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Michael Hennrich
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Frage von R. S. •

Frage an Michael Hennrich von R. S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Henrich,

Sie kandidieren in meinem Wahlkreis als Kandidat der CDU zur Bundestagswahl 2017.
Ich befasse mich intensiv mit den Meinungen der Kandidaten. Daher eine Frage an Sie:
Würden Sie mir bitte Ihre Ablehnung zur Frage "Die Öffentlichkeit muss bei Verhandlungen zu Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA stärker beteiligt werden" genauer begründen? Ihre Antwort auf die Frage überzeugt mich noch
nicht.
Ist es nicht so dass TTIP und CETA an den Parlamenten vorbei verhandelt wurden? Ab wann hatten Sie als Abgeordneter inhaltliche Kenntnis von TTIP und CETA? Stimmen Sie zu, dass Unternehmen und Konzerne einzelne Staaten und damit deren gewählte Regierungen vor Schiedsgerichten verklagen können? Und ist es nicht genau anders herum, dass Geheimverhandlungen Raum schaffen für (gezielte) Desinformation und daher eine Offenheit von Vorteil ist? Die Antwort auf diese Frage hat für mich einen sehr hohen Stellungswert, ich freue mich daher über Ihre Antwort.

Viele Grüße aus Filderstadt

R. S.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Herr Saarschmidt,

vielen Dank für Ihre Nachfrage zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei der
Verhandlung von Freihandelsabkommen. Die Europäische Union und
Deutschland profitieren in hohem Maße von international frei handelbaren
Gütern und Dienstleistungen sowie von grenzüberschreitenden
Investitionen. Die EU ist der weltweit größte Exporteur und Importeur
von Waren und Dienstleistungen sowie einer der wichtigsten Investoren
und Empfänger von Investitionen. Ihr Handelsvolumen mit dem
Nicht-EU-Ausland hat sich allein zwischen 1999 und 2010 verdoppelt.
Deutschland als größte Volkswirtschaft in der EU und drittgrößter
Exporteur weltweit profitiert von dieser Entwicklung in besonderem Maße.
Der Anteil der Exporte am deutschen Bruttoinlandsprodukt („Exportquote“)
liegt bei rund 50 Prozent. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt in
Deutschland unmittelbar am Export. Gerade von den kleinen und mittleren
Unternehmen sind 58 Prozent im Exportgeschäft tätig.

Gerne nehme ich Stellung zur Frage, wieso ich der Auffassung bin, dass
wir keine noch weitergehende Öffentlichkeitsbeteiligung bei den
Verhandlungen zu Freihandelsabkommen brauchen. Aus meiner Erfahrung als
Parlamentarier kenne ich eine Vielzahl von Verhandlungen, die im
Ergebnis in Gesetzen münden. So auch bei internationalen Abkommen, wie
z.B. Freihandelsabkommen, zu denen Deutschland erst durch ein öffentlich
in drei Lesungen im Bundestag diskutiertes Gesetz beitreten kann. Dass
nicht jeder noch so kleine Zwischenschritt und sogar jede Diskussion
"live" publiziert wird, halte ich für sehr sachgerecht. Viel zu oft
kommt es zu öffentlicher Empörung über Dinge, die vielleicht sogar nur
in einem Nebensatz erwähnt wurden, realistisch aber niemals eine Chance
hatten, in einem Gesetz umgesetzt zu werden - solche Entwicklungen
können zu Unrecht gute Projekte diskreditieren. Insgesamt möchte ich
nicht, dass diese Themen mit Populismus und Demagogie aufgeladen werden.
Für vereinfachte Darstellungen sind die Sachverhalte viel zu komplex.
Eine qualifizierte öffentliche Diskussion kann insbesondere bei TTIP
gleichwohl auf hohem Niveau stattfinden, da die EU aktuelle Sachstände
unter www.ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm
veröffentlicht. Überdies haben die EU-Kommission und auch die
Bundesregierung einen breit angelegten Dialog mit der Wirtschaft, den
Parlamenten, Gewerkschaften, Forschungseinrichtungen und
Nicht-Regierungsorganisationen aus dem Bereich des Umwelt- und
Verbraucherschutzes initiiert.

Bei internationalen Schiedsgerichten in Handelsfragen geht es um die
Schaffung gemeinsamer Standards im Recht. Wir brauchen dafür
transparente, faire und wirksame Verfahrensregeln. Außerdem müssen bei
der Besetzung dieser Schiedsgerichte Unparteilichkeit und Gerechtigkeit
Priorität haben. So werden Schiedsgerichte im gegenseitigen Einvernehmen
besetzt. Jüngst gab es z.B. vor dem Schiedsgericht in Washington (ICSID)
mehrere Klagen von europäischen Ökostrom-Unternehmen gegen Spanien und
Tschechien wegen der Kürzung der dortigen Ökostromförderung. Und sicher
wird niemand in diesem Zusammenhang behaupten wollen, dass etwa die
Stadtwerke München (die zu den Klägern in Washington gehören), damit
gegen die demokratische Regierung Spaniens vorgehen würden, es geht
vielmehr darum, verlässliches Regierungshandeln einzufordern.

Insofern hoffe ich, dass ich Ihnen Ihre Sorge um die Öffentlichkeit der
Verhandlungen von Freihandelsabkommen sowie die rechtstaatlichen
Standards etwas nehmen konnte und darf auch noch kurz drauf hinweisen,
dass die Verhandlungen zu TTIP seit dem Amtsantritt von US-Präsident
Donald Trump de facto auf Eis liegen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Hennrich MdB