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Marcel Emmerich
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Frage von Heike M. •

Wieso bewerten Sie diplomatische Beziehungen zur Taliban-Regierung als inakzeptabel, hingegen nicht diplomatische Beziehungen zur ebenso demokratie- und menschenrechtsverletzenden Regierung Chinas?

Sehr geehrter Herr Emmerich, die dpa zitiert Sie heute mit scharfer Kritik an den geplanten Verhandlungen der Bundesregierung mit der undemokratischen Regierung in Kabul. Wie bewerten Sie die deutschen Beziehungen zu China, von denen ein Experte feststellt, dass dessen Regierungchef der größte Diktator und mächtigste Mann der Welt ist: "... Xi Jinping nutzt das ganze Besteck eines Diktators: Einerseits die immer weiter verfeinerten elektronischen Mittel, die China zu einer "digitalen Diktatur" machen, aber auch eher konventionelle Methoden. Wer nicht spurt, darf nicht ins Ausland reisen, sein wirtschaftlicher Erfolg ist gefährdet und manche verschwinden zur Umerziehung. Dazu herrscht ein gewaltiger Personenkult um Xi Jinping. Erstaunlich ist, dass die Chinesen nicht aufbegehren, was zum Teil an dem nicht zu leugnenden wirtschaftlichen Erfolg Chinas liegt. Vom rasanten Machtzuwachs Chinas auf der Welt noch ganz zu schweigen." Quelle: https://kurzlinks.de/q32r

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrte Frau M.

vielen Dank für Ihre Frage.
Meine Partei und ich kritisieren schon lange die Menschenrechtsverletzungen des Taliban-Regimes in Afghanistan und ebenso, wie von Ihnen angesprochen, die indirekte Kontaktaufnahme der aktuellen Bundesregierung. 

In Afghanistan werden Frauen entrechtet, Oppositionelle foltert und systematisch Gewalt eingesetzt.  

Ein Großteil meiner Kritik dreht sich dabei vor allem auch darum, dass die Bundesregierung ihre Zusagen hält und die besonders schutzbedürftigen Personen, u.a. ehemalige Ortskräfte, aus Pakistan nach Deutschland ausreisen lässt, besonders diejenigen, die bereits eine rechtlich verbindliche Aufnahmezusage erhalten haben. 

Die Kritik an der Taliban mit der an anderen Regierungen wie China zu vergleichen, halte ich dabei für nicht zielführend. Es ändert inhaltlich nichts, die Kritik bleibt dieselbe.  

Auch kritisieren wir den Umgang mit Minderheiten und Oppositionellen in China regelmäßig. Wir machen beispielsweise auf die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Xinjiang-Region aufmerksam und haben uns mit der Demokratie Bewegung in Hong-Kong solidarisiert. 

Als Annalena Baerbock noch im Amt war, hat sie auch bei Staatsbesuchen in China Kritik an der Menschenrechtsituation zum Ausdruck gebracht. Dafür wurde sie sowohl dort als auch in Deutschland stark kritisiert.  

Im Umgang mit den Taliban sollte man einen Unterschied jedoch durchaus machen. Die Taliban sind ein ehemaliger Kriegsgegner unserer Bundeswehr. Die Bundesregierung erkennt die De-facto-Regierung der Taliban politisch nicht als legitime Regierung Afghanistans an. Die deutsche Botschaft Kabul ist seit dem 15. August 2021 bis auf Weiteres geschlossen. 

Die diplomatischen Beziehungen von Deutschland zu China und Afghanistan sind grundlegend also sehr verschieden.  

 

Mit freundlichen Grüßen 

Marcel Emmerich  

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