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Andreas Schwarz
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Frage von André J. •

Frage an Andreas Schwarz von André J. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schwarz.

Ich möchte sie gerne bitten, mir ihren persönlichen und den Standpunkt ihrer Partei zur Änderung des §20 EStG und die damit geplanten Änderungen für private Anleger mitzuteilen. Ist ihnen bewusst, das mit dieser Änderung nicht nur die Übertragbarkeit von Verlusten auf Folgejahre eingeschränkt wird, sondern auch die unterjährige Verlustverrechnung auf diesen Betrag von EUR 10.000 begrenzt wird. Es kann (und wird) damit zu der Situation kommen, das man mehr Steuern zahlen muss, als man Gewinn erzielt hat!

https://boerse.ard.de/anlagestrategie/steuern/verlustverrechnung-fuer-te...

https://www.meetingpoint-brandenburg.de/neuigkeiten/artikel/60661-Brande...

Auch bitte ich um eine kurze Stellungnahme zu der Problematik der Progressivität unserer starren Einkommenssteuertarifes. Sie setzen sich ja immer für eine gerechtere Steuerpolitik ein. Allerdings möchten sie dabei die 'Spitzenverdiener' mehr besteuern. Aber wie kann es sein, das heute selbst ganz normale Arbeitnehmer (z.B. bei den Autobauern) häufig den Spitzensteuersatz zahlen. Gehört man in diesem Land zu den wohlhabenden Millionären, wenn man gerade mal das 1,5 fache des Durchschnittsverdienstes erhält?

Vielen Dank für ihre geschätzte Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr J.,

Vielen Dank für Ihre Anfrage zur Änderung des EstG und dem Spitzensteuersatz.

Zunächst zur Änderung des EstG:

Im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen wurde eine Beschränkung der Verlustverrechnung aus verfallenen Optionsscheinen (Termingeschäfte) und wertlosen Kapitalforderungen beschlossen. Die Begrenzung der Verlustverrechnung gilt für im Privatvermögen gehaltene Kapitalforderungen. Unternehmen, die Kapitalanlagen im Betriebsvermögens halten, sind davon nicht betroffen.

Verluste aus dem Ausfall von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalforderungen konnten bisher steuerlich nicht geltend gemacht werden. Dies entsprach dem Grundsatz, dass Erträge/Verluste aus der Kapitalnutzung steuerlich berücksichtigt werden, Wertänderungen am Kapitalstamms aber unbeachtlich sind. Die Rechtsprechung des BFH zwingt nunmehr zu einer Abkehr von diesem Grundsatz. Durch die jetzt getroffene Regelung wird eine beschränkte Verlustverrechnung zugelassen. Die Verluste aus dem Ausfall von Kapitalforderungen, etwa einer wertlos gewordenen Aktie, können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 10.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von bis zu 10.000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.

Verluste aus Termingeschäften, etwa verfallenen Optionsscheinen, konnten von 2016 bis 2019 steuerlich geltend gemacht werden. Mit der nunmehr getroffenen Regelung können Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Die Verlustverrechnung ist ebenfalls beschränkt auf 10.000 Euro. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden. Eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften ist auch gerechtfertigt, da es sich dabei i.d.R. um riskante Finanzwetten handelt, hinter denen kein realwirtschaftlicher Absicherungszweck steht. Solche spekulativen Zwecke sollten nach unserer Auffassung im Verlustfalle nicht in vollem Umfang zu Lasten der Allgemeinheit gehen.

Durch die Beschränkungen wird die Verlustverrechnung nicht versagt, sondern zeitlich gestreckt. Kleinanlegern wird die steuerliche Berücksichtigung der Verluste i.d.R. sofort gewährt. Für Anleger mit höheren Vermögenswerten ist die Begrenzung der Verlustverrechnung gerechtfertigt, da diese für ihre in größerem Umfang erzielten Kapitalerträgen durch den niedrigen Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent begünstigt werden.
Entgegen der Behauptung von Kritikern der Neuregelung stellt die Beschränkung der Verlustverrechnung aus dem Ausfall von Kapitalanlagen auch kein ernsthaftes Hindernis für das Altersvorsorgesparen dar. Bei der Kapitalanlage zum Zwecke der Altersvorsorge sind langfristig orientierte Investitionen in risikoarme Kapitalanlagen zu empfehlen.

Altersvorsorgesparer dürften deshalb von einem Ausfall von Kapitalanlagen kaum betroffen sein.

Zur Frage des Spitzensteuersatzes:

Ihr Anliegen in Bezug auf den Spitzensteuersatz kann ich teilweise nachvollziehen. Es ist für mich völlig klar, dass Menschen mit höherem Einkommen auch mehr zur Finanzierung der Allgemeinheit beitragen. Deutschland hatte in der Vergangenheit dabei auch schon deutlich höhere Sätze als die heutigen 42%. Allerdings erkennen wir die Kritik, dass dieser Steuersatz schon bei „relativ niedrigen“ Einkommen greift, an. Aus diesem Grund hat, unter anderem der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, erst kürzlich dafür geworben die Grenze für den Spitzensteuersatz nach oben zu verschieben. Möglicherweise mit einer Erhöhung von 42% auf 45%, aber dafür mit einer Entlastung für Einkommen bis zu 90.000€. Damit würden wir das Steuersystem gerechter machen.

Mit besten Grüßen
Andreas Schwarz, MdB

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