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Frage von andreas k. •

Frage an René Röspel von andreas k. bezüglich Verkehr

Die Benzin- und Dieselpreise explodieren. Am meisten ärgert es mich, dass wir alle abhängig sind bei der Preisgestaltung von irgendwelchen Brooker-junkies, die mal eine schnelle Mark (Dollar) machen wollen. Die Inflationsrate steigt nicht unerheblich und unser Staat greift auch mal eben alles ab, ohne einzugreifen. Das Bundeskartellamt verkommt zum Alibi für Ausreden, warum sich nichts ändert. Ist zumindest im Gespräch, die Mehrwertsteuer zu senken auf die Mineralölprodukte? Vorschläge wurden in der Presse ja schon gemacht. (7% anstatt 19 %)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Keszler,

vielen Dank für Ihre email über abgeordnetenwatch.de.

Sie sprechen in Ihrer Frage zahlreiche Aspekte an, so dass ich mich bei meiner Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage nach der Mehrwertsteuer auf Mineralölprodukte konzentriere.

Mit der Energiesteuer (ehemals Mineralölsteuer) wird der Verbrauch von Energieerzeugnissen aus Kraft- oder Heizstoff besteuert (mit der Möglichkeit, durch sparsames Verhalten die Steuerlast zu senken - das ist gerechter als die "Pro-Kopf"-Besteuerung). Die Möglichkeit, komplett auf die Besteuerung von Energieerzeugnissen zu verzichten, steht dem Bund nicht zuletzt aus europarechtlichen Gründen nicht offen. Das seit dem 1. August 2006 geltende Energiesteuergesetz beruht auf einer EU-Richtlinie (RL 2003/96 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischen Strom - EnergieStRL). Mit dieser Richtlinie wurden EU-weit allgemeine Regelungen zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom festgelegt. Unter anderem enthält die Richtlinie Mindeststeuersätze für Energieerzeugnisse, die als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden.

Nun kann man natürlich argumentieren, dass man dessen ungeachtet die Mehrwertsteuer senken könnte. In diesem Falle wäre eins sicher: würde der Staat die Besteuerung auch nur um 10 Cent senken, die Energiekonzerne würden das spätestens zu den Sommerferien wieder draufschlagen. Effekt: die Steuermittel würden in die Kassen der Konzerne umgeleitet und würden an anderer Stelle fehlen (Diesel wird circa 20 Cent weniger besteuert - und trotzdem ist er zur Zeit teurer als Benzin - lukrativ für die Konzerne).

So dient der Hauptteil der von Rotgrün eingeführten Ökosteuereinnahmen nicht nur der Förderung neuer Energietechnologien mit etwa 17 Mrd. Euro (!) dem Ausgleich so genannter versicherungsfremder Leistungen in der Rentenversicherung. Somit werden seit 1999 über die Kraftstoffbesteuerung auch Beamte, Abgeordnete und Unternehmen an der Stabilisierung der Renten und Rentenversicherungsbeiträge beteiligt. Wer ernsthaft fordert, den Mehrwertsteuersatz zu senken, der muss auch sagen, wo unser Staat entsprechend der Steuermindereinnahmen Einsparungen vornehmen soll (bei den Renten, bei der Ausbildungsförderung, bei Infrastrukturprojekten?).

Wir haben das Ziel, 2011 zum ersten Mal seit vielen Jahren einen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen. Erst vor wenigen Tagen wurde berichtet, dass auf jeden Einwohner Ende 2007 eine Schuldenlast von 18.880 Euro entfiel. Angesichts dieser horrenden Verschuldung, deren Zinsen wir und mehr noch unsere Kinder und Kindeskinder zahlen müssen, halte ich es für solidarisch und äußerst verantwortungsvoll, wenn wir nicht versuchen, über eine Steuersenkungsdebatte scheinbare "Überschüsse" zu verteilen, wie dies insbesondere die CSU aus wahltaktischen Gründen vorschlägt. Dies gilt auch für die Steuern auf Mineralölprodukte.

Kurz gesagt: es gibt nach meinem Wissen keine Pläne, die Mehrwertsteuer auf Mineralölprodukte zu senken. Wer in der Presse dies populistisch fordert, den kann man nur auffordern, eine solide Gegenfinanzierung vorzulegen. Dessen ungeachtet halte ich aber auch nicht für sinnvoll, die Kosten für Mineralölprodukte zu senken, denn dies wird den Verbrauch von Öl nur stabilisieren und den notwendigen Strukturwandel in unserem Umgang mit Mobilität verzögern. Wenn wir so weitermachen wie jetzt, werden wir in 50 oder 60 Jahren erleben, dass der letzte Tropfen Öl aus dem Zapfhahn fließt. Es ist deshalb Aufgabe der heute lebenden Generation, dafür zu sorgen, dass auch unsere Kinder und Kindeskinder noch über das für unsere Industrie so wichtige Mineralöl verfügen können.

Auch wenn das für Sie als auf das Auto angewiesener Garenfelder bedauernswert ist, gehe ich eher von weiter steigenden Kraftstoffpreisen aus. Die Wahrheit ist aber auch, dass das der Preis und Nachteil für diejenigen ist, die im Außenbereich einer Stadt wohnen.

Ich als jahrelanger Innenstadtbewohner habe den Vorteil, vieles zu Fuß oder mit dem ÖPNV erledigen zu können (trotzdem war ich früher jeden Tag pro Strecke 1 ¾ Stunde mit dem ÖPNV zu meinem Arbeitsplatz in Essen unterwegs).
Der Nachteil für den Innenstadtbewohner sind immer die beengten Platzverhältnisse, die schlechte Luft und der viele Autoverkehr, der in meiner alten Wohnung dazu führte, dass man die Fenster im Arbeits- und Wohnzimmer wegen Luft und Lärm nicht öffnen konnte...

Mit freundlichen Grüßen
René Röspel