Was bedeutet es für die politische Kultur in Deutschland, wenn sich demokratische Kräfte nicht auf eine qualifizierte Richterin einigen können nur weil sie in einem Punkt nicht übereinstimmen?
Ich stelle diese Frage nicht als Juristin, sondern als Demokratin, Feministin und Bürgerin, die sich fragt, was uns eigentlich noch verbindet. Wenn eine hochqualifizierte Frau nicht gewählt wird, weil es in einem gesellschaftspolitischen Punkt Meinungsunterschiede gibt, was sagt das über unseren Zustand aus? Warum gelingt es nicht mehr, Gemeinsamkeit vor Differenz zu stellen, Respekt vor Polarisierung? Ich sehe in der Ablehnung von Prof. Brosius-Gersdorf kein Zeichen von Haltung, sondern ein politisches Versäumnis.
Wir brauchen starke, unabhängige Frauen in den höchsten Ämtern, auch solche, die unbequem sind. Gerade in Zeiten, in denen autoritäre Stimmen lauter werden, wünsche ich mir mehr Standfestigkeit unter Demokrat:innen und weniger Angst vor Empörung.

Sehr geehrte Frau S.,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht, die mich über abgeordentenwatch erreicht hat. Gerne nehme ich dazu Stellung.
Die Kommunikation rund um die Richterwahl war sehr unglücklich und muss auch von unserer Seite dringend aufgearbeitet werden.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihre Sorgen und die vielen kritischen Zuschriften, die mich sowohl contra und vereinzelt auch pro Frau Prof. Brosius-Gersdorf erreicht haben, ernst nehme. Allerdings sehe ich als Christin, CSU-Mitglied und Landesvorsitzende von DONUM VITAE in Bayern insbesondere die Positionierungen von Frau Prof. Brosius-Gersdorf zur Frage des Lebensschutzes und zu § 218 StGB sehr kritisch.
Mir ist wichtig, dass wir gemeinsam dafür einstehen, dass Vernunft, Maß und Anstand den politischen Diskurs weiterhin bestimmen. Die Fraktionsführung wird den Sommer nutzen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen, insbesondere mit Blick auf die künftige Zusammenarbeit - in unserer Fraktion und zwischen den Koalitionsfraktionen.
Herzliche Grüße
Katrin Staffler