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Ralf Stegner
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Frage von Felix H. •

Im Anschluss an Thomas H.'s Frage v. 12.5.25: Sind seit d. Budapester Memorandum (1994), hybriden Angriff 2014 resp. 24.2.22 alle berechtigten Sicherheitsinteressen der Ukraine berücksichtigt worden?

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/ralf-stegner/fragen-antworten/sind-ihrer-meinung-nach-vor-dem-jahr-2022-alle-berechtigten-sicherheitsinteressen-russlands-seitens-des-westens

Frage an Sie im Anschluss an die obige Frage von Thomas H. v. 12.5.25 kurz nach Ihrer Privatreise zum Wiederaufleben des "Petersburger Dialogs" in Baku:

Sind Ihrer Meinung nach seit dem Budapester Memorandum (1994), dem hybriden, regionalen russ. Angriff 2014 ff. gegen die Ukraine und schließlich seit dem 24.2.22 alle berechtigten Sicherheitsinteressen der Ukraine seitens des Westens und der Garantiemächte hinter dem Budapester Memorandum berücksichtigt worden?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr H.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Meines Erachtens wurden die berechtigten Sicherheitsinteressen der Ukraine seit 1994 nicht in vollem Umfang berücksichtigt, weder durch den Westen noch durch die damaligen Garantiemächte. Das gilt für die Phase nach dem Abschluss des Memorandums ebenso wie für die Zeit seit der Annexion der Krim 2014 und erst recht seit dem völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine 24. Februar 2022.

Die Ukraine hat damals mit dem Verzicht auf das drittgrößte Atomwaffenarsenal der Welt einen historischen Vertrauensvorschuss geleistet – im Gegenzug für Zusicherungen zur Wahrung ihrer Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität. Doch genau diese Zusagen blieben ohne rechtsverbindlichen Charakter: Das Budapester Memorandum war fataler Weise kein völkerrechtlich bindender Vertrag, sondern nur eine politische Absichtserklärung. Der Minimalkonsens bestand darin, eine schnelle Lösung für die nukleare Abrüstung nach dem Ende der Sowjetunion zu finden – rechtlich verbindliche Beistandsverpflichtungen waren politisch nicht durchsetzbar.

Spätestens mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland 2014 wurden diese Zusagen gebrochen – ohne dass die Reaktion des Westens aus ukrainischer Sicht einer echten Sicherheitsgarantie gleichkam. Nach dem Beginn des großflächigen Angriffskriegs 2022 wurde die Ukraine zwar mit Waffenlieferungen, Sanktionen und politischer und finanzieller Solidarität unterstützt – aber das konnte den vorherigen Mangel an verlässlichen, durchsetzbaren Sicherheitsgarantien nicht rückwirkend kompensieren. Die damalige Zurückhaltung bis 2022 war sicher auch durch geopolitische Rücksichten und Angst vor Eskalationen geprägt – Rückblickend ist klar, dass Putin sich nicht an Vereinbarungen hält und das ein Vertrauen auf sein Wort ein klarer Fehler und die Maßnahmen des Westens unzureichend waren.

Was daraus zu schließen ist, ist das reine politische Absichtserklärungen nicht ausreichen, wenn sie nicht mit rechtlich verbindlichen Sicherheitsmechanismen und Konsequenzen hinterlegt sind. Das Budapester Memorandum war offensichtlich ein Stück internationaler Symbolpolitik, das im Ernstfall versagte – mit schwerwiegenden Folgen für die Ukraine, das Vertrauen in internationale Ordnung insgesamt und auch in Abrüstungszusagen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Stegner

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