Bernd Rützel
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SPD
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Frage von Dieter M. •

Frage an Bernd Rützel von Dieter M. bezüglich Finanzen

Warum nehmen die Parteien/Minister von Firmen Spenden/oder Gelder an, dadurch bin ich käuflich und nicht mehr unabhängig.

Warum bekommt ein Ehrenamtlicher (z. B. VdK Vorsitzender) in Bayern keinen Sonderurlaub und muss für Fortbildungen normalen Urlaub nehmen.

Bernd Rützel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Markert,

vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse.

Zu Ihrer ersten Frage:

Parteien sind ein wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen Demokratie. Als Vereinigungen von Bürgerinnen und Bürgern finanzieren sie sich teils selbst, etwa durch Beiträge und die von Ihnen kritisierten Spenden. Seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1992 wird diese Finanzierung durch staatliche Gelder ergänzt, dessen Höhe sich nach den Ergebnissen bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen bemisst (früher: Wahlkampfkostenerstattung). So soll bei der Finanzierung der Grad der "Verwurzelung (einer Partei) in der Gesellschaft" berücksichtigt werden. Auch die Abgeordneten unterstützen ihre Parteien mit der sog. Mandatsträgerabgabe, die im Parteiengesetz als „regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus an seine Partei leistet“ definiert wird.

Die Regeln für Parteispenden sind in den vergangenen Jahren immer strenger geworden, was ich sehr richtig finde. Vor allem die Parteispendenaffäre der Union hat ein Umdenken hin zu mehr Transparenz ausgelöst. Das Grundgesetz verpflichtet die Parteien, über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft zu geben (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 Grundgesetz). Einzelheiten regelt das Parteiengesetz. Mit der Rechenschaftspflicht wird der Prozess der politischen Willensbildung durchschaubar und mögliche Zusammenhänge zwischen Geldzuwendungen und politischen Entscheidungen erkennbar. Alle Spenden ab 500 Euro müssen in diesen Berichten aufgeführt werden, bei Spenden über 10.000 Euro muss zudem der Spender mit Name und Anschrift genannt werden. Die Rechenschaftsberichte werden als Bundestagsdrucksachen veröffentlicht. Den der SPD für das Jahr 2018 finden Sie hier (ab S. 45).

Die ihnen zur Verfügung stehenden Gelder benötigen die Parteien nicht nur für Wahlkämpfe, mit denen sie für ihre Vorstellungen und die entsprechende Gestaltung unserer Gesellschaft um Mehrheiten werben. Weitere Ausgaben entstehen für hauptberufliches Personal und Geschäftsstellen im ganzen Bundesgebiet (diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Geschäftsstellen sind häufig erste Anlaufstelle für Fragen und Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern) sowie parteiinterne Kommunikation.

Den Mitgliedern der Bundesregierung ist die Annahme von Spenden untersagt. Geschenke müssen sie der Bundesregierung melden, die über die Verwendung entscheidet (§5 Abs. 3 Bundesministergesetz). Auch für die Bundesverwaltung gilt ein strenges Regelwerk, das über die compliance-Vorschriften vieler Unternehmen hinausgeht. Informationen dazu gibt es z.B. hier.

Frage zwei:

Zur Freistellung von Beschäftigten für ehrenamtliche Fortbildungen gibt es bereits gesetzliche Regelungen. Wenn die ehrenamtliche Tätigkeit im öffentlichen Interesse liegt, haben die Beschäftigten ein Recht auf Freistellung. Das ist beispielsweise bei Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr, bei ehrenamtlichen Hilfskräften des Technischen Hilfswerks (THW), bei Katastrophenhelfern des Deutschen Roten Kreuz, bei Schöffen und ehrenamtlichen Richtern, bei Gemeinderatsmitgliedern und bei ehrenamtlich Engagierten in Jugendverbänden der Fall. Es muss also immer der Einzelfall betrachtet werden. In Bayern regelt zum Beispiel das Retterfreistellungsgesetz, dass ehrenamtliche Rettungskräfte bezahlt freigestellt werden müssen. Auch das Katastrophenschutzgesetz wurde geändert: Wenn Arbeitgeber ehrenamtliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst oder Katastrophenschutz bezahlt für Fortbildungen freistellen, dann können sie sich die Lohnkosten erstatten lassen.

Darüber hinaus haben Beschäftigte in fast allen Bundesländern Anspruch auf Bildungsurlaub. Das bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich von der Arbeit freistellen lassen können, um an einer anerkannten Weiterbildung teilzunehmen – und das bei fortlaufender Lohnzahlung. Lediglich Bayern und Sachsen haben als einzige Bundesländer kein Gesetz zum Bildungsurlaub erlassen. Leider ist aber eine bundeseinheitliche Regelung wegen der Zuständigkeit der Länder für Bildungsfragen in unserem föderalen System nicht möglich. Das muss im einzelnen Bundesland passieren. Die SPD kämpft bereits seit langem für einen Anspruch auf Bildungsurlaub auch in Bayern. Wenn lebenslanges Lernen nicht nur eine leere Floskel bleiben soll, muss sich der Staat um die gesetzlichen Rahmenbedingungen kümmern. Das ist im Sinne aller: Gut ausgebildete Beschäftigte sind das Wertvollste, was Unternehmen haben.

Die bayerische SPD-Landtagsfraktion hat in der Vergangenheit immer wieder Initiativen zur Durchsetzung eines Rechtsanspruch auf bezahlten Bildungsurlaub ergriffen. Doch leider wurden diese Initiativen jedes Mal von der CSU mit deren Mehrheit abgeblockt. Zuletzt hat die Bayern-SPD im Herbst 2017 einen Gesetzentwurf in den bayerischen Landtag eingebracht (Gesetzentwurf vom 19. September 2017). Er sieht vor, einen Rechtsanspruch auf bezahlte Freistellung von der Erwerbsarbeit zum Zwecke der Weiterbildung einzuführen. Dabei geht es um zehn Tage binnen zwei Kalenderjahren. Das Gesetz gilt für anerkannte Veranstaltungen der beruflichen oder der gesellschaftspolitischen Weiterbildung. Auch dieser Entwurf wurde von der CSU abgelehnt.

Sie sehen: An der SPD liegt es nicht, dass die bayerischen Beschäftigten nach wie vor nicht die gleichen Rechte haben wie fast alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bundesweit. Aber damit wir uns mit unseren Forderungen durchsetzen können, brauchen wir Mehrheiten.

Wenn Sie weitere Fragen, melden Sie sich jederzeit gerne bei mir. Meine E-Mail-Adresse ist: bernd.ruetzel@bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Rützel

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