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Robin Korte
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Eric J. •

Wie sollte auf Kommunaler Ebene mit den Themen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Umwelt-bzw. Klimaschutz umgegangen werden?

Sehr geehrter Herr Korte,

wie sollten kleinere und mittlere Kommunen mit solchen Themen umgehen.

Gerade in Zeiten des Borkenkäfers, der viele Wälder ruiniert hat. Ist es da nicht um so wichtiger die Bürger*innen zu solchen Themen zu informieren und besonders mitzunehmen. Gerade in so schönen Tourismus Regionen wie der Eifel (Nationalpark) oder aber dem Hochsauerlandkreis

Viele Grüße

Eric J.

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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr J.,

vielen Dank für Ihre sehr umfangreiche und weit gefasste Frage, auf die ich sicherlich nicht abschließend, sondern nur beispielhaft antworten kann. 

Schwerpunkt Ihrer Frage ist der kommunale Wald. In Nordrhein-Westfalen befinden sich etwa 20% des Waldes im Besitz der Körperschaften, wozu auch die Kommunen gehören. Der Wald verteilt sich allerdings sehr unterschiedlich auf die einzelnen Kommunen. Größter Waldbesitzer ist die Stadt Brilon im von Ihnen auch angesprochenen Sauerland. 

Nach Bundes- und Landesgesetzgebung erfüllt der Wald mehrere Ziele (bzw. soll diese erfüllen): Klimaschutz, Biodiversität, Erholung, Sport, Holzproduktion, Lärm- und Erosionsschutz, Luftfilterung und Kühlung. Diese können von den Kommunen unterschiedlich gewichtet und z. B. Teilflächen aus der wirtschaftlichen Nutzung genommen werden, um dort Waldwildnis und natürliche Referenzflächen entstehen zu lassen. Anhand der Gewichtung der Ziele entscheidet sich dann auch, wie die konkrete Waldbewirtschaftung aussieht.

Kommunale Wälder bieten die Chance, eine vorbildhafte, naturnahe Dauerwaldbewirtschaftung umzusetzen – also eine Waldbewirtschaftung mit Einzelbaumnutzung, Diversität, mit standortgerechten, möglichst heimischen Mischbaumarten und möglichst viel Naturverjüngung. Strukturreichtum, Altersvielfalt oder der Erhalt von Biotopbäumen und Totholz können als waldbauliche Ziele von Kommunen für den Kommunalwald definiert und verfolgt werden. Diese Form der Bewirtschaftung sollte in kommunalen Wäldern Standard werden. Zahlreiche Kommunen, z. B. Remscheid, Schwerte, Brilon oder Aachen zeigen bereits, wie das gelingen kann.

Kommunale Wälder bieten daneben auch große Chancen für mehr Natur- und Artenschutz, gerade weil Entscheidungen kommunal getroffen werden können. Durch die Ausweisung von Naturwaldzellen oder aus der wirtschaftlichen Nutzung genommene Pufferzonen in empfindlichen Bereichen (z. B. an Bächen oder in Hanglagen) können Lebensräume für seltene Arten geschaffen bzw. erhalten werden. Auch Umweltbildung und Bürgerbeteiligung ist im Kommunalwald ideal möglich, denn Waldwildnis braucht Akzeptanz und Verständnis in der Bevölkerung.

In Nordrhein-Westfalen als einem sehr dicht besiedeltem Land spielen auch Stadtwälder eine wichtige Rolle. Sie sind besonders wertvoll, weil sie Naherholung, Klimaanpassung, Artenschutz und Umweltbildung vielen Menschen zugänglich machen. Um Stadtwälder in Zeiten von Nutzungsdruck und Trockenheit zukunftsfähig zu machen, braucht es Stadtwaldkonzepte, die ökologische, soziale und klimapolitische Ziele miteinander verbinden. Gute Beispiele liefern z. B. die Stadt Aachen, Remscheid oder Schwerte. Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit von Forstverwaltung, Stadtplanung, Umwelt- und Klimaschutz sowie die Einbindung der Bevölkerung.

 

Nach den großflächigen Waldverlusten durch Trockenheit, Borkenkäfer und Sturm stehen immer noch viele Kommunen vor der Herausforderung der Wiederbewaldung.

Dabei ist es wichtig, auf Vielfalt und Standortgerechtigkeit zu setzen, d.h. Baumarten zu wählen, die mit dem lokalen Klima, Boden und Wasserhaushalt harmonieren. Auch künftige Klimaszenarien müssen berücksichtigt werden. Reine Pflanzungen sollten vermieden werden und Naturverjüngung Vorrang haben. Initialpflanzungen können die Naturverjüngung gut ergänzen. Die Jagd spielt eine entscheidende Rolle bei der Wiederbewaldung und Baumartendiversität. Kommunen müssen ihrer Verantwortung für einen artenreichen Wald durch ihre aktive Beteiligung in den Jagdgenossenschaften gerecht werden. Das gelingt u. a. gut in Genossenschaften in Wipperfürth oder Burbach.

Daneben fragen Sie auch nach Klima- und Umweltschutz. Sowohl zu kommunalem Klima- als auch zum Umweltschutz ließen sich ganze Bücher schreiben. Ich beschränke mich deshalb hier auf die Nennung von Stichworten. Zentral ist sicherlich die Aufstellung bzw. inzwischen in vielen Kommunen eher Fortschreibung von Klimaschutzkonzepten, aber auch von Konzepten zur Klimafolgenanpassung. Sinnvoll ist weiterhin die dauerhafte Einrichtung von Stellen bei der Kommunalverwaltung, die mit diesen Themen betraut sind, z.B. Klimaschutzmanager*innen. Dies ist mittlerweile bei vielen, insbesondere größeren Kommunen zum Standard geworden. Kommunen sollten zum einen ihre eigene CO2-Bilanz prüfen und optimieren (z.B. bei ihren Liegenschaften). Darüber hinaus muss kommt der Unterstützung des Klimaschutzes in der Stadtgesellschaft, also bei den Einwohner*innen und den ansässigen Unternehmen, eine wichtige Bedeutung zu. Aktuell erstellen die Kommunen dafür, in Umsetzung der Wärmeplanungsgesetze von Land und Bund, Wärmepläne. Diese sind eine wichtige Voraussetzung, damit die Wärmeversorgung bis 2045 klimaneutral wird. In diesem Zusammenhang stellen viele Kommunen auch die Wärmeversorgung über ihre Stadtwerke um, beispielsweise indem Fernwärmenetze ausgebaut und auf grüne Wärmequellen umgestellt werden. Zum anderen können und müssen Kommunen auch  Anreize für die lokale Bevölkerung sowie Unternehmen schaffen (z.B. über Beratung, Förderprogramme, Kampagnen etc.), die Treibhausgasemissionen zu senken. Daneben spielt auch vorausschauende Planung z.B. bei der Verkehrsinfrastruktur für eine nachhaltige Mobilität eine wichtige Rolle.

Planung spielt auch im kommunalen Umweltschutz eine wichtige Rolle. Hier geht es vor allem um die Erhaltung oder die Schaffung von Frei- und Grünflächen, damit Lebensräume erhalten bleiben, Biotopvernetzungen entstehen etc. Zudem führt weniger Versiegelung zu besserem Wasser- und Bodenschutz (und im Sinne der Klimafolgenanpassung auch zu besserem Schutz bei Starkregenereignissen). Daneben ist beispielsweise auch die Abfallwirtschaft ein wichtiges Thema, bei dem die Kommunen aktiv Umweltschutz betreiben können, indem sie für konsequente Mülltrennung sorgen, Recycling fördern und Strategien zur Müllvermeidung entwickeln.

Als vierten Themenbereich sprechen Sie auch die Landwirtschaft an. Hier ist es eine zentrale Aufgabe für Kommunen, überhaupt landwirtschaftliche Flächen zu erhalten. Die Entwicklung neuer Wohn- oder Gewerbegebiete geht häufig zulasten von landwirtschaftlichen Flächen, sodass die landwirtschaftliche Fläche in Nordrhein-Westfalen stetig abnimmt. Als Grüne ist uns in diesem Kontext eine möglichst flächensparende Planung mit einem perspektivischen Flächenverbrauch von Netto Null wichtig. Auf die landwirtschaftlichen Flächen wird dabei zukünftig in NRW ein besonderer Fokus gelegt, indem wir im Landesentwicklungsplan ein neues Planzeichen „Landwirtschaftliche Kernräume“ einführen, mit dem landwirtschaftliche Flächen stärker als bislang geschützt werden. Daneben können Kommunen aus meiner Sicht auch zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen, indem sie regionale Wertschöpfungsketten fördern bzw. eigene Kitas, Schulen oder Krankenhäuser regional und von ökologischen Betrieben beliefern lassen. Aufklärung und die Förderung von Projekten zur Stärkung der Biodiversität in der Landwirtschaft könnten ebenfalls Anknüpfungspunkte sein. 

Wenn Sie in einzelne Themenbereiche tiefer einsteigen möchten, empfehle ich Ihnen, sich an die jeweiligen Fachpolitiker*innen z.B. für Wald, für Umwelt, für Landwirtschaft oder für Klimaschutz zu wenden. Die Kolleginnen und Kollegen sind in der Landtagsfraktion für diese Themen auch dann zuständig, wenn sie auf der kommunalen Ebene stattfinden und ich habe auch für diese Antwort insbesondere mit dem Fachbereich Wald Rücksprache gehalten. Dahingegen bin ich als Sprecher für Kommunales bei der Grünen Landtagsfraktion NRW zwar natürlich für alle Angelegenheiten, die die Kommunen betreffen, ansprechbar, der Fachbereich Kommunales beschäftigt sich aber insbesondere mit Fragen der kommunalen Selbstverwaltung, also etwa des Kommunalrechts, der Kommunalfinanzen etc. 

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