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Frage von Dieter M. •

Frage an Fabio De Masi von Dieter M. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrter Herr De Masi,

zur Zeit geistert das Wort Coronabonds durch die Presse, es geht um die gemeinsame Haftung für Staatsschulden. Hierzu einige Fragen:

1) Was ist Ihre Meinung zu den Coronabonds?

2) Worin unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die Coronabonds von den Eurobonds (vom Bundesverfassungsgericht verboten)?

3) Das Vermögen pro Kopf ist in Italien höher als in Deutschland, auch ist es besser verteilt (bedeutend höherer Medianwert). Warum sollten Deutschlands Bürger für italienische Schulden haften, wenn sie doch über weniger Vermögen verfügen?

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Maier

Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Verm%C3%B6gen_pro_Kopf

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Maier,

Vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zu 1): Es gibt verschiedene Konzepte zu Corona-Bonds. Ihnen ist gemein, dass ihre Vertreterinnen und Vertreter die Nutzung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) für den wirtschaftlichen Wiederaufbau in den Eurostaaten als unzureichend betrachten. Denn der ESM bietet kaum günstigere Finanzierungskonditionen als jene, die besonders von der Corona-Pandemie betroffenen Staaten derzeit auf dem Kapitalmarkt erhalten.

Die meisten Vorschläge für Corona-Bonds gehen von einer gesamtschuldnerischen Haftung aus. In der Realität dürfte es keine erhöhten Haftungsrisiken für Deutschland geben. Denn wenn die Zinsen für Länder wie Italien oder Spanien niedrig bleiben, ist es erfahrungsgemß kein Problem, Kredite auch langfristig zu bedienen. Möglicherweise besteht ein moderates Zinserhöhungsrisiko. Doch auch dies ist eher unwahrscheinlich, da die Finanzmärkte derzeit händeringend nach Anlagen suchen.

In meiner Version zu Corona-Bonds wärde eine öffentliche Bank wie die Europäische Investitionsbank (EIB) eine solche Corona-Anleihe begeben, die dann von der EZB gekauft wärde. Das Geld könnte über die EIB Staaten direkt zur Verfügung gestellt werden. Das Zins- und Haftungsrisiko für Deutschland wäre damit Null, weil die EZB nie in Euro pleitegehen kann. So wärde eine direkte Staatsfinanzierung ermöglicht. Das wäre billiger als die Insolvenz von tausenden Unternehmen und den Verlust tausender Arbeitsplätze in Kauf zu nehmen.

Seit 2011 hat die EU-Kommission EU-Länder 63 Mal zur Kürzung von Gesundheitsausgaben angehalten. Damit wurde die Krise teurer als nötig, denn aufgrund des katastrophalen Zustandes der Gesundheitssysteme einiger EU-Länder wird die wirtschaftliche Tätigkeit für längere Zeit unterbrochen sein.

Zu 2): Eurobonds gehen von einer gesamtschuldnerischen Haftung auch für Altschulden aus. Corona-Bonds würden für eine begrenzte Aufgabe zur Verfügung gestellt. Dies ist rechtlich möglich – in den Ölpreiskrisen der 70er Jahre hat es bereits derartige Anleihen gegeben.

Zu 3): Die Linke setzt sich seit vielen Jahren für eine EU-weit koordinierte Vermögensabgabe für Milliardäre und Multimillionäre ein. Die Statistiken zur Vermögensverteilung sind bei einem Vergleich zwischen Deutschland und Italien mit Vorsicht zu genießen. Italiener verfügen beispielsweise über ein höheres Immobilienvermögen, da Wohneigentum weiter verbreitet ist als in Deutschland, was insbesondere auch der Altersvorsorge dient. In Deutschland ist Immobilienvermögen weniger verbreitet, für die Altersvorsorge gibt es allerdings Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen. Abonnieren Sie gerne meinen Newsletter, um über meine politischen Aktivitäten auf dem Laufenden zu bleiben: https://www.fabio-de-masi.de/de/topic/3.newsletter.html

Beste Grüße

Fabio De Masi