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Daniela Ludwig
CSU
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Frage von Ulrich O. •

Frage an Daniela Ludwig von Ulrich O. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrte Frau Ludwig,

wie aus den Medien zu erfahren ist, ist vom Entwurf zum Lieferkettengesetz nicht mehr viel übrig, da insbesondere Wirtschaftsverbände ihre Interessen gelten machten und vor unkalkulierbaren finanziellen Forderungen durch klagende Kinderarbeiter*innen warnten. Tatsächlich werden diese Forderungen laut einer Studie der EU auf nur ca. 0,005% des Jahresumsatzes geschätzt.

Wie stehen Sie zu dieser weichgespülten Gesetzesvorlage? Werden Sie gegen ihn Stellung beziehen?
Wie werden Sie sich persönlich im Bundestag für faire Arbeitsbedingungen und ehrliche humanitäre Verantwortung unserer Wirtschaft einsetzen?

Vielen Dank für Ihre Mühen!

Ulrich Oberender

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Oberender,

wie ich Ihnen auch schon auf Ihre Mail an meinen MdB-Account geantwortet habe, hat das Bundeskabinett hat im März 2021 den Entwurf eines „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten" beschlossen. Dieses kurz als „Sorgfaltspflichtengesetz“ oder „Lieferkettengesetz“ bezeichnete Gesetz soll in Erfüllung des Koalitionsvertrages Rechtsklarheit für die Wirtschaft schaffen und die Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette der Unternehmen stärken.

Durch das Gesetz sollen in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet werden, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte durch die Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten besser nachzukommen. Dadurch sollen zum einen die Rechte der von Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in den Lieferketten gestärkt, zum anderen den legitimen Interessen der Unternehmen an Rechtssicherheit und fairen Wettbewerbsbedingungen Rechnung getragen werden. Meine Kollegen und mich erreichen zu dem Gesetzentwurf zahlreiche Eingaben. Während einigen das Gesetz zu weit geht, empfinden andere es als nicht streng genug.

Dem Gesetzentwurf liegt eine Einigung der Koalition zugrunde, die in langen Verhandlungen zwischen den Ministerien getroffen wurden. Konkret sieht die Einigung folgende Regelungen vor:

Das Gesetz soll ab 2023 verbindlich für große Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Deutschland (ca. 600 Unternehmen) gelten, und ab 2024 dann für alle Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland (ca. 2.900 Unternehmen).

Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich zwar auf die gesamte Lieferkette, wobei aber die Unternehmensverantwortung nach dem Grad der Einflussmöglichkeit abgestuft ist. Die Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt gelten zunächst für den eigenen Geschäftsbereich der Unternehmen selbst, sowie für ihre unmittelbaren Zulieferer. Menschenrechtsrisiken bei mittelbaren Zulieferern, d.h. in den tieferen Gliedern der Lieferkette, müssen nur analysiert und adressiert werden, wenn Unternehmen darüber substantiiert Kenntnis erlangen.

Im Vordergrund des Gesetzes steht die Stärkung die Rechte der Menschen in der Lieferkette. Im Entwurf des Sorgfaltspflichtengesetzes ist aber auch der Umweltschutz erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Zudem werden umweltbezogene Pflichten etabliert, die sich aus zwei internationalen Abkommen zum Schutz vor den Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und langlebige organische Schadstoffe ergeben.

Künftig sollen Betroffene sich vor deutschen Gerichten von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften vertreten lassen und sie zur Prozessführung ermächtigen können, wenn sie sich durch einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfaltspflicht in überragend wichtigen Rechtspositionen verletzt sehen (Prozessstandschaft).

Für die Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen soll eine Kontrollbehörde sorgen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bekommt hierfür ein Mandat, die Wirtschaft mit konkreten Informationen für die Umsetzung zu unterstützen und gleichzeitig Kontrollinstanz zu sein. Sie wird entsprechend mit personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet. Die Behörde kann bei Verstößen geeignete Buß- und Zwangsgelder verhängen. Der Bußgeldrahmen reicht bei schweren Verstößen bis zu 2 Prozent des weltweiten Konzernumsatzes. Je nach Art des Verstoßes kann das Unternehmen ab einer Geldbuße von 175.000 Euro von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. Wichtig ist bei der Um- und Durchsetzung des Sorgfaltspflichtengesetzes: das Gesetz begründet eine Bemühens- und keine Erfüllungspflicht.

Unser Ziel bleibt weiterhin eine möglichst zügige Verständigung auch in der Europäischen Union auf einen entsprechenden europäischen Rechtsrahmen. Sowohl das Europäische Parlament wie auch die Europäische Kommission arbeiten bereits daran. Es muss dann das Ziel sein, die rechtlichen Anforderungen an die unternehmerische Sorgfaltspflicht klug zu harmonisieren.

Den weiteren parlamentarischen Beratungen im Deutschen Bundestag kann an dieser Stelle nicht vorgegriffen werden. Das Vorhaben soll zwar noch in dieser Legislatur vor der Sommerpause abgeschlossen werden, doch noch laufen die Beratungen in Fraktion und Koalition im parlamentarischen Verfahren.

Mit freundlichen Grüßen

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