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Carmen Wegge
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Frage von Jörg R. •

Sportpistole verboten?

Sehr geehrte Frau Wegge,
hier in Abgeordnetenwatch sprechen Sie sich für ein Verbot des bisher gesetzeskonformen Besitzes von halbautomatischen Sport- und Jagdwaffen aus. Ist Ihnen bewusst, dass damit sämtliche Sportpistolen (KK und GK) sowie auch KK-Selbstladegewehre verboten werden? Kurzwaffenschießen ist somit obsolet! Zudem: Wie wird das bisher völlig gesetzeskonform besessene Eigentum bei dieser Enteignung entschädigt? Schweben der SPD noch weitere Verbote vor - z. B. des KK-Einzelladers, Luftgewehrs oder Sportbogens? Ist das Sportschießen der SPD also ein Dorn im Auge?

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Sehr geehrter Herr R.,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur aktuellen Debatte um eine Verschärfung des Waffenrechts. Als Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für dieses Thema schildere ich Ihnen gerne meine Position dazu.

Bereits im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel-Koalition auf Änderungen im Waffenrecht verständigt. Dort heißt es:

„Die weit überwiegende Zahl der Waffenbesitzerinnen und -besitzer ist rechtstreu. Terroristinnen und Terroristen sowie Extremistinnen und Extremisten gilt es, konsequent zu entwaffnen. Wir evaluieren die Waffenrechtsänderungen der vergangenen Jahre und gestalten bestehende Kontrollmöglichkeiten gemeinsam mit den Schützen- und Jagdverbänden sowie mit den Ländern effektiver aus. Zudem verbessern wir die kriminalstatistische Erfassung von Straftaten mit Schusswaffen sowie den Informationsfluss zwischen den Behörden. Bei Gegenständen, für die ein Kleiner Waffenschein erforderlich ist, soll dieser künftig auch beim Erwerb vorgelegt werden müssen.“

Eine detaillierte Bewertung des Vorschlags von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, halbautomatische Waffen für den Privatbesitz zu verbieten, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht möglich. Bisher ist auch mir dieses Vorhaben nur aus mündlichen Ankündigungen der Ministerin bekannt. Der genaue Gesetzentwurf wird erst noch von der Bundesregierung vorgelegt. Ich gehe davon aus, dass wir uns im Frühjahr 2023 im Bundestag damit beschäftigen werden.

Ich halte es jedoch grundsätzlich für richtig, halbautomatische kriegswaffenähnliche Feuerwaffen für den Privatbesitz zu verbieten. Ein jagdrechtliches oder schießsportrechtliches Bedürfnis für kriegswaffenähnliche Halbautomaten mit einer sehr hohen Kapazität an Schüssen ist für mich nicht ersichtlich. Die Eigenschaft dieser Waffen, in möglichst kurzer Zeit möglichst große und viele Magazine mit scharfer Munition abzufeuern, ist weder im Schießsport noch im Jagdwesen erforderlich.

Beim Umgang mit kriegswaffenähnlichen Schusswaffen findet die individuelle freie Entfaltung der Persönlichkeit in der öffentlichen Sicherheit, insbesondere im Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, ihre Grenze. Der Schutzauftrag, den der Staat in dieser Hinsicht gegenüber den Bürger*innen hat, verpflichtet den Gesetzgeber, das hohe Zerstörungs- und Gefahrenpotenzial, welches von derartigen Waffen im Falle des Missbrauchs ausgeht, zu unterbinden.

Technisch unterscheiden sich halbautomatische kriegswaffenähnliche Gewehre von verbotenen militärischen Sturmgewehren als Kriegswaffen nur dadurch, dass sie kein Dauerfeuer zulassen, sondern der Abzug für jeden Schuss neu betätigt werden muss. Ihre besondere Gefährlichkeit folgt daraus, dass sie nach Abgabe eines Schusses selbsttätig innerhalb kürzester Zeit wieder schussbereit werden und damit die Abgabe einer möglichst hohen Anzahl von Schüssen innerhalb kürzester Zeit zulassen. Dieses Gefahrenpotential wird noch dadurch erhöht, dass diese Waffen mit Magazinen mit einem großen Fassungsvermögen bestückt werden können. Derartige Waffen dienen in erster Linie dem Zweck, das Gefühl zu vermitteln, mit einer Kriegswaffe zu schießen. Die besondere Gefährlichkeit dieser halbautomatischen Gewehre folgt ferner daraus, dass es sich um abgewandelte Versionen von vollautomatischen Kriegswaffen handelt, die zwar teilweise mit nicht unerheblichen Hindernissen, technisch aber tatsächlich in verbotene vollautomatische Kriegswaffen umgebaut werden können.

Ein Bedürfnis für Sportschütz*innen sowie Jäger*innen, im Besitz derartiger Waffen zu sein, ist nicht gegeben. Diese Art von Schusswaffen ist weder für die Jagd noch den Schießsport erforderlich.

Für den Jagdbereich ist durch das 1. Änderungsgesetz zum Bundesjagdgesetz mit der Zulassung von halbautomatischen Waffen mit einer Kapazität von bis zu drei Schuss in § 19 Abs. 1 Nr. 2c) Bundesjagdgesetz eine akzeptable und ausreichende Regelung getroffen worden, die den Interessen der Jäger*innen hinreichend Rechnung trägt. Für den Bereich der Sportschütz*innen ist zu konstatieren, dass zwar bei den olympischen Disziplinen mit „Pistole“ und „Schnellfeuerpistole“ halbautomatische Waffen zum Einsatz kommen, jedoch handelt es sich dabei nicht um Waffen, die wie Kriegswaffen aussehen. Zudem ist selbst im Spitzensport eine Abkehr von Halbautomaten festzustellen. So werden seit den Olympischen Spielen 2012 im modernen Fünfkampf Lichtpunktpistolen eingesetzt.

Durch ein Verbot halbautomatischer kriegswaffenähnlicher Schusswaffen, die für den Schießsport bzw. für die Jagd weder geeignet noch erforderlich sind, kann die Verfügbarkeit dieser Waffen effektiv eingeschränkt werden. Der Gefahr eines Missbrauchs dieser Waffen kann so effektiv entgegengewirkt werden.

Ein finanzieller Aufwand für Bürger*innen würde entstehen, soweit sie sich dazu entscheiden, ihre Waffe unbrauchbar zu machen. Ein Verkauf oder eine Überlassung an Berechtigte, zuständige Behörden oder Polizei wäre aber natürlich auch möglich. Von Enteignungen kann unter keinen Umständen die Rede sein. Die genaue Ausgestaltung der Regelung ist mir bisher noch nicht bekannt. Ich bin mir aber sicher, dass das Bundesinnenministerium hier eine gute und für alle Beteiligten zufriedenstellende Handhabung und ausreichende Übergangsfristen finden wird.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Wegge

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