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Daniel Rinkert
SPD
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Frage von Christina H. •

Wann setzen Sie sich für ein Verbot der AfD ein?

Sehr geehrter Herr Rinkert,

die Verhinderung des Aufstiegs der Nazis ist eine historische Chance und Verpflichtung, die die Welt in den 1930er Jahren nicht ausreichend wahrgenommen hat. Das Versagen, rechtzeitig auf die Bedrohung durch den Nationalsozialismus zu reagieren, führte zu unermesslichem Leid und zum dunkelsten Kapitel in der Geschichte. Es erinnert uns daran, wie wichtig es ist, aufstrebende extremistische Bewegungen zu erkennen und entschieden zu handeln, um solche Entwicklungen zu verhindern. Es ist unsere Verantwortung aus der Geschichte zu lernen und sicherzustellen, dass sich solche Ereignisse niemals wiederholen.
Als gewählten Vertreter der Bevölkerung ist es nun an Ihnen persönlich, diese historische Verpflichtung zu erfüllen.
Im Namen meiner Familie und der Menschen in Ihrem Wahlkreis bitte ich Sie eindringlich, sich für eine Prüfung von einem Verbotsverfahren der AfD einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Christina H.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12. Januar 2024, auf welche ich Ihnen gerne antworte.

Sowohl ich als auch die gesamte SPD-Bundestagsfraktion teilen Ihre Sorgen und beobachten eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD. Wir erkennen mittlerweile deutlich, dass weite Teile der AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertreten. Dies wird aus einer Vielzahl von Äußerungen von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei sehr deutlich.

Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat.

Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die andererseits maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, erst einmal hoch. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sammelt seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zutage tretenden Haltung wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt.

Ende Februar dieses Jahres verhandelt das Oberverwaltungsgericht Münster eine Klage der AfD gegen ihre Einstufung als Verdachtsfall, die Einstufung des sogenannten „Flügels“ als Verdachtsfall und als „gesichert extremistische Bestrebung“ sowie die Einstufung der Jungen Alternativen als Verdachtsfall.

Auch wir als SPD-Bundestagsfraktion prüfen ein Verbotsverfahren gegen die AfD. Weiterhin setzen wir großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und werden deshalb die weiteren Erkenntnisse aus dieser weitergehenden Beobachtung abwarten. Daran wird sich zeigen, wie stark die AfD mittlerweile gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung agiert und ob dabei eine Schwelle hin zu einem Verbotsantrag überschritten wird. Zu bedenken ist, dass sich ein solches Verbotsverfahren über Jahre hinweg ziehen kann und ein Scheitern wiederum dazu beitragen könnte, dass sich die AfD als demokratische Partei inszeniert.

Entscheidend ist deshalb auch, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. In der Tradition unserer langen Geschichte setzen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein. Unser primäres Ziel muss es deshalb sein, die AfD politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird. Jüngst haben die investigativen Recherchen von CORRECTIV zu dem geheimen Treffen rechter Politiker:innen und Aktivist:innen in Potsdam gezeigt, welche menschenverachtenden Zukunftspläne diese Partei verfolgt.

Als Mitglied der SPD bin ich sehr stolz darauf sagen zu können, dass sich meine Partei schon 1933 gegen die Machtergreifung der Nazis aktiv gewehrt hat. Vor jeder Fraktionssitzung laufe ich auf dem Weg zum Fraktionssaal an den Namen derer vorbei, die sich gegen das Ermächtigungsgesetz gestellt haben. Viele Sozialdemokrat*innen haben diesen Einsatz für Freiheit und Demokratie damals mit dem Leben bezahlt.

Und auch heute stellt sich die SPD konsequent gegen jede Form von Rassismus und Demokratiefeindlichkeit. So hat beispielsweise Bundesinnenministerin Nancy Faeser klar zum Ausdruck gebracht, dass der Rechtsextremismus die aktuell größte Bedrohung für unsere Gesellschaft ist. Die Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern haben mittlerweile ein deutlich wachsameres Auge darauf, was in dieser Szene passiert und handeln konsequenter als noch vor einigen Jahren.

Die Stärkung unserer demokratischen Gesellschaft kann aber nur funktionieren, wenn sich viele dafür jeden Tag einsetzen. Zuhören, diskutieren und fremdenfeindliche Argumente konsequent zurück zuweisen kann jede und jeder sowohl am Arbeitsplatz, im Sportverein oder im familiären Umfeld. Die vielen Falschmeldungen, welche unter anderem durch die sozialen Medien verbreitet werden, müssen immer wieder entkräftet werden. Und der immer größer werdende Hass, der geschürt wird, darf nicht unwidersprochen hingenommen werden. Wenn jede und jeder dazu beiträgt und die Politik ihre Hausaufgaben besser erfüllt, schaffen wir es gemeinsam, dass das politische Klima positiv erhalten bleibt.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Rinkert

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