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Frage von Rainer E. •

Frage an Olaf Scholz von Rainer E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Scholz,

ist es nicht so, dass die Linkspartei nur deswegen Zulauf hat, weil die SPD keine linke Partei mehr ist?
Wie erklären Sie es einem 46 j. Arbeitnehmer, der 30 Jahre in die Kassen eingezahlt hat, wegen Managerfehler arbeitslos wird, dass er über kurz oder lang von Unterstützung auf Sozialhilfeniveau leben soll und Menschen, die nie eingezahlt haben eine Unterstützung in gleicher Höhe bekommen? Haben Sie und die SPD nicht das Vertrauen der AN zerstört, indem aus erworbenen Versicherungsansprüchen jetzt Unterstützungen auf niedrigstem Niveau geworden sind?

Viele Grüße aus Hamburg,
trotz allem wünsche ich Ihnen einen grün-roten Wahlerfolg!

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Engler,

ich bedanke mich zunächst für Ihre guten Wünsche.

Das Wichtigste ist, dass die Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, nicht alleine gelassen werden. Bei der alten Bundesanstalt für Arbeit waren gerade mal zehn Prozent der ca. 90 000 Mitarbeiter mit Vermittlung beschäftigt. Jahrzehntelang hat niemand sich darüber aufgeregt, obwohl das ein Skandal war. Das haben wir jetzt geändert. Bei den Arbeitsgemeinschaften haben wir vorgeschrieben, dass ein Vermittler sich nur noch um höchstens 150 Arbeit suchende Menschen kümmern soll. Für die unter 25-Jährigen soll das Verhältnis 1 zu 75 sein. Seit Januar wird die Reform umgesetzt. Natürlich ist dieser angestrebte Schlüssel noch nicht wirklich erreicht. Viele arbeiten sich auch erst ein. Das kann aber auch nicht anders sein, wenn zuvor viel zu wenige in unserem Lande sich qualifiziert um Vermittlung bemüht haben. Aber der Weg ist richtig.

Wer arbeitslos wird, kriegt Arbeitslosengeld (I) auf der Grundlage der vorher gezahlten Versicherungsbeiträge. Für die meisten sind das nach 24 Beitragsmonaten 12 Monate. Nach altem Recht, das übergangsweise übrigens immer noch gilt, stieg die Dauer der Zahlung allmählich an, den Höchstanspruch gab/gibt es nur für über 57-Jährige. Wir wollten, dass die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zwei weitere Jahre nach altem Recht erfolgen sollte. Diese Maßnahme trägt der Situation Rechnung, dass ältere Beschäftigte derzeit schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Sie mildert in einer Übergangsphase die Folgen von Arbeitslosigkeit, bis die zusätzlichen Maßnahmen zu Verbesserung der Beschäftigungssituation Älterer greifen. Die Union hat diese Verlängerung blockiert, ebenso wie den Ausbau sinnvoller arbeitsmarktpolitischer Instrumente wie die Entgeltsicherung oder Weiterbildungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer, indem sie im Bundesrat am 8. Juli 2005 gegen das Gesetz gestimmt hat und das Gesetz an den Vermittlungsausschuss überweisen wird. Die Beratung dort wird auf den St. Nimmerleinstag verschoben, da die Opposition mit einer Mehrheit im Vermittlungsausschuss im Alleingang die Tagesordnung aufsetzen kann. Das bedeutet, dass selbst das zustimmungsfreie 5. SGB III-Änderungsgesetz und damit auch die verlängerte Übergangsfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld zunächst nicht in Kraft treten kann.

Die Union will die Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung drastisch beschneiden. Im ersten Monat des Leistungsbezugs soll es nur ein um 25 Prozent gekürztes ALG geben. Ein Anspruch auf 12 Monate Arbeitslosengeldbezug soll erst nach 10 Jahren sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung entstehen. 18 Monate ALG-Bezug entstünden nach diesem Plan erst nach 25 Jahren.

Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden künftig in den Schutz der Sozialversicherung einbezogen. Für sie werden Beiträge zur Krankenversicherung, Rente und Pflege gezahlt. Außerdem ist die Freistellung bei der Vermögensanrechnung wesentlich breiter angelegt als bei der Sozialhilfe. Die Vermögensanrechnung orientiert sich im Wesentlichen am bisherigen Recht der Arbeitslosenhilfe. Anrechnungsfrei bleiben ein angemessenes selbst genutztes Wohneigentum und Auto; ein Freibetrag von 200 € pro Lebensjahr bis zur Höchstgrenze von 13.000 €; ein zusätzlicher Freibetrag in Höhe von 200 € pro Lebensjahr bis zur Höchstgrenze von 13.000 € für Altersvorsorgevermögen, das nicht vor Eintritt in den Ruhestand angetastet werden kann; ein Freibetrag von 750 € für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und staatlich geförderte Altersvorsorgevermögen (Riester-Anlageformen). Durch den zusätzlichen Freibetrag für Altersvorsorge wurde die Vermögensanrechnung gegenüber dem geltenden Recht leicht verbessert.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz

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