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Thorsten Frei
CDU
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Frage von Roland K. •

Frage an Thorsten Frei von Roland K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Frei,

mit großer Besorgnis verfolge ich Nachrichten und Recherchen zu rechtsextremen Netzwerken mit Todeslisten, gebunkerten Waffen, Leichensäcken u.ä. Als ob das nicht schlimm genug wäre, mutet es doch besonders bedrohlich an, wenn die Akteure aus den Reihen bewaffneter Formationen unseres Staates stammen – und dass sie damit Leute sind, die unsere freiheitlich-demokratische Ordnung verteidigen sollten.
Historische Vergleiche sollten nie als Gleichsetzungen verstanden werden, aber hier drängst sich schon eine Parallele zur Weimarer Republik auf, wo Rechtsextreme im "Femegerichten" und in der "Organisation Consul" Republikaner bzw. Demokraten und Sozialisten bzw. Kommunisten töteten. (Zumal die führenden Köpfe ja ebenfalls aus den Reihen der bewaffneten Formationen stammten.)
Um eines klarzustellen: Ich behaupte nicht, dass Armee und Polizei heute auf dem geistigen Stand von 1920 stehen und keinesfalls halte ich „die“ Polizei und „die“ Bundeswehr pauschal für rechtsextrem, rassistisch und antidemokratisch. Solche pauschalen Labels halte ich schlicht für unzutreffend.
Das Gegenteil von Pauschalverurteilung ist meiner Ansicht allerdings nicht eine pauschale Weißwäsche der Sorte "Wir sind ein demokratischer Rechtsstaat, also sind in unseren Organen nur demokratisch gesinnte Leute beschäftigt". Das ist zwar Balsam auf der Seele einer Wählergruppe, aber inhaltlich auch falsch. Man muss differenzieren. (Irgendwo habe ich gelesen, das Wesen der Zivilisiertheit sei das Differenzieren. Dem stimme ich zu.) Voraussetzung dafür ist aber, dass man genau hinschaut. Und da zeigt es sich offenbar, dass es auf diesem Feld Probleme gibt.
Ich bin froh, dass sich nach dem furchtbaren Anschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke nun auch in der CDU endlich die Erkenntnis breit zu machen scheint, dass der Rechtsextremismus nicht bloß ein mantrahaft zu verurteilendes unappetitliches Randphänomen ist, sondern eine sehr reale Bedrohung.
Meine Frage ist daher, welche Lehren Sie aus den Erkenntnissen zu "Nordkreuz", "Uniter", "NSU2.0" u.ä. - sowie den jüngsten Enthüllungen zu Rechtsextremisten beim KSK und bei Bundeswehrreservisten ziehen. Wie gedenkt der demokratische Staat mit Antidemokraten bei Polizei und Militär umzugehen? Adenauer wollte ja kein dreckiges Wasser ausschütten, solange es kein sauberes gibt. Können wir heute anders damit umgehen - und vor allem: sollten wir das nicht tun? Und wenn ja: wie? Einfach „Hamburg“ und „Stuttgart“ sagen, in eine andere Richtung zeigen und so tun, als wäre nichts, ist ja hoffentlich keine Option, oder? Andererseits: Haben Sie den Mut, offen auszusprechen, dass es nicht nur Rechtsextreme in den Reihen des Staates gibt, sondern auch anzusprechen, welche Strukturen innerhalb der staatlichen Organe, da auch Rückhalt, Deckung und Unterstützung bieten?
Wir dürfen wir den Feinden der Demokratie nicht auch noch die Waffen in die Hand geben, um diese zu bekämpfen.

Für ein offenes Wort von Ihnen wäre ich dankbar.

R. K.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kurth,

vielen Dank für Ihre Mail zu rechtsextremistischen Tendenzen in Staat und Gesellschaft. Wenn Sie meine Arbeit verfolgen, wissen Sie, dass ich mich nahezu im Wochentakt ganz entschieden gegen Extremismus jeglicher Couleur ausspreche. Denn Extremisten säen Hass, Hetze und Misstrauen, gefährden den gesellschaftlichen Frieden und wollen unseren freiheitlichen Staat in seinen Grundfesten erschüttern. Deshalb ist ganz klar, dass wir gegen jede Form des Extremismus mit aller Härte und allen Mitteln des Rechtsstaates vorgehen müssen. Das gilt für unsere Gesellschaft im Allgemeinen, aber ganz besonders gilt dies für Staatsbedienstete und Beamte, die in aller Regel mit einem Eid gelobt haben, das Recht und die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland notfalls mit dem eigenen Leben zu verteidigen. Wer sich mit seinem Gedankengut gegen unsere freiheitlich demokratisch Grundordnung stellt, muss aus meiner Sicht ganz konsequent aus dem Dienst entfernt werden. Falsch wäre in diesem Zusammenhang aber auch, von einem Generalverdacht auszugehen. Die weit überwiegende Masse der Soldaten, Polizisten, Beamten leistet einen ganz tadellosen Dienst für unser Land.

Deshalb begrüße ich, dass Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die bestehenden Probleme beim KSK offensiv angeht. Ihr aktuell bekanntgewordener Plan zur Neuausrichtung des Kommandos ist aus meiner Sicht folgerichtig und findet meine volle Unterstützung. Dazu kommt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer in diesem Jahr bereits drei rechtsextremistische Vereinigungen verboten hat. Zuletzt in der letzten Woche die sog. Vereinigung "Nordadler". Davor eine Reichsbürgervereinigung sowie die Gruppe "Combat 18". Die Verbote gingen mit Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen und Festnahmen in mehreren Bundesländern einher. Die Bundesregierung sorgt spürbar für mehr Druck auf extremistische Strukturen. Gleiches geschieht bei Verfehlungen in den Polizeien der Länder wie beispielsweise die Fälle von Frankfurt oder in Mecklenburg-Vorpommern gezeigt haben. Aus den Augen verlieren dürfen wir trotz der Mehrzahl der Fälle im rechtsextremistischen Spektrum natürlich auch nicht die ebenfalls zunehmenden Gefahren von Linksextremisten wie in der Neujahrsnacht in Leipzig oder die hauptsächlich von jugendlichen Migranten in Stuttgart betriebene Randale. Auch diesen Entwicklungen müssen wir entschieden entgegentreten.

Damit dies gelingt, haben wir im Parlament in den vergangenen Jahren für einen enormen Aufwuchs an Stellen bei der Polizei und in der Justiz gesorgt. Allein beim BKA und dem Verfassungsschutz haben wir mit dem Haushalt 2020 zusammen 600 neue Stellen für die Identifizierung und Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen geschaffen. Aber mit zusätzlichem Personal allein ist es nicht getan. Es braucht auch notwendige Gesetzesverschärfungen. Erst in der vorletzten Woche haben wir das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität im Deutschen Bundestag beschlossen. Das Gesetz ist eine Kampfansage an all diejenigen, die ihren Hass in den sozialen Netzwerken des Internets verbreiten, dort gegen andere Menschen hetzen und sie einschüchtern. Denn das Internet ist auch ein Inkubator für Hass und Hetze und somit die Brutstätte für Extremisten.

Für uns als CDU ist klar, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein darf und Straftäter dort genauso für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität unterstreicht unser Rechtsstaat seine Wehrhaftigkeit. Denn spätestens seit Hanau, Halle oder dem Mord an Walter Lübcke ist uns allen klar, dass aus Worten Taten werden können. Deshalb haben wir mit diesem Gesetz Facebook, Twitter und Co. verpflichtet, künftig strafbare Inhalte an das Bundeskrimimalamt zu melden, damit eine Strafverfolgung eingeleitet werden kann. Ganz erfreulich ist für mich in diesem Zusammenhang auch, wie viele große internationale Unternehmen, die als Werbekunden mit Facebook und Google zusammenarbeiten, derzeit großen Druck auf diese Unternehmen ausüben, um mehr gegen die Verbreitung von Hassbotschaften zu unternehmen.

Rauer ist das gesellschaftliche Klima auch für diejenigen geworden, die sich vor Ort in unseren Städten und Kommunen politisch engagieren und für das Gemeinwohl eintreten. Drohungen gegen unsere Bürgermeister und Gemeindevertreter gehören leider inzwischen zum Alltag. Mit dem beschlossenen Gesetz sorgen wir dafür, dass unsere Kommunalpolitiker künftig denselben strafrechtlichen Schutz bei Beleidigungen und Drohungen erhalten wie Landes- oder Bundespolitiker. Außerdem schützen wir medizinisches Personal in ärztlichen Notdiensten und in Notaufnahmen strafrechtlich mit diesem Gesetz in gleicher Weise wie Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes. Denn wer anderen in einer Notsituation hilft, sei es vor Ort bei einem Unglücksfall oder in der Notaufnahme eines Krankenhauses, hat den identischen Schutz vor Angriffen und Bedrohungen verdient.

Wir haben außerdem durchgesetzt, dass das Bundesjustizministerium in Kürze einen Gesetzesentwurf vorlegen wird, mit dem das Veröffentlichen von so genannten ‚Feindeslisten‘ im Internet künftig unter Strafe gestellt wird.

All das unterstreicht, wie wichtig es uns als CDU ist, unseren Staat und unsere Gesellschaft vor den Feinden unserer Demokratie und unserer gesellschaftlichen Offenheit zu schützen. Und wir sind bereit, weitere Maßnahmen in die Wege zu leiten, um Extremisten frühzeitig zu erkennen und strafrechtlich in die Schranken zu weisen.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei

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