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Ska Keller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas N. •

Frage an Ska Keller von Thomas N. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Keller,

danke, dass sie sich Zeit für meine Frage nehmen.

1. Im Zuge der Umstruktukturierung von Verbrennerfahrzeugen zu Elektromobilität hätte ich gerne gewußt, wo der ganze Strom herkommen soll, den Elektroautobesitzer hauptsächlich nachts nahezu gleichzeitig benötigen? Sind so viele Winkraftanlagen und Solarpanels überhaupt vorhanden?

2. Warum wird nicht auf Wasserstoffantrieb gesetzt, da diese Technologie erforscht ist und die notwendigen Ressourcen (Wasser/Sauerstoff) unbegrenzt zur Verfügung stehen und der Umwelt direkt wieder zur Verfügung gestellt werden?

3. Wie wird transparent, aus welchen Ländern die Rohstoffe für die Unmengen an Akkumulatoren herkommen? Mercedes schweigt zu diesem Thema. Fakt ist, dass der Bevölkerung aus den Ländern die Trinkwaserversorgung abgeschnitten wird.

VIelen Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Neblung

Ska Keller, Bild: Dominik Butzmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Neblung,

vielen Dank für Ihre Frage.

Elektromobilität ist ein wesentlicher Baustein für umweltfreundlichen Verkehr, denn E-Autos fahren abgasfrei, leise und oft auch günstiger als vergleichbare Verbrenner. Doch immer wieder werden Zweifel an der Umweltfreundlichkeit der Elektromobilität laut. Fakt ist: Beim Klimaschutz liegt das E-Auto schon heute vorne und kann seinen Vorteil mit mehr Ökostrom noch vergrößern. Auch die Rohstoffbilanz fällt immer besser aus. Damit E-Autos ihren Umweltvorteil voll ausspielen können, steht die Bundesregierung in der Pflicht. Wir brauchen ambitionierte Recyclingziele, müssen Unternehmen bei den Lieferketten in die Verantwortung nehmen und neuen Batterietypen mit besserer Rohstoffbilanz Vorfahrt geben.

Eine Untersuchung des ifeu-Instituts zeigt, dass das E-Auto deshalb in allen untersuchten Fällen über die gesamte Lebensdauer einen Klimavorteil gegenüber dem Verbrenner hat. Selbst wenn kein Ökostrom geladen wird, ist ein E-Auto nach 60.000 Kilometern Laufleistung klimafreundlicher als ein Benziner, ab 80.000 Kilometern klimafreundlicher als ein Diesel.
Dennoch stimmt, dass die Energiewende in Deutschland erlahmt ist. Während weltweit immer mehr in erneuerbare Energien investiert wird, sind in Deutschland 2015 die Investitionen im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent eingebrochen. Wir Grüne kämpfen für das Wiedererstarken der Energiewende. Wir streiten für die faire Verteilung von Kosten und Nutzen der Energiewende, wollen die Industrieausnahmen abschmelzen und dafür sorgen, dass jeder von günstigem Ökostrom profitieren kann. Mit zahlreichen Initiativen setzen wir uns im Europaparlament und im Bundestag für den Kohleausstieg und den Umstieg auf erneuerbare Energien im Strom-, Wärme- und Verkehrsbereich ein.

Wir begrüßen die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland. Doch er muss auch wirklich dem Klimaschutz dienen. Das geht nur mit mehr Ökostrom und einem schnelleren Ausbau der Erneuerbaren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss erhöht werden, denn nur grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien leistet einen Beitrag zum Klimaschutz. Mit grünem Wasserstoff können Emissionen nicht nur im Strombereich, sondern vor allem auch in der Industrie und im Verkehr gesenkt werden. Die Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung ist erst dann glaubwürdig, wenn erneuerbare Energien massiv ausgebaut werden. Davon ist bei dieser Regierung nach wie vor nichts zu sehen.
Beim Auto ist es absehbar, dass sich, was die alternativen Antriebe betrifft, die Elektromobilität durchsetzen wird. Denn sie ist schon heute verfügbar und besonders effizient. In anderen Bereichen, wie im Lkw-Verkehr oder in der Luftfahrt, wird sie kurzfristig keine Option sein. Hier brauchen wir Alternativen in Form von Wasserstoff sowie biogenen und synthetischen Kraftstoffen. Dazu hat die Bundestagsfraktion BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN eine Grüne Kraftstoffstrategie erstellt (https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-gruene-kraftstoffstrategie.pdf), mit dem Ziel, alternativen Kraftstoffe gezielt dort eingesetzt werden, wo sie am stärksten benötigt werden.

Oft wird behauptet, dass nicht genügend Rohstoffe für den Hochlauf der Elektromobilität zur Verfügung stehen. Eine Studie des Öko-Instituts (https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/Nachhaltige_Rohstoffversorgung_Elektromobilitaet/Agora_Verkehrswende_Synthesenpapier_WEB.pdf) zeigt aber, dass sie auch bei einem schnellen Wachstum der Elektromobilität ausreichend vorhanden sind. Dass genug Rohstoffe verfügbar sind, heißt aber nicht, dass sie übermäßig abgebaut werden sollten, denn der Abbau ist immer mit teils irreversiblen Eingriffen in Ökosysteme verbunden. Hoher Wasserverbrauch kann etwa lokale Landwirtschaft gefährden. Darüber hinaus ist insbesondere im Kleinbergbau die menschenrechtliche Situation problematisch. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene für besseren Menschenrechtsschutz und klare Nachhaltigkeitskriterien in Lieferketten einzusetzen. Sie muss vor allem ein Gesetz zur Verankerung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten für Unternehmen auf den Weg bringen, das auch Sanktionsmöglichkeiten und zivilrechtliche Klagemöglichkeiten für Geschädigte vorsieht. Auf UN-Ebene ist Deutschland gefragt, an der Erarbeitung eines rechtsverbindlichen Abkommens über Wirtschaft und Menschenrechte mitzuwirken.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Ska Keller

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