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Karl-Heinz Brunner
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Frage von Nathalie P. •

Frage an Karl-Heinz Brunner von Nathalie P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Brunner,
heute erfahre ich, dass eine Koalition aus Interessengruppen, die eine Teilnahme der Bundeswehr an einer Iran-Mission nicht ausschließen möchte, immer größer wird: Sie umfasst die CDU, die Industrie, die Grünen, weite Teile der Medienlandschaft und verschiedenste Lobbyisten.
Und was ist mit der SPD, was ist ihre Position? Sie scheint laut Tobias Riegel „nicht zu identifizieren und darum nicht ernstzunehmen“ zu sein (https://www.nachdenkseiten.de/?p=53817).
Ich hoffe, dem ist nicht so und Sie werden sich eindeutig gegen diese „Mission“ aussprechen.
Die Akteur*innen in dieser Koalition machen keinen Hehl daraus, dass bei dieser "Mission" (was für eine Schande, dieses Wort im Zusammenhang mit einem militärischen Einsatz zu benutzen!) die Verteidigung wirtschaftlicher Interessen für die Exportnation und Industrieland Deutschland im vordergrund steht. Skandalös ist die Forderung von Wolfgang Ischinger, die Bundeswehr als Schutzmacht deutscher Unternehmen einzusetzen!
Diese Forderung ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch verfassungswidrig, denn die Bundeswehr darf laut Art. 87a GG außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden, wenn das GG es ausdrücklich zuläßt. Wo steht es im GG, dass die Bundeswehr für eine funktionierende Handelsschifffahrt außerhalb des europäischen Kontinents Verantwortung trägt bzw. diese Handelswege schützen darf?!
Uns wurde während der EU-Wahlkampagne ständig an das Friedensprojekt Europa erinnert und daran appelliert, dieses Friedensprojekt mit unserer Stimme zu stärken bzw. zu retten!
Was momentan passiert, hat nichts mit Friedenpolitik oder Deeskalation in einem Krisenfall zu tun, sondern was da zu hören und zu lesen ist, ist Kriegstreiberei!
DAMIT BIN ICH NICHT EINVERSTANDEN !
Daher frage ich Sie, ob Sie mir versichern können, dass Sie alles in Ihrer Macht tun werden, diesen Wahnsinn zu stoppen und dass Sie ggf. GEGEN einen Einsatz der Bundeswehr am persischen Golf stimmen werden?
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau P.,

zunächst danke ich Ihnen für Ihre Frage. Ich will aber gleich gestehen, dass ich den Artikel, auf welchen Sie sich beziehen, ausgesprochen undifferenziert finde. Dass die derzeitige politische Debatte in Deutschland sogar mit dem fingierten Überfall der Nazis auf den Sender Gleiwitz (immerhin der Vorwand für den deutschen Angriff auf Polen, mithin der Beginn des II. Weltkrieges) in Verbindung gesetzt wird, ist geschichtsvergessen und entlarvend.

Die außenpolitische Lage bzgl. Iran ist komplex und sollte differenzierter betrachtet werden, als dieser Artikel es tut. Für die SPD ist jedenfalls völlig klar, dass wir eine Deeskalation und eine friedliche Lösung durch diplomatische Mittel anstreben. In der Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages am 24. Juli informierte Bundesaußenminister Heiko Maas die Mitglieder, dass er die "Strategie des maximalen Drucks" der USA für verfehlt hält und eine Beteiligung Deutschlands an einem entsprechenden Einsatz folglich ausschließt. Auch Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, hat sich klar geäußert, dass eine Beteiligung nicht infrage käme und dies die Stunde der Diplomatie sei. Ich persönlich sehe dies im Übrigen genauso, wie ich auch öffentlich deutlich gemacht habe, u.a. der Augsburger Allgemeinen. Link: https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/GroKo-streitet-um-Geleitschutz-Mission-am-Persischen-Golf-id55050276.html?fbclid=IwAR3u7XTAYGNzpNx1feddTZc7ZpdZ04CTKTEsbDDhCSyVQ0wV2KtBURUjrO4

Die Behauptung, eine Position der SPD sei „nicht zu identifizieren“, ist also falsch. Wir wollen am diplomatischen Ansatz gegenüber Iran festhalten und dies auf eine breite internationale Basis stellen. Denn nicht nur Europa wäre von der drohenden Eskalation betroffen, sondern auch die asiatischen Staaten, die ein noch größeres Interesse an der freien Durchfahrt im Persischen Golf haben. Deshalb ist es angebracht, auch die Vereinten Nationen miteinzubeziehen.

Freie Handelswege sind international geachtet und im Interesse Aller. Auch daher ist es notwendig, die Staaten der Region an einen Tisch zu bringen und bei der Lösung der Krisensituation an der Straße von Hormus eng einzubinden. Dementsprechend sind auch die Überlegungen, sich ggf. an Einsätzen unter einem internationalen Mandat, z.B. Beobachtungsmissionen, zu beteiligen, berechtigt und weder skandalös noch ungewöhnlich. Es käme hierbei auf den Charakter und die Details der Ausgestaltung eines solchen Einsatzes an. Ganz grundsätzlich gesprochen: Nicht jeder Einsatz der Bundeswehr ist ein Kampfeinsatz. Nach unserer Auffassung muss jedenfalls genügend Abstand zwischen einer europäischen und der amerikanischen Mission bestehen.

Zusammengefasst: Die Deeskalation der derzeitigen Krise hat für die SPD höchste Priorität, zumal es in dieser Angelegenheit auch um die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran geht, welches Deutschland und die EU im Gegensatz zu den USA ebenfalls aufrechterhalten wollen. Zur Deeskalation braucht es funktionierende Gesprächskanäle, um den Respekt und die Geltung der gemeinsamen Regeln für die internationale freie Schifffahrt u. a. durch Vertrauensbildung zu verbessern. Ich kann Ihnen versichern, dass die SPD alles tun wird, um die Situation zu deeskalieren und eine diplomatische Lösung zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz Brunner