Moin was wollen sie gegen den immer schlimmer werdenden Klassismus in der Stadt Münster tun? Ich als Bürgergeld Empfänger kann mir in der Innenstadt (Stadfest; Send) mal einen Toilettengang leisten.

Sehr geehrter Herr A.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie sprechen ein Problem an, das uns als GRÜNE sehr beschäftigt: die strukturelle Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft oder Position, die auch in einer wohlhabenden Stadt wie Münster leider Realität ist.
Ihr Beispiel der hohen Toiletten-Gebühren beim Stadtfest in Münster ist ein Zeichen dafür, dass Teilhabe am Stadtgeschehen für viele Menschen mit finanziellen Hürden verbunden ist.
Vorab ein Hinweis: bitte beachten Sie, dass sie mich über Abgeordnetenwatch in meiner Funktion als Landtagsabgeordneter kontaktiert haben. Die Maßnahmen der Stadt Münster gegen soziale Benachteiligung sind allerdings ein kommunalpolitisches Thema. Deshalb antworte ich Ihnen im Rahmen meines Mandats als Ratsherr und Mitglied der Grünen Ratsfraktion in Münster. Dieses Mandat habe ich zusätzlich zu meinem Landtagsmandat inne.
Wir GRÜNE in Münster stehen für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen. Wir setzen uns dafür ein, dass alle in Münster Zugang zu sozialen, kulturellen und politischen Angeboten haben - unabhängig von finanzieller Situation und Bildung, Migrationsbiografie, Alter, sexueller Identität oder gesundheitlichen Einschränkungen.
Gerne nenne ich Ihnen einige konkrete Maßnahmen, die wir in Münster schon getroffen haben bzw. zukünftig umsetzen werden, um sozialer Diskriminierung im Alltag entgegenzuwirken:
Der Münster-Pass – Zugang zu Kultur, Mobilität und Freizeit
Mit dem Münster-Pass ermöglichen wir rund 25.000 Menschen mit geringem Einkommen vergünstigten Zugang zu über 40 Angeboten in den Bereichen ÖPNV, Kultur, Sport und Freizeit. Der Münster-Pass bietet z. B. den günstigsten Sozialtarif für Bus und Bahn in ganz NRW. Wir wollen den Münster-Pass auch zukünftig weiter fördern und zusätzliche Kooperationspartner*innen gewinnen, um Bedarfe verschiedener Zielgruppen noch stärker und differenzierter abzudecken.
- Wenn Sie Bürgergeld beziehen, sollten Sie den Münster-Pass automatisch zweimal im Jahr (zum 1. November und 1. Mai) per Post erhalten. Falls das nicht geschehen ist, können Sie sich direkt an das Sozialamt wenden. Weitere Infos dazu finden sie hier: https://www.stadt-muenster.de/sozialamt/muenster-pass
Soziale Infrastruktur & Beratung – Unterstützung im Alltag
In Münster gibt es über 100 soziale Beratungs- und Treffpunktangebote – von der Sozialberatung im cuba (https://www.cuba-muenster.de/index.php?id=home) bis hin zu Nachbarschaftszentren in den Stadtteilen, die durch städtische Förderung finanziell unterstützt werden. Diese Anlaufstellen helfen bei Fragen rund um Finanzen, Wohnen, Gesundheit oder einfach, um nicht allein zu sein. Sie sind niedrigschwellig, kostenfrei und offen für alle. Wir werden sicherstellen, dass diese auch zukünftig finanziell unterstützt werden.
Zusätzlich werden wir Beratungs- und Hilfsangebote für Menschen, die sich in akuten Notlagen oder prekären Lebenssituationen befinden, durch die Einrichtung eines spezifischen Hilfsfonds gezielt stärken, um eine schnelle und unkomplizierte Hilfe bieten zu können und kurzfristig entstandene Kosten abzudecken.Der Anspruch auf staatliche Leistungen muss davon unberührt bleiben. Präventiv setzen wir zudem weiterhin auf eine gute Schuldner*innenberatung und einen unabhängigen Verbraucherschutz.
Für die kommende Ratsperiode haben wir uns auch vorgenommen, noch mehr wohnortnahe Orte der Begegnung (sogenannte „Dritte Orte“) in allen Stadteilen zu schaffen, in denen Menschen zusammenkommen und verweilen können ohne etwas kaufen oder konsumieren zu müssen. Auch hier möchten wir mit Hilfe eines gezielten Förderprogramms Initiativen unterstützen, die barrierefreie oder barrierearme Begegnungsräume schaffen und bekannt machen.
Wohnungslosigkeit & Teilhabe – neue Wege in Münster
Unser Ziel ist es, Wohnungslosigkeit in Münster bis 2030 drastisch zu senken. Wir setzen uns für einen diskriminierungsfreien Zugang zu bezahlbarem Wohnraum für alle ein und werden mobile Dienste für die aufsuchende soziale und gesundheitliche Arbeit sichern und ausweiten. Dazu werden wir die bereits vorhandene soziale Infrastruktur durch eine verlässliche Finanzierung und gezielte Angebote für wohnungslose Menschen weiter ausbauen. Erst kürzlich haben wir eine im Haushalt abgesicherte soziale Wohnraumagentur und Wohnungsvermittlung initiiert. Damit werden wir in vielen Fällen einer Wohnungslosigkeit entgegenwirken können. Zusätzlich dazu, gehen wir mit Projekten wie „Housing First“oder dem Masterplan Wohnungslosenhilfe in Münster neue Wege, um Menschen in prekären Lebenslagen dauerhaft zu unterstützen. Diese Projekte sind bislang einzigartig in NRW.
In der kommenden Ratsperiode drängen wir weiterhin darauf, dass bislang ungenutzte geeignete Immobilien für eine soziale Wohnraumnutzung zur Verfügung gestellt werden. Besonders liegt uns auch der weitere Ausbau von präventiven Maßnahmen gegen Wohnungslosigkeit für junge Menschen am Herzen. Um ihnen besser helfen zu können, setzen wir uns für eine stärkere Vernetzung der relevanten Akteur*innen an den Schnittstellen zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe ein. Zusätzlich werden wir gezielt auf junge Menschen zugeschnittene Streetwork-Angebote stärken und ausbauen.
Für wohnungslose Familien mit Kindern werden wir feste Wohnungskontingente schaffen, die an kommunale Versorgungsstrukturen angebunden sind, um ihnen schnellstmöglich ein eigenes Zuhause zu ermöglichen.
Darüber hinaus werden wir dezentrale Hilfsangebote und gezielte Maßnahmen für weitere vulnerable Gruppen, wie Frauen und queere Personen erweitern und stärken.
Bildung, Sprache und Integration
Bildung ist ein zentraler Schlüssel zur Überwindung von sozialer Ungleichheit. Menschen mit geringen Deutschkenntnissen z.B. brauchen in der Auseinandersetzung mit Ämtern, mit Trägern und Beratungsstellen Unterstützung, um informiert Entscheidungen treffen und Angebote wahrnehmen zu
können. In Münster tragen das Kommunale Integrationszentrum, zahlreiche Sprach- und Weiterbildungsangebote sowie gezielte Programme für Kinder und Jugendliche mit Migrationsgeschichte dazu bei, soziale Barrieren abzubauen. Wir sind davon überzeugt, dass es für die Vermittlung von Sprachkenntnissen nicht immer zertifizierte Dolmetscher*innen braucht, die erst beantragt und finanziert werden müssen. Wir setzen uns deshalb für eine Erweiterung des Sprach- und Kulturmittlungs-Pools des Kommunalen Integrationszentrums ein.
Inklusion & Barrierefreiheit
Die Stadt Münster hat ein Handlungsprogramm zur barrierefreien Gestaltung von Veranstaltungen beschlossen – auch das betrifft Menschen mit geringem Einkommen, denn Teilhabe bedeutet auch: keine Hürden, keine Ausgrenzung.
Trotz dieser Maßnahmen ist mir (oder: uns als GRÜNE) natürlich bewusst, dass es noch viel zu tun und zu verbessern gibt.
Für Ihren Hinweis zu den finanziellen Hürden bei der Toilettennutzung bei Veranstaltungen bin ich daher sehr dankbar und werde ihn an die entsprechenden Fachpolitiker*innen meiner Fraktion weitergeben.
Wenn Sie möchten, vermittle ich Ihnen gerne den Kontakt zu einer Beratungsstelle oder helfe bei der Beantragung des Münster-Passes.
Mit freundlichen Grüßen,
Robin Korte
Ratsherr, Bündnis 90/Die Grünen – Stadt Münster
Mitglied des Landtags NRW