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Metin Hakverdi
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Metin Hakverdi von Gerhard R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Hakverdi,

es geht um die Beweislast für Anwaltshaftung.

Die Beweislast, dass tatsächlich ein Schaden aufgrund einer anwaltlichen Pflichtverletzung eingetreten ist, liegt auf Seiten des Geschädigten. Dies bedeutet, dass der Mandant, welcher Schadensersatzansprüche gegenüber seinem Anwalt geltend machen möchte, im Anwaltshaftungsprozess sämtliche Tatsachen beweisen muss, die diese Schadensersatzansprüche rechtfertigen.

Aus Gesprächen im Bekanntenkreis ein Beispiel:
Wenn eine Anwältin die Frist für die Einlegung einer Berufung versäumt, muss der geschädigte Mandant beweisen(!), dass in der Berufung ein besseres Ergebnis erzielt worden wäre – das kann niemand! Die Folge: Die Berufshaftpflichtversicherung der Anwältin verweigert eine Entschädigung. Die Anwältin wird sich nicht anders verhalten. Ergebnis: Abgeordnete haben die gesetzliche Voraussetzung dafür geschaffen, dass meist den sogen. Kleinen Leuten eine Entschädigung vorenthalten wird.

Haben die Abgeordneten bei der Verabschiedung der Gesetze für die Anwaltshaftung Folgen dieser Art in Kauf genommen und ist dieses Verhalten mit dem Grundgesetz(Verbot der Benachteiligung von Gruppen) vereinbar? Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Versicherungslobbyisten und Parteispenden?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

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Sehr geehrter Herr Reth,

tatsächlich ist die Haftung von Anwälten ein - im Gegensatz zur Ärztehaftung - kaum diskutiertes Thema, obwohl sie sehr viele Spannungsfelder aufwirft. Ich finde Ihre Frage deswegen nachvollziehbar.

Dass ein Schaden nachgewiesen werden muss, es also quasi zu beweisen gilt, dass bei einem pflichtgemäßen Alternativverhalten der Schaden nicht eingetreten wäre und der Schaden wirklich mit der Pflichtverletzung in Verbindung steht, hat jedoch nichts mit Parteispenden oder Lobbyisten zu tun, sondern ist vielmehr der innerste Kern des deutsches Zivilrechts. Insofern weicht die Beweislastregel bei der Haftung für Anwälte nicht von den Beweislastregeln bei Haftungsansprüchen anderer Berufsstände ab. Im Jura-Studium wird oft „der Sanktionsgedanke liegt dem Bürgerlichen Gesetzbuch fern“ gesagt, was weniger blumig formuliert, schlicht meint: Beim Schadensersatz oder sonstigen Forderungen aus Vertragspflichten geht es nicht darum, für die Pflichtverletzung jemanden zu sanktionieren ( dafür ist ggf. das Strafrecht da).

Ziel ist es, den Kläger so stellen, als wäre dieser Vertragsbruch nicht eingetreten. Das hat nun nichts mit der Anwaltshaftung zu tun, sondern ist der allgemeine Schadenersatzanspruch. Genau aus diesem Grund muss dargestellt werden, dass es eine Pflichtverletzung gibt, einen Schaden und dass beides auch miteinander zusammenhängt.

Was genau die Pflichten des Anwalts sind, hängt einerseits mit allgemeinen Sorgfaltspflichten zusammen, aber eben zu einem ganz erheblichen Teil auch mit dem zwischen Mandanten und Anwalt individuell geschlossenen Anwaltsvertrag. (Deswegen kann ich Ihnen, obwohl ich selbst lange als Anwalt tätig war, leider zur Rechtmäßigkeit von einzelnen Fällen, wie den von Ihnen genannten, nichts sagen.)

Es gibt also in dem Sinne kein bestimmtes Gesetz, welches ausdrücklich Anwälte schützt. Es ist vielmehr der normale Verlauf einer Klage auf Schadensersatz, der die Haftung bestimmt. Also egal ob Tischler, Anwalt oder Einzelkaufmann, es müssen die gleichen Voraussetzungen vorliegen und bewiesen werden. Das kann dazu führen, dass der sog. kleine Mann in einigen Situationen doch keinen Anspruch hat, es kann ihn aber auch genauso gut vor anderen Klagen schützen, wenn er mal gegen eine Vertragspflicht verstößt.

Selbstverständlich bemühe ich mich, gerade als Mitglied im Rechtsausschuss, darauf zu achten, ob sich in bestimmten Feldern enorm unverhältnismäßige Entwicklungen abzeichnen, um dann dort Lösungen zu suchen. Doch auch wenn einzelne Urteile eher ungerecht erscheinen mögen, so verhält es sich bislang mit der Anwaltshaftung generell nicht anders als mit der Haftung anderer Berufsstände. Tatsächlich gab es in den letzten Jahren durch Richterspruch immer mal wieder Entscheidungen, die eher mandantenschützend waren, insbesondere bezüglich Falschberatungen.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Metin Hakverdi

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