Portrait von Konstantin von Notz
Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Horst F. •

Wie stehen Sie zum Thema Tempo 30 in Wohngebieten , z.B. Möllner Landstr. in Glinde ab Kreisverkehr

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Fleischer,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit als Ihr Wahlkreisabgeordneter. Über beides habe ich mich sehr gefreut.

Eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit vermindert die Gefahren schwerer Unfälle mit erheblichen und mitunter tödlichen Unfallfolgen und erhöht das Sicherheitsempfinden aller Verkehrsteilnehmer.

Tempolimits unterstützen einen gleichmäßigen Verkehrsfluss, befördern ein stress- und angstfreies Fahren und vermindern den Energieverbrauch und Abgasemissionen enorm. Alle europäischen Staaten praktizieren längst eine allgemeine Höchstgeschwindigkeit auf ihren Autobahnen.
Deutschland hingegen stellt eine europaweit seltsame, aus der Zeit fallende Ausnahme dar.

Ich begrüße, dass mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR), einem Verein mit über 200 Mitgliederorganisationen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen (u. a. ADAC, ADFC, AOK, BMW, Bundeselternrat, BDO, Daimler, DEKRA, Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, Deutsche Polizeigewerkschaft, Deutsche Verkehrswacht, Deutscher Kinderschutzbund, Deutscher Verkehrsgerichtstag, Gewerkschaft der Polizei, GDV, Malteser Hilfsdienst u.v.m.), der sich für die Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer einsetzt, ein unabhängiger Kompetenzträger in Belangen der Straßenverkehrssicherheit für die Einführung einer generellen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf allen Bundesautobahnen eintritt. Dieser Positionierung des DVR gingen umfassende Expertenanhörungen im Bundestag voraus.

Das Ziel einer modernen, ressourcenschonenden Mobilitätspolitik müssen sichere Wege für alle sein. Die Bundesregierung hatte sich 2011 das Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent zu senken. Von den Zielen der „Vision Zero“ – Null Verkehrstote im Straßenverkehr – ist Deutschland jedoch leider weit entfernt. Die Zahl der Verkehrstoten geht seit Jahren nicht mehr signifikant zurück, vielmehr stagniert die Zahl der Schwerverletzten auf hohem Niveau. Die deutliche Mehrheit der Menschen ist nicht länger bereit, so viele Verkehrstote und extreme Gefährdungen im Straßenverkehr hinzunehmen. Doch leider blockiert die Bundesregierung weiter, wo es nur geht.

Das Zurückrudern von Bundesverkehrsminister Scheuer, der die vor einigen Monaten in Aussicht gestellten Anpassungen des Bußgeldkataloges zurückgenommen hat, stellt die Gleichgültigkeit der Bundesregierung in der Verkehrssicherheitspolitik noch einmal überdeutlich heraus. Es ist grotesk, wenn die Bundesregierung wirksamere Sanktionen als unverhältnismäßig hinstellt, für ihre Abschwächung eintritt und das Bewusstsein dafür, dass angepasste Geschwindigkeiten und ein StVO-konformes Verkehrsverhalten unbedingt erforderlich sind, schwächt. Wer in einer Temp-30-Zone, wo vermehrt Kinder zu Fuß unterwegs sein können, sein Fahrzeug mit stark überhöhter Geschwindigkeit bewegt, missachtet die Verkehrsregeln und nimmt eine massive Gefährdung Schwächerer in Kauf.

Eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Autobahnen, Landstraßen sowie innerorts kann in vielen Bereichen für dringend benötigte Verbesserungen sorgen. Innerorts sind Fußgängerinnen und Fußgänger und Radfahrende durch zu schnellen Kfz-Verkehr besonders gefährdet. Diese Gruppen machen einen Großteil der Getöteten und Schwerverletzten aus. Entscheidend für die Verkehrssicherheit ist hier, dass Geschwindigkeitsvorschriften eingehalten werden. Tempo 30 etwa bewirkt, dass bei Kollisionen die Aufprallenergie auf jeden Fall geringer ist beziehungsweise viele Unfälle gar nicht erst stattfinden, weil Reaktions- und Bremswege sich deutlich verkürzen.

In einem vor gut einem Jahr in den Bundestag eingebrachten Antrag fordern meine Fraktion und ich nicht nur zum 1. Januar 2021 die Einführung einer generellen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf allen Bundesautobahnen einzuführen, darüber hinaus fordern wir auf zweispurigen Landstraßen die generelle Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h und auf allen innerörtlichen Straßen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit festzulegen und den Kommunen die Entscheidungsfreiheit einzuräumen, die Geschwindigkeit streckenweise zu erhöhen, wo hierdurch keine zusätzliche Gefährdung entsteht.

Beste Grüße nach Glinde!
Konstantin v. Notz

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