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Anette Kramme
SPD
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Frage von Hans S. •

Welche Motivation sollte man in diesen Zeiten noch haben auf Arbeit zu gehen, wenn wegen Inflation, Preissteigerung bei Lebensmitteln, Benzin, Gas, Strom, Miete usw. am Ende nichts mehr bleibt?

S.g. Fr. Kramme,

warum sollte man heutzutage noch an die Arbeit gehen, bzw wo sehen sie die Motivation für Arbeitslose eine Arbeit anzunehmen? Zuletzt habe ich von vielen Leuten gehört dass sie langsam keinen Sinn mehr darin sehen, wenn am Ende des Monats aufgrund von Inflation und Preissteigerung nichts mehr bleibt und dann auch noch eine 42 Stunden Woche und Rente mit 70 gefordert wird. Deutschland steht mit 51,9% Rentenniveau in Europa am Ende und das noch hinter Schuldenstaaten wie Italien,Spanien und nur knapp vor Griechenland. Beim Renteneintrittsalter ist Deutschland ebenfalls hinter Staaten wie Griechenland oder Spanien.
Und selbst wenn man arbeiten wollte stellen viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen die seit Jahren wegen Fachkräftemangel jammern Anforderungen die quasi nur 1% der Bewerber erfüllen können. (Nach dem Motto mit 18 Abitur,schon 10 Jahre Berufserfahrung,Bereitschaft zu Schichtarbeit und sich mit dem Mindestlohn zufrieden geben.)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

meine Kollegin Kerstin Griese hatte Ihnen bereits auf die gleichen Fragen geantwortet. Ich möchte noch ein bisschen konkreter werden:

Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nehmen weiter zu. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Juli 2022 saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 23.000 gestiegen. Mit 45,60 Millionen Personen fiel sie im Vergleich zum Vorjahr um 571.000 höher aus. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm saisonbereinigt von Mai auf Juni 2022 um 27.000 zu. Im Vergleich zum Vorjahr ist sie im Juni nach Hochrechnungen der BA um 639.000 auf 34,44 Millionen Beschäftigte gestiegen.

Es gibt nur eine sehr kleine Minderheit unter den arbeitslosen Menschen, die gar nicht arbeiten will. Die meisten sind willens, neue Arbeit zu finden. Wichtig ist daher, dass wir mehr in Fort- und Weiterbildung von momentan arbeitslosen Menschen investieren. Das hat sich die Ampelkoalition fest vorgenommen. Denn viele Arbeitslose finden trotz vieler freier Stellen keinen Job – weil das Anforderungsprofil nicht passt. Das müssen wir ändern.

Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine sorgt weltweit für steigende Energie- und Nahrungsmittelpreise. Die damit verbundene Erhöhung der Lebenshaltungskosten wird für viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zunehmend zu einer großen Belastung. Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hatten daher bereits umfassende Maßnahmenpakete mit einem Gesamtvolumen von 37 Milliarden Euro beschlossen, um Bürgerinnen und Bürgern schnell und unbürokratisch zu entlasten.

Die bisherigen Maßnahmen umfassten beispielsweise einen 100-Euro-Bonus pro Kind, eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Abschaffung der EEG-Umlage im Strombereich, einen höheren Arbeitnehmerpauschbetrag in der Steuer, eine höhere Fernpendlerpauschale, Heizkostenzuschüsse sowie das 9-Euro-Ticket und die niedrigere Energiesteuer auf Kraftstoffe.

Mittel- und langfristig wird sich die Lage auf den Energiemärkten entspannen, wenn mehr Alternativen zu russischem Gas zur Verfügung stehen. Daran arbeitet die Bundesregierung seit Übernahme der Amtsgeschäfte Anfang Dezember 2021. Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien (insbesondere Wind- und Sonnenenergie) und der dafür benötigten Stromnetze gehören ebenso dazu, wie der Import von Flüssigerdgas, der zügig durch den Bau neuer Terminals ermöglicht wird. Außerdem wurde Gas eingespeichert und Gas eingespart durch den Einsatz von Kohlekraftwerken. In den nächsten Monaten werden viele Bürgerinnen und Bürger sowie Betriebe dennoch von den gestiegenen Energiepreisen getroffen, wenn Energieversorger ihre Preise für Gas und Strom teilweise stark erhöhen werden.

Die Koalition hat sich daher auf weitere Maßnahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen verständigt. Die neuen Maßnahmen werden ein Gesamtvolumen von über 65 Milliarden Euro umfassen. Beschlossen wurde u.a. Folgendes:

Um eine Steuererhöhung aufgrund der Inflation zu verhindern („kalte Progression“), werden die Tarifeckwerte im Einkommenssteuertarif angepasst. Davon profitieren ab dem 1. Januar 2023 rund 48 Millionen steuerpflichtige Bürgerinnen und Bürger.

Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen bereits ab dem 1. Januar 2023 ihre Rentenbeiträge voll absetzen können. Dies geschieht damit zwei Jahre früher als ursprünglich geplant. Künftig werden Renten in der Auszahlungsphase im Alter besteuert. Als Ausgleich können während der Erwerbstätigkeit die Aufwendungen für die Altersvorsorge steuerlich geltend gemacht werden. Sie reduzieren so die Steuerzahlungen der Beschäftigten.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit geringen monatlichen Einkommen ist eine Entlastung bei den Beiträgen zur Sozialversicherung (Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) besonders hilfreich. Schon bisher ist gesetzlich geregelt, dass zum 1. Oktober 2022 die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich (Midi-Job) von 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben wird. Diese Höchstgrenze soll nunmehr auf monatlich 2.000 Euro angehoben werden ab dem 1. Januar 2023. Dadurch werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Lohnbereich um rund 1,3 Milliarden Euro jährlich entlastet, da sie deutlich weniger Beiträge für ihre Sozialversicherung zahlen.

Zudem steigt ab dem 1. Oktober der Mindestlohn auf 12 Euro.

Seitens der SPD werden im Übrigen weder eine 42-Stunden-Woche noch eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre gefordert.

Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme

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