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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Marco H. •

Frage an Katharina Dröge von Marco H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Dröge,

es wird immer wieder behauptet, dass die großen Vermögensverwalter wie z.B. BlackRock, Vanguard oder State Street lediglich treuhänderisch tätig wären und nur die Einlagen ihrer Kunden verwalten würden.
Zusammen kommen die drei genannten auf ein verwaltetes Vermögen i.H.v. ca. 15 Billionen US Dollar. Die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik lag in 2019 im Vergleich bei ca. 3,45 Billionen Euro.

Diese drei o.g. Unternehmen muss man des weiteren zu den sog. "Schattenbanken" zählen. Der Finanzstabilitätsrat (FSB) definiert Schattenbanken als ein "System der Kreditvermittlung, an dem Unternehmen und Tätigkeiten (ganz oder teilweise) außerhalb des regulären Bankensystems beteiligt sind".

Nun können viele darin ein erhebliches Problem für die Finanz- und Wirtschaftsstabilität ganzer Volkswirtschaften und Währungsräume erkennen, die dringend in einem angemessenen Maße reguliert werden sollten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil bspw. der CEO von BlackRock Larry Fink aber auch andere wie z.B. Friedrich Merz, die Privatisierung deutscher und europäischer Renten einfordern - sprich - Sparer sollen idealerweise per Gesetz dazu gezwungen werden, Löhne und Gehälter in fondsbasierte Papiere bzw. ganz allgemein am Kapitalmarkt anzulegen und sich damit einem erheblichen Risiko aussetzen. Wer von einem solchen System profitiert, liegt auf der Hand.

Mich interessiert nun Ihre Haltung und die Ihrer Fraktion zu diesen sog. Schattenbanken/Vermögensverwaltern. Halten Sie es für sinnvoll, diese stärker zu regulieren und deren Macht, die sie zweifellos besitzen, politisch einzudämmen oder sind dem Gesetzgeber dbzgl. die Hände gebunden, weil deren "Lobbypower" zu massiv geworden ist, ich denke da insbesondere an die EU, als dass man diese Unternehmen per Gesetz einfangen könnte? Stimmen Sie denen zu, die in solchen Unternehmen systemische Risiken erkennen und wie könnte man diese Risiken verträglich minimieren?

Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heit,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Wir betrachten die massive Machtkonzentration, die sich bei einzelnen Akteuren des Finanzsektor bildet - zuvorderst sind hier die drei großen Finanzkonzerne BlackRock, Vanguard und State Street zu nennen - äußerst kritisch.

Der Kapitalzufluss und das verwaltete Vermögen dieser Unternehmen sind dermaßen groß, dass diese Unternehmen bei vielen Aktienindizes zu den größten Anteilseignern geworden sind. Mit den vielen Stimmrechten, die sie für die verwalteten Vermögen wahrnehmen können sie bei den jeweiligen Hauptversammlungen entsprechend formalen Einfluss ausüben. Ihre Größe erlaubt ihnen direkten Zugang zum Management vieler Firmen. Durch Beteiligung und Einfluss in praktisch allen großen gelisteten Unternehmen ergeben sich auch Gefahren für den marktwirtschaftlichen Wettbewerb.

Neben der Machtkonzentration im Markt sind auch die Lobbypower und Interessenkonflikte dieser großen Finanzkonzerne besorgniserregend. Wenn z.B. BlackRock Investor und Regierungsberater zugleich ist, ist das problematisch. Hier ist die Rolle von BlackRock bei EU Beratungen zur Sustainable Finance Agenda ein Beispiel. Die Beauftragung von BlackRock als Berater für die Integration von ESG-Faktoren in die Bankenregulierung könnte den ambitionierten Plan den Finanzsektor nachhaltiger zu gestalten deutlich schaden, da BlackRock fundamentale Säulen der Regulierung ablehnt. BlackRock ist hier eindeutig Richter und Jury in dieser Frage. Dies hat die Grüne Fraktion im Europaparlament scharf kritisiert und der Ombudsfrau der EU vorgelegt. Auch die Beratungsmandate für die Europäische Zentralbank (EZB) etwa während der Griechenland-Krise 2012 oder die Beteiligung an Bankenstresstests in Europa durch BlackRock sehen wir kritisch. Auch hier sind dringend klare Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zur Offenlegung und Begrenzung von Lobbyismus nötig.
Auf europäischer Ebene setzen wir uns dafür ein, dass diese Markmacht kontrolliert wird. Zunächst gilt es Transparenz zu schaffen. Auf Initiative der Grünen im Europaparlament wurde bereits festgelegt, dass Fonds ihre Beteiligungen und Anlagepolitik transparent machen müssen und Informationen darüber geben müssen, wie sie ihre Stimmrechte ausüben. Weitere Möglichkeiten, die geprüft werden müssen, sind zum Beispiel Transparenzpflichten wenn große Vermögensverwalter direkt mit Unternehmen reden und Forderungen an diese stellen oder auch eine Regulierung der Stimmrechtsvertretung durch Fonds.

Da sie auch die Frage der Renten angesprochen haben. Für uns ist die gesetzliche umlagefinanzierte Rente die zentrale Säule der Altersvorsorge. Einer weiteren Privatisierung und Aushöhlung dieser stellen wir uns klar entgegen. Für die kapitalgedeckte betriebliche und private Altersvorsorge wollen wir den Sparer*innen unseren Bürgerfonds anbieten. Hierdurch bekommen sie die Möglichkeit einfach und kostengünstig in die Kapitalmärkte zu investieren, ohne dabei auf die großen Kapitalverwaltungsgesellschaften zurückgreifen zu müssen und so deren Marktmacht weiter zu stärken.

Generell sehen wir, dass für Finanz- und Wirtschaftsstabilität viele weitere Faktoren wichtig sind. Wir sehen hier aber die Finanztransaktionssteuer, Eigenkapitalregulierung, weitere europäische Regeln für Hedgefunds und Schattenbanken oder in extremen Fällen auch die Entflechtung von extremen Marktballungen als Optionen. Wir setzen uns weiter für krisenfeste, kundenfreundliche, saubere und nachhaltige Finanzmärkte ein und behalten Gefahren für dieses Ziel genau im Auge.

Ihre Bedenken, dass sich die großen Player des Finanzsektors durch ihre enorme Lobbypower immer wieder vor notwendiger Regulierung schützen, teile ich. Deshalb ist es wichtig eine aktive Zivilgesellschaft auch in diesem komplexen Politikbereich zu haben. Das sind neben interessierten Bürgern wie Ihnen auch Organisationen wie Finance Watch und die Bürgerbewegung Finanzwende oder die Verbraucherzentralen. Diese gilt es weiter zu stärken um der Lobbymacht im Finanzsektor etwas entgegenzusetzen. Schlussendlich bin ich aber vom Primat der Politik überzeugt und glaube, dass sich mit politischem Willen und entsprechenden Mehrheiten in Deutschland und der EU die richtigen Maßnahmen umsetzen lassen. Hierfür setze ich mich ein.

Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft!

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Dröge

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