und auf die Bekämpfung von SARS-CoV-2 beschränkt. Zudem sollen die Schutzmaßnahmen das jeweilige regionale Infektionsgeschehen berücksichtigten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Handlungsmöglichkeiten der Länder nach dem Infektionsschutzgesetz also nicht ausgeweitet, sondern präziser gefasst und damit insgesamt nachvollziehbarer.
Das Bundesgesundheitsministerium wird in der Tat im Gesetzentwurf an mehreren Stellen berechtigt, auch ohne Einbeziehung des Bundesrats Maßnahmen verordnen. Dazu gehört allerdings hauptsächlich das Erlassen von Verordnungen, wann welche wissenschaftliche Einrichtung Daten wohin weitergeben muss. Das Außenvorlassen des Bundesrats halte ich hierbei für nachvollziehbar, weil dieser nur einmal pro Monat tagt.
Die Bundesregierung wird zudem bevollmächtigt, durch Rechtsverordnung Einschränkungen der Reisefreiheit anzuordnen, wenn jemand aus einem Risikogebiet einreist. Das erstreckt sich aber nur auf zeitlich begrenzte Meldepflichten hinsichtlich Aufenthaltsort und ähnliche Maßnahmen.
Wichtig ist mir an dieser Stelle der Hinweis, dass dies, einschließlich der Maßnahmen, die ohne Zustimmung des Bundesrats möglich sein sollen, abhängig ist von der Feststellung einer epidemischen Lage durch den Bundestag. Diese Feststellung kann und wird das Parlament beenden, wenn es soweit ist. Es ist auch nicht richtig, dass durch dieses Gesetz entsprechende Schutzmaßnahmen automatisch verhängt würden. Es obliegt weiterhin den Bundesländern und zuständigen Behörden, notwendige Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV-2 Pandemie zu erlassen. §32 IfSG bleibt unangetastet.
Die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen, die unserer Gesellschaft viel abverlangen, werden nicht vom Bundesgesundheitsminister oder der Bundesregierung erlassen. Das liegt in der Verantwortung der Bundesländer. Mit dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz wollen wir den Ländern dafür eine besser ausgestaltete Rechtsgrundlage geben.
Die oben angesprochenen Präzisierungen und Einschränkungen der bisherigen Maßnahmen basieren im Übrigen auf einer Position der SPD-Bundestagsfraktion, die Sie unter https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/fraktionsbeschluss_rechtssicher_corona-krise_20201103.pdf nachlesen können.
Ich zweifle daher nicht an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs. Ungeachtet der Tatsache, dass Bundestagsabgeordnete gar keinen Amtseid leisten, werde ich daher meinem Gewissen folgen und dem Gesetzentwurf zustimmen.
Für weitere Fragen stehe ich gerne unter thomas.hitschler@bundestag.de zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Hitschler

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