Kandidat mit eher kurzen Haaren, Brille und einem freundlichen Lächeln. Unter dem dunkelblauen Jacket trägt er ein hellblaues Shirt.
Mathias Schulz
SPD
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Frage von Christian A. •

Können Sie bitte »unverzüglich« die Planung zur Bebauung des Tempelhofer Feldes stoppen?

Zum einen gab es bereits einen Volksentscheid dazu, der sich für einen Erhalt des Tempelhofer Feldes ausgesprochen hat. Zum anderen gibt es so viele andere Möglichkeiten für die Schaffung neuen Wohnraums: Leerstand, illegale Vermietung als Ferienwohnung, bereits ausgewiesenes Bauland an anderer Stelle. Von der klimatischen Bedeutung von Grünflächen in einer Großstadt will ich gar nicht erst anfangen.

Kandidat mit eher kurzen Haaren, Brille und einem freundlichen Lächeln. Unter dem dunkelblauen Jacket trägt er ein hellblaues Shirt.
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement bezüglich des Tempelhofer Feldes. Ich möchte gerne auf Ihre Punkte eingehen.

Das wichtigste zuerst: Als Koalition erwägen wir ein behutsame und klimagerechte Randbebauung des Tempelhofer Feldes. Mein Fokus liegt dabei klar auf bezahlbarem Wohnraum durch unsere landeseigenen Unternehmen und gemeinwohlorientierte Genossenschaften. Die komplette Fläche steht im Eigentum des Landes Berlin - Landeseigentum muss Landeseigentum bleiben.

Nun zu Ihrer Nachricht: Es ist richtig, dass sich vor 10 Jahren eine Mehrheit der an dieser Abstimmung teilnehmenden Berliner*innen im Rahmen eines Volksentscheides gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes entschieden hat. Allerdings haben sich die Verhältnisse in unserer Stadt in dieser Zeit auch drastisch verändert. In den letzten 10 Jahren haben sich die Mieten in Berlin fast verdoppelt, und der marktaktive Leerstand hat sich um das zehnfache verkleinert und liegt nun bei 0,3 Prozent. Das heißt, es gibt fast keinen Wohnraum, der zur Verfügung steht; und wenn doch, dann ist dieser mit aller Wahrscheinlichkeit nicht bezahlbar. Die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist heute extrem ernst. Wenn sich Verhältnisse ändern, müssen Gesetze, ob sie durch einen Volksentscheid oder im Parlament entstanden sind, auch reformiert werden können. Das ist ein ganz normaler demokratischer Vorgang. Als Koalition sehen wir in Anbetracht dieser veränderten Verhältnisse den Bedarf, eine neue Debatte um die Randbebauung des Feldes zu initiieren. Wir stellen einen Ideenwettbewerb mit Bürger*innenbeteiligung auf die Beine und lassen dann die Berliner*innen mitentscheiden, wie die Zukunft des Feldes aussehen soll.

Für den weiteren Kontext: Um den Berliner Wohnungsmarkt zu entspannen brauchen wir Stand heute bis 2040 bis zu 220.000 neue Wohnungen. Inklusive einer Vorsorge bei weiter steigendem Bevölkerungswachstum - das in der Vergangenheit die Prognosen oft überstieg - sogar bis zu 272.000 Wohnungen. In den letzten 10 Jahren haben wir 150.000 gebaut. Aktuell setzten wir alles daran diese Prozesse deutlich zu beschleunigen. Denn: Neubau ist eines der wichtigsten Instrumente, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Ich gebe Ihnen Recht, dass es viele Instrumente gibt um der aktuellen Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt entgegenzuwirken. Meiner Meinung nach müssen wir dafür alle Instrumente in Erwägung ziehen und mehrere zeitgleich anwenden. Das tun wir auch. Leerstand müssen Land und vor allem die Bezirke weiterhin entgegenwirken. Gegen illegale Ferienwohnungen können die Bezirksämter seit dem letzten Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgericht von September 2023 noch stärker vorgehen. Hier könnten über die bisher zurückgeführten knapp 25.000 Wohnungen weitere einige Tausend Wohnungen wieder dem Markt zugeführt werden. Es bleibt aber abzuwarten, wie weitere Gerichtsverfahren zu diesem Fall verlaufen.

Laut dem Entwurf des Stadtentwicklungsplans Wohnen 2040 gibt es in der ganzen Stadt ausgewiesene Bauflächen für bis zu 220.000 Wohnungen. Diese befinden sich zu sehr erheblichen Teil in den Außenbezirken und oft auch in privater Hand. Bis auf diesen Flächen tatsächlich gebaut werden kann, müssen viele Schritte gegangen werden. Ich halte es in diesem Kontext für falsch, den Druck auf die Bebauung von Hinterhöfen, kleineren Grünflächen und ähnlichen öffentlichen Räumen (u.a. in bereits heute hoch verdichteten Gebieten) für den Bau neuer Wohnungen durch den Verzicht auf die Bebauung größerer Flächen in der Stadt weiter zu erhöhen. Das sind wichtige, wenn auch ggf. kleine, Flächen in denen die Stadt und ihre Bewohner*innen durchatmen können. Deswegen macht es in meinen Augen Sinn behutsam, klar abgesteckte Flächen am Rande des Tempelhofer Feldes für den Bau neuer, bezahlbarer Wohnungen nutzbar zu machen.

Abschließend noch ein Ausblick: Der in diesem Jahr von der Koalition eingeleitete Prozess der Bürgerwerkstätten und des Ideenwettbewerbs soll in einem sehr beteiligungsorientierten Verfahren die Möglichkeiten einer künftigen Entwicklung erarbeiten, also das „Wie” einer behutsamen Randbebauung. Über das „Ob” der Bebauung wird im Anschluss daran entschieden und hier sollen die Berliner*innen das letzte Wort haben.

Mit freundlichen Grüßen

Mathias Schulz

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