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Gabriele Katzmarek
SPD
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Frage von Eva M. •

Frage an Gabriele Katzmarek von Eva M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ist Spanien wirklich ein Rechtsstaat?...

…wie der Pressesprecher der deutschen Regierung am 26.3.18 behauptet?
Ich bin besorgt, wie sich die Bundesregierung und ihre Partei bei der Frage der Auslieferung von Herrn Puigdemont verhält. Man tut so, als sei in dem befreundeten Spanien alles in Ordnung… jedoch gibt es hier viele berechtigte Zweifel.
WAS TUN SIE, UM DIE MENSCHENRECHTE UNSERER EU-MITBÜRGER IN KATALONIEN ZU SCHÜTZEN, INSBESONDERS DAS RECHT AUF SELBSTBESTIMMUNG UND FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG?
Menschenrechtsexperten wie der französische ehemalige Richter und Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Jean Costa, sowie der ehemalige belgische EGHR Richter Francoise Tulkens haben das Vorgehen Spaniens gegen die katalanische Unabhängigkeitsbewegung auf Verhältnismäßigkeit und Vereinbarkeit mit internationalem Recht geprüft (http://blickpunktkatalonien.com/europa-in-der-pflicht).
W. Kaleck, Gründer des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und ebenfalls Mitglied der Experten erklärt :
„Die Diskussion geht oft um die Rechtmäßigkeit oder Nichtrechtmäßigkeit einer Abspaltung. Doch ein Großteil der von uns untersuchten Maßnahmen seitens des spanischen Staates fand bereits im Vorfeld der sogenannten Unabhängigkeitserklärung statt“.
Die Experten untersuchten Maßnahmen des spanischen Verfassungsgerichts gegen die Aktivitäten der katalanischen Abgeordneten und deren strafrechtliche Verfolgung zwischen 2013 und 2017.
Die Entscheidungen des Verfassungsgerichts darüber, was im Parlament von Katalonien debattiert und worüber abgestimmt werden darf, sowie die strafrechtliche Verfolgung der Abgeordneten wegen „Ungehorsam“, seien „eine schwere Einmischung in die Grundrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit“, garantiert durch Artikel 10 und 11 der Europä̈ischen Charta für Menschenrechte (ECHR) und Artikel 19 und 21 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, die Spanien ratifizierte.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Unabhängigkeitsreferendum in Spanien und der damit verbundenen Verhaftung des Ex-Regionalpräsidenten Kataloniens Carles Puigdemont. Entschuldigen Sie bitte die etwas späte Antwort, der gesamte Vorgang ist hoch dynamisch. Aus diesem Grund war es mir ein Anliegen, einige Stellungnahmen der Gerichte abzuwarten, um Ihnen eine möglichst fundierte Antwort geben zu können. Heute möchte ich Ihnen gerne meine Einschätzung zu diesem Thema geben.

Das Völkerrecht statuiert sowohl das Recht auf Selbstbestimmung eines Volkes als auch das eindeutige Recht eines Staates seine eigene Souveränität zu schützen. Dabei garantiert das Völkerrecht kein ausnahmsloses Sezessionsrecht für ein jedes Volk. Es kann sich lediglich in Fällen, in denen eine Sezession die staatliche Stabilität sichert, eindeutig aus dem Völkerrecht ergeben. Im Zweifelsfall geht die Stabilität der Staaten und der universellen Friedensordnung dem Recht auf Sezession vor.

Natürlich kann und möchte ich die internen Vorgänge innerhalb des spanischen Staates nicht im Detail bewerten. Die spanische Verfassung sieht für Fälle von Seperationsbestrebungen einige Mechanismen vor. Mir steht nicht zu, ohne einen genauen Einblick in das Geschehen zu haben, zu bewerten, ob diese Mechanismen staatsrechtlich korrekt angewendet wurden. Ich bitte hier um Ihr Verständnis. Meines Wissens liegt kein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vor, das sich mit den Vorfällen in Spanien beschäftigt. Weshalb es sich bei den von Ihnen aufgeführten Expertenmeinungen um Einzelmeinungen handelt, die wir sicherlich ernst nehmen müssen, die jedoch keine rechtsverbindliche Meinungsäußerung eines völkerrechtlich legitimierten Organs darstellen.

Nun beantragte die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein die Prüfung einer Auslieferung Puigdemonts. Das dortige Oberlandesgericht hat entschieden, dass eine solche wegen Hochverrats nicht erfolgen soll. Hierbei ist es mir wichtig zu betonen, dass die Justiz vollkommen unabhängig von politischen oder diplomatischen Erwägungen entscheidet. Das haben auch die Bundesjustizministerin Katarina Barley und Bundesaußenminister Heiko Maas deutlich gemacht. Die Kompetenz darüber zu entscheiden, ob eine Auslieferung stattfindet, liegt bei den Ländern. Die Generalstaatsanwaltschaft prüft nun einen Antrag auf Auslieferung wegen des Vorwurfes der Untreue. Ob Herr Puigdemont dann tatsächlich ausgeliefert wird, entscheidet wiederum das Oberlandesgericht in Schleswig-Holstein, mit der Bewilligung der Generalstaatsanwaltschaft. Ich vertraue hier in die Professionalität und Unabhängigkeit unserer Justiz.

Ich hoffe ich konnte Ihnen eine zufriedenstellende Antwort geben.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Katzmarek

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