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Olav Gutting
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Frage von Josef Z. •

Frage an Olav Gutting von Josef Z. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gutting!

Als erstes möchte ich Ihnen Grüße aus der Heimat übermitteln.

Ich hätte eine Frage zum Euro - Rettungsschirm.
Wie kann es sein, dass bestehendes EU - Recht gebeugt bzw. gebrochen wird um mit Vehemenz ein EU - Rettungsschirm durchgeboxt wird? Darf die Bundesregierung überhaupt bestehendes EU - Recht brechen?
Mir ist bewußt, dass die Regierung den Gang nach Canossa antreten musste, weil manchmal Dinge eben getan werden müssen.

Ich bedanke mich für Ihre Mühe bei der Beantwortung und verbleibe mit

freundlichen Grüßen
Josef Zollt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Zollt,

besten Dank für Ihre Mail vom 8. dieses Monats, in der Sie über das Portal „Abgeordnetenwatch“ nach den rechtlichen Grundlagen für den EU-Rettungsschirm fragen.

Die anhaltende Krise an den Finanzmärkten und die Gefahr ihrer weiteren Ausbreitung haben Mitte Mai ein erneutes, rasches politisches Handeln erforderlich gemacht. Um zu verhindern, dass sich die finanzielle Situation einer Reihe von Euro - Staaten weiter verschärft, haben wir in einer Sondersitzung ein weiteres Rettungspaket für die Finanzmärkte auf der Basis der EU - Vereinbarungen beraten und auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit unseren Partnern hat die Bundesregierung auf dem Rat der Europäischen Union am 10. Mai beschlossen, einen Rettungsschirm für den Euro aufzuspannen. Wir tun dies aus wohlverstandenem nationalen Interesse heraus. Eine weitere Eskalation der Krise hätte nicht nur die Zahlungsfähigkeit einer Reihe von Staaten, sondern den Fortbestand der gesamten Währungsunion und damit die Stabilität unserer Währung gefährdet.
Künftig soll es deshalb möglich sein, Euro-Staaten finanziellen Beistand zu gewähren, wenn diese durch außergewöhnliche Ereignisse ernstlich von der Zahlungsunfähigkeit bedroht sind. In dieser Absicht soll die Europäische Union Finanzmittel im Volumen von bis zu 60 Mrd. Euro bereitstellen und eine Stabilitätsgemeinschaft entstehen, die zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit Kredite im Umfang von bis zu 440 Mrd. Euro gewähren kann. Darüber hinaus wird sich auch der Internationale Währungsfonds mit 220 Mrd. Euro am Rettungsschirm für den Euro beteiligen. Die Kredite der Stabilitätsgemeinschaft werden durch die teilnehmenden Euro-Staaten garantiert. Auf Deutschland entfällt damit ein maximaler Garantieanteil von 123 Mrd. Euro, der im äußersten Notfall durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages um bis zu 20 % erhöht werden kann. Voraussetzung für die Übernahme der Gewährleistung ist sowohl ein einvernehmlicher Beschluss aller Euro-Staaten als auch ein umfassendes Konsolidierungsprogramm, das der betroffene Staat zuvor mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Kommission unter Mitwirkung der Europäischen Zentralbank vereinbart haben muss.

Am 7.6.2010 haben sich Euro-Finanzminister auf den EU- Rettungsschirm geeinigt. Hierfür wurde die Gründung einer Finanzgesellschaft nach luxemburgischen Recht beschlossen. Dabei sollen 500 Milliarden die Europäer beitragen, 250 entfallen auf den Internationalen Währungsfonds (IWF).

Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur Rechtmäßigkeit des Rettungspakets anfügen:

Mit der Diskussion über die Einführung des EU-Rettungsschirms wurde gleichzeitig auch eine Debatte über die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Vorgehens in Gang gesetzt. Von einigen Staats- und Völkerrechtlern wurden Bedenken vorgebracht, ob die EU-Verträge eine solche Maßnahme überhaupt zulassen So hat der Völker- und Europarechtler Ralph Alexander Lorz sich für die Zulässigkeit der Rettungsmaßnahmen eingesetzt. Seine These: Der Rettungsschirm ist in allen Aspekten von europäischem Recht gedeckt - die Verantwortung liege allein bei den Politikern und damit "dort, wo sie hingehört".

So seien freiwillige Hilfen durch die No-Bailout-Klausel nicht ausgeschlossen. Nach der Vorschrift treten die Staaten der Euro-Zone nicht für die Schulden von einem Mitglied ein. Doch wenn dadurch freiwillige Kredite ausgeschlossen würden, hieße das laut Lorz, dass "Deutschland jedem Staat der Welt (…) Kredite und andere finanzielle Hilfen gewähren könnte" - nur nicht Partnern, "mit denen es am engsten verbunden ist und von deren Wohlergehen es am meisten abhängt".

Ich hoffe, mit meinen Ausführungen zur Klärung des von Ihnen vorgetragenen Sachverhalts beigetragen zu haben, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Olav Gutting, MdB

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