Wieso trägt die SPD die Verschärfung des MedCanG durch Frau Warken mit? Wieso wird dabei in Kauf genommen Patienten zu diskriminieren? Wieso werden Menschen in den Schwarzmarkt gedrängt?
Ich bekomme seit 2017 Cannabis auf Rezept, also noch vor Einführung des neuen MedCanG der Ampel. Da sich kein Arzt in meiner Umgebung auskannte und man mir stattdessen Fentanyl und ähnlich fragwürdige Substanzen verschreiben wollte, griff ich damals auf einen Online-Mediziner zurück. Nach ausführlicher Anamese und Sichtung meiner Befunde verschrieb er mir die passenden Sorten. Mir geht es mit dieser Behandlung gut. Hierfür benötigte ich keinen persönlichen Kontakt, das geht ganz wunderbar online. Auch zur Abholung musste ich nie in eine Apotheke, alles wurde und wird per Post geliefert. Die SPD hat gestern im Bundeskabinett Warkens Entwurf zur Verschärfung des Telemedizinbereichs zugestimmt. Das ist weder durch den Koalitionsvertrag gedeckt, noch mit der Position des SPD Parteiprogrammes. Die Voraussetzungen für Patienten wären mit diesem Gesetz sogar bedeutend schlechter als zu Vor-MedCanG-Zeiten. Viele Patienten, wie ich, werden keine vor Ort Alternativen finden. Wie stehen sie dazu?
Sehr geehrter Herr B.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 17.10.2025 und dafür, dass Sie Ihre Perspektive und Erfahrungen mit uns teilen. Als Abgeordnete SPD-Bundestagsfraktion ist es mir und meinen Fraktionskolleginnen und -Kollegen ein wichtiges Anliegen, die Sorgen und Hinweise derjenigen zu hören, die von politischen Entscheidungen unmittelbar betroffen sind. Vorliegend bringen Sie ihre Sorge über eine Einschränkung der Patientenversorgung durch den aktuellen Referentenentwurf zum Medizinal-Cannabis-Gesetz (MedCanG) zum Ausdruck. Hierzu nehme ich gerne Stellung.
In der letzten Wahlperiode haben wir mit dem Cannabisgesetz einen Paradigmenwechsel in der Sucht- & Drogenpolitik eingeleitet und damit nach dem Scheitern der Verbotspolitik ausdrücklich die gesellschaftlichen Realitäten anerkannt. Aufgrund einer veränderten Risikobewertung wurde im Rahmen der Reform medizinisches Cannabis aus dem BtMG herausgenommen und auf diese Weise der Patientenzugang nachhaltig vereinfacht. Gleichzeitig haben wir den Wirtschaftsstandort für die Hersteller von medizinischem Cannabis gestärkt, indem wir für die Produktion in Deutschland von einem Vergabeverfahre auf Erlaubnisverfahren umgestellt haben. Dies gibt allen Akteuren wichtige Planungssicherheit.
Im Koalitionsvertrag haben wir uns vorgenommen das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis im Herbst 2025 ergebnisoffen zu evaluieren. Der vorliegende Referentenentwurf zum MedCanG soll auf einen Anstieg der Importe von medizinischem Cannabis reagieren, der laut dem BMG vor allem auf die verstärkte Nutzung von Privatverschreibungen für Selbstzahler über Onlineplattformen ohne jeglichen Arzt-Patienten-Kontakt zurückzuführen sei. Ziel des Entwurfs ist es, die Versorgung von Patientinnen und Patienten weiterhin sicherzustellen und gleichzeitig gegen potenziellen Missbrauch vorzugehen.
Für mich als Abgeordnete und meine Fraktion ist es von zentraler Bedeutung, dass eine verlässliche, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung für alle Patientinnen und Patienten, die auf medizinisches Cannabis angewiesen sind, gewährleistet bleibt. Dabei sind gerade Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen im besonderen Maße auf einen verantwortungsvollen Einsatz digitaler Versorgungsformen angewiesen. Gleichzeitig ist für uns auch klar, dass die Online-Verschreibung von Arzneimitteln, die Suchterkrankungen auslösen können, für unbekannte Patientinnen und Patienten ohne jeglichen Arztkontakt grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der CDU/CSU, werden wir im weiteren Verfahren an einer ausgewogenen Regelung arbeiten, die beiden Anliegen gerecht wird.
Wichtig ist, dass es sich derzeit um einen ersten Referentenentwurf des BMG handelt, der den Ressorts, Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet wurde. Bis ein vom Kabinett beschlossener Gesetzentwurf dem Deutschen Bundestag zugeleitet wird, wird noch einige Zeit vergehen und es voraussichtlich auch noch Änderungen am Entwurf geben. Im Rahmen der ergebnisoffenen Evaluation im Herbst 2025 ist die Entkriminalisierung von Cannabis letztlich in der Gesamtschau zu beurteilen.
Für die weiteren Beratungen sind die Erfahrungen von Patientinnen, Patienten, Angehörigen und weiteren Betroffenen von großer Bedeutung. Sie helfen uns, die Auswirkungen der geplanten Regelungen besser zu verstehen und in die Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen einzubringen. Ihre Rückmeldungen fließen als Beitrag in den weiteren Prozess ein. Auch vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen für die Schilderung Ihrer Situation und Perspektive danken.
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Glöckner

