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Carmen Wegge
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Frage von Karsten B. •

Plant Ihre Fraktion, im Gesetzentwurf zu § 3 MedCanG die Formulierung „medizinisch begründet“ als Tatbestandsmerkmal beizubehalten – und damit faktisch neue Strafbarkeit zu schaffen?

Im Referentenentwurf zur Änderung des Medizinalcannabisgesetzes wurde in § 3 die Bedingung „wenn seine Anwendung medizinisch begründet ist“ aufgenommen. Da § 25 MedCanG Verstöße gegen § 3 mit Strafe bedroht, würde diese Formulierung faktisch einen neuen strafrechtlichen Tatbestand schaffen, z. B. jede Verschreibung ohne „medizinische Begründung“. Welche Haltung vertritt Ihre Fraktion hierzu – beabsichtigt man eine Streichung oder Konkretisierung dieses Merkmals, um Ärzte und Patienten vor Strafrisiken zu schützen? Quellen: Referentenentwurf MedCanG vom BMG (Stand Kabinettsbeschluss 8. Oktober 2025).

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Antwort von SPD

Sehr geehrter Herr B.,

herzlichen Dank für Ihre Frage. Im Bundeskabinett wurde ein Gesetzentwurf zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes beschlossen. Die parlamentarischen Beratungen dazu haben noch nicht begonnen.​ Zum jetzigen Zeitpunkt kann daher von unserer Fraktion keine abschließende öffentliche Bewertung einzelner Regelungsinhalte vorgenommen werden. Klar ist aber: In der aktuellen Form ist der Entwurf für uns nicht zustimmungsfähig.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Medizinal-Cannabis künftig grundsätzlich nur nach persönlichem Kontakt zwischen Patient*innen und Ärzt*innen verschrieben werden darf, während reine Videosprechstunden ausgeschlossen werden. Außerdem soll der Versandhandel mit Medizinal-Cannabis unterbunden werden. Diese Maßnahmen greifen deutlich in die Berufsausübungsfreiheit von Ärzt*innen und Apotheken sowie in die Handlungsfreiheit der Patient*innen ein.​

Wir sehen hier noch erheblichen Änderungsbedarf. Der Entwurf vernachlässigt zentrale verfassungsrechtliche und europarechtliche Aspekte. Präsenzpflichten und Versandhandelsverbote dürfen nicht pauschal gerechtfertigt werden, wenn telemedizinische Beratungen rechtlich zulässig sind und modernen medizinischen Standards entsprechen. 

Darüber hinaus benachteiligt das vorgesehene Versandverbot Anbieter aus anderen EU-Staaten erheblich und verstößt aus unserer Sicht gegen die Dienstleistungsfreiheit und den freien Warenverkehr. Diese Einschränkungen lassen sich nicht allein mit vagen Gesundheitsrisiken begründen – zumal vergleichbare Arzneimittel ohne solche Sonderregeln gehandhabt werden. Insbesondere für chronisch kranke und mobilitätseingeschränkte Menschen würde dies eine unnötige Hürde darstellen.​​

Unsere Fraktion wird den Gesetzgebungsprozess aufmerksam begleiten und jedes Detail kritisch prüfen. Ziel ist es, in den anstehenden parlamentarischen Beratungen eine Lösung zu erreichen, die den Schutz von Ärzt*innen und Patient*innen sicherstellt, rechtliche Klarheit und Verhältnismäßigkeit wahrt sowie eine verfassungskonforme, europarechtskonforme und praxistaugliche Regelung gewährleistet.

Unsere Fraktion wird sich in den Beratungen dafür einsetzen, dass das Gesetz nicht zu zusätzlichen bürokratischen und strafrechtlichen Risiken führt, sondern die Versorgungssicherheit, Gleichbehandlung und digitale Zugänglichkeit verbessert.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Wegge

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