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Frage von Klaus H. •

Frage an Monika Grütters von Klaus H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Professor Grütters,

vielen Dank für Ihre Antwort.

gestatten Sie mir eine Nachfrage. Sie haben geschrieben:

Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass auch die Bürgerinnen und Bürger durch ihren Beitrag zur Willensbildung durchaus Einfluss auf die Entwicklung und Verschuldung der öffentlichen Haushalte haben können.

Wie kann ich als Bürger Einfluss auf die Entwicklung und Verschuldung der öffentlichen Haushalte nehmen?

Egal welche Partei der Bürger wählt, die Verschuldung der öffentlichen Haushalte nimmt stetig zu. Würde ich in eine Partei eintreten, egal welcher Farbe, hätte ich als Bürger dieses Landes eine Chance, die Verschuldung, die zu Lasten unserer Kinder und Kindeskinder geht, zu bremsen?
Oder darf ich Ihre Antwort so verstehen, dass Sie Demonstrationen als ein geeignetes Mittel ansehen, um die Politiker, in diesem Fall Frau Merkel, kräftig an den Ohren zu ziehen?

Eine Frage, die ich gern Ihnen stellen möchte, weil ich Sie für eine gebildete Frau halte, habe ich noch.

Glauben Sie, dass die Politik genügend Kompetenz besitzt, komplexe, wirtschaftliche Sachverhalte, wie z. B. die Eurokrise umfassend erkennen und lösen zu können oder bedarf es nicht mehr fachlicher Kompetenz in den politischen Ämtern? Wie viel Geld haben die Landesbanken, die HRE... , in der Finanzkrise den Steuerzahler gekostet?. Sitzen in den Aufsichtsräten der genannten Banken nicht Politiker, die die Geschicke der Bank überwachen sollen?

Diese Fragen, werte Frau Grütters, diskutieren wir im Familien- und Freudeskreis sowie unter Arbeitskollegen forlaufend.

Mit freundlichem Gruß

Klaus Haase

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Sehr geehrter Herr Hasse,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Mein Hinweis auf die Einflussmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger bezog sich eben auf die Mitwirkungsrechte, die diese in unserem Land haben. Demonstrationen und Wahlen sind großartige Formen der Einflussnahme, aber natürlich gibt es Beteiligungsformen, die über diese Akte der Willensbekundung hinausgehen. Andere weitaus häufiger genutzte Arten der Bürgerbeteiligung sind zum Beispiel das persönliche Anschreiben, oder gerade auch die Interessensvertretung durch Verbände, Gewerkschaften oder Vereine.

In Diskussionen habe ich oft das Gefühl, dass Bürgerinnen und Bürger solche Institutionen nicht als Vertreter gelten lassen möchten, allerdings sind sie in einem Flächenstaat mit 80 Millionen Einwohnern notwendig, um Interessen und Wünsche überhaupt aggregieren und ausdrücken zu können. Deshalb ist das Engagement in Interessensvertretungen auch nicht anrüchig oder ehrenrührig, im Gegenteil: es ist notwendig für eine funktionierende Demokratie. Gerade hinsichtlich des Umgangs mit der Euro-Krise habe ich in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe von Gesprächen mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Institutionen und anderen bürgerschaftlich engagierten Gruppen sowie natürlich auch mit Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis geführt. Dort habe ich die Sorgen und Wünsche im Zusammenhang mit der Euro-Krise kennengelernt. Natürlich kann ich dabei nur für mich sprechen, aber diese Gespräche haben mir auch geholfen, meine Entscheidung über die Zustimmung zum EFSF zu treffen.

Schulden, auch die eines Staates, sind nur durch Ausgabenkürzungen zu begrenzen. Die von solchen Kürzungen betroffenen protestieren, verweisen auf andere Bereich, wo prompt derselbe Widerstand auftritt. Denn Mittelkürzungen sind so oder so unpopulär. Und dennoch: Genau so wird die Rückführung der Staatsverschuldung zu einem politischem Kraftakt, für die Politik eine große Herausforderung ist. Hier haben die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Gesamtheit aus meiner Sicht durchaus spürbaren Einfluss auf den Umgang der Politik mit den Finanzen des Staates, selbst wenn dies für den Einzelnen vielleicht nicht immer unmittelbar einsichtig ist.

Zu Ihrer Frage nach der Kompetenz darf ich Ihnen versichern, dass die Politik natürlich bei fast allen Gesetzgebungsprozessen wissenschaftliche Expertise einbezieht. Anhörungen und wissenschaftliche Sachverständigenräte haben deshalb ihren festen Platz in unserem politischen System. Die Politik versteht sich in Deutschland nicht als abgeschlossenes System innerhalb der Gesellschaft, sondern zieht vor Gesetzesvorhaben regelmäßig Sachverstand, auch den der Betroffenen hinzu. Aufgrund dieses beständigen Austauschs bin ich schon der Meinung, dass die Politik über die notwendige Kompetenz verfügt, um komplexe gesellschaftliche Fragen angemessen zu regeln.

Gerade im Hinblick auf die Finanzkrise ist jedoch festzustellen, dass auch in der Wissenschaft eine gewisse Unsicherheit über die beste Strategie zur Lösung der Probleme vorhanden ist. Natürlich kann ein Wissenschaftler sich für eine Lösung entscheiden, die aus seiner Sicht die höchste Erfolgswahrscheinlichkeit hat. Für einen Politiker ist es aber schwierig, eine Entscheidung nur auf Grundlage einer relativen Erfolgswahrscheinlichkeit zu treffen, sondern wir müssen uns tatsächlich am Ende für einen Weg entscheiden.

Wissenschaftler und Politiker unterscheiden sich in diesem Fall darin, dass Politiker Entscheidungen treffen müssen, die drastische Konsequenzen haben können. Daher sollten sie die möglichen Folgen ihrer Handlungen gut durchdenken. Gerade Angela Merkel hat immer wieder deutlich gemacht, dass sie in der Frage der Euro-Krise eben nicht bereit ist, leichtfertige Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen zu treffen, sondern aufgrund ihrer Verantwortung nur im Rahmen eines absehbaren Risikos agieren kann. Ich unterstütze diese Haltung, die vielleicht nicht populär ist, in dieser Zeit ohne einfache Antworten auf schwierige Fragen aber für mich Ausdruck eines richtigen und eines echten, sehr glaubwürdigen Pflicht – und Verantwortungsbewusstseins ist.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Grütters

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